Vesper

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Die Vesper (von griech. ἕσπερος ‚Abend‘) ist das liturgische Abendgebet und erstes Tagzeitengebet eines liturgischen Tages, da dieser mit dem Sonnenuntergang beginnt.

Gottesdienste der Orthodoxen Kirche
Göttliche Liturgie | Lit. d. vorgeweihten Gaben | Typika (ohne Eucharistie)
Stundengebet
Vesper | Komplet | Mitternachtsgebet | Orthros
Kleine Stunden (Prim,Terz,Sext,None) | Königliche Stunden | Mesorion
Andere Gottesdienste
Hymnos Akathistos | Paraklesis | Moleben
Wasserweihe | Artoklasia
Taufgottesdienst | Krankensalbung
Weihegottesdienst | Hochzeitsgottesdienst
Begräbnisgottesdienst | Totengedächtnisgottesdienst


In der Orthodoxen Kirche findet das Stundengebet nicht nur in den Klöstern statt sondern auch in den Kirchengemeinden oder zu Hause. In vielen Kirchengemeinden ist die Vesper der Hauptabendgottesdienst. Vor allem bei den Vespern vor den Sonntagen oder Festfeiern der Heiligen, die mit dem Orthros zusammen als Nachtwache oder Vigil gefeiert werden können.[1] Die Grundlage der Vesper ist ein alttestamentlicher Gottesdienst. Daher stellt die Vesper ein Gedächtnis des Heilswirken Gottes im Alten Bunde dar: im liturgischen Geschehen wird man Zeuge der Schöpfung, der Vertreibung aus Paradies sowie des Hoffens und Betens der Gerechten Israels. Das Thema der Vesper ist Anabasis, der Weg der Reifung des Menschen und seines Aufstieges zu Gott. Dazu gehört der Dank für die Schöpfung und das Leben, die Dialektik von Vergänglichkeit und Ewigkeit und dem Aufstrahlen des ersehnten Messias.

Ursprünglich wurde die Vesper (als asmatische Vesper) vorwiegend im Wechselgesang (antiphonale Gesangsweise) gesungen. Da in den Klöstern die Mönche häufig nur in kleinen Gruppen lebten, wurde die Vesperordnung so verändert, dass neben dem Hymnengesang die einfache Rezitation von Psalmen auf einem Ton einen breiten Raum einnahm.[2] Die heutige Ordnung der Vesper geht auf das Typikon der Klöster zurück. Einen besonderen Einfluss nahm Anfangs das Typikon des Klosters des heiligen Sabbas bei Jerusalem, später das Studionkloster in Konstantinopel und die Klöster des Heiligen Berges Athos.[3]

Struktur

Einleitungsgebete
Wie bei allen Tagzeitengebeten wird auch die Vesper mit den klassischen Einleitungsgebeten begonnen (Segen + Himmlischer König + Trisagion usw.)
Schöpfungspsalm
Im Schöpfungspsalm wird das Werden allen Seins, der Anfang schlechthin besungen, deshalb hat er seinen Platz zu Beginn des Liturgischen Tages.
Ektenie
Die Fürbittlitanei wird nach jeder Anrufung von der Versammlung mit Kyrie eleison beantwortet.
Psalterkathisma
Ein täglich wechselndes Kathisma aus acht Psalmen wird rezitiert.
Weihrauchopfer
Nun wird Weihrauch unter dem Gesang des Weihrauchpsalms (Psalm 140) dargebracht.
Entzündung der Lichter und großer Einzug
Die Leuchter der Kirche werden entzündet und dazu die Lichtpsalmen (141, 129 und 116) gesungen. Auf die Lichtpsalmen folgt eine Doxologie und ein Theotokion. Darauf hin ziehen Priester, Diakone und Akolyten aus dem Altarraum in die Mitte der Kirche um mit der Versammlung den Lichthymnus (Phos hilaron ‚Freundliches Licht‘) zu singen. Dieser verweist in seiner alten Form auf die Schau des Taborlichtes, wie es von den hesychastischen Vätern beschrieben wird.[4] Dann zieht der Klerus wieder in den Altarraum ein; das symbolisiert den Einzug der Heiligen ins himmlische Jerusalem.
Lesung aus dem alten Testament
Der Lektor beginnt den Leseteil mit einem Prokimenon, bevor er die jeweilige Perikope des Tages liest.
Abendgebete
Auf den Rezitationsteil folgt die inständige Ektenie, eine umfassende Fürbitte. Daraufhin wird das Abendgebet (z.B. vom Abt, Bischof oder einer anderen Ehrenperson) gesprochen und weitere Fürbitten, den Plerotika gelesen.
Liti, Beugungsgebet, Brotsegen
Dieser Teil der Vesper wird vollständig von Wecheltexten aus den Monatsbüchern oder dem Triodion gebildet. In den großen Vespern (den Nachtwachen) findet nun eine Liti statt, die, je nach Typikon stark voneinander abweichen kann. Wichtige Teil der Liti sind 1.) die Prozession, 2.) die Festhymnen, 3.) Evangeliumslesung, 4.)Ektenie und das 5.)Beugungsgebet. Nach der Liti werden die Aposticha gesungen, feststehende Hymnen, die eine Einheit mit den Hymnen der Liti bilden. Es folgt der Brotsegen, welcher der monastischen Tradition entstammt: Brot und Wein wurden gesegnet und an die Mönche verteilt, damit diese sich stärken konnten für den folgenden Orthros, der die ganze Nacht bis zum nächsten Morgen andauerte.
Schlussriten
Es werden der Lobgesang des Symeon gesungen, weitere Gebete gesprochen und die Lichter gelöscht. Darauf folgt eine Rezitation der Apolytikia, d.h. der Hymnen des Festes oder des Tages. Der nun folgende Engelsgruß (oder Mariengruß) aus Luk 1,28ff. bildet die liturgische Ergänzung zum Lobgesang des Symeon: "Mit dem Engelsgruß führt uns die Mystagogie der Vesper vor Augen, daß es bei aller Wandlung und aller Transzendierung keineswegs allein um innermenschliche, innerpsychische Entwicklungen und Reifungsprozesse geht, sondern daß von außen, von Gott dem Ewigen her, das Entscheidende gandenhaft geschenkt wird."[5] Vor dem Ende der Vesper folgen noch einige Entlassungsgebete (u.a. das Gebet Ephrems des Syrers.

Formen der Vesper

Grundformen[6]
Die Vesper wird in drei Grundformen gefeiert, der Großen Vesper, der täglichen Vesper und der kleinen Vesper.
Die große Vesper folgt der oben beschriebenen Ordnung und wird Samstagabend und an den Vorabenden aller Feste oberhalb der 4. Klasse gefeiert.
Tägliche Vespern, die von einem Priester ohne Hilfe eines Diakons gefeiert werden, folgen einer verkürzten Form der großen Vesper. Die Kürzungen finden hauptsächlich beim kleinen Einzug, der Ektenie und den Stichirien statt.
Kleine Vespern werden nur an Tagen gefeiert, an denen ebenfalls eine große Nachtwache gefeiert wird. Die kleine Vesper ist mit der täglichen Vesper identisch, lässt aber die Friedensektenie, das Kathisma und die folgende kleine Ektenie, die inbrünstige Ektenie sowie die Beugungsgebete aus. Die Ektenie die dem Apolytikion folgt, ist ebenfalls gekürzt. Der Aufbau ist einfacher und es werden weniger liturgische Bücher benötigt, um die Wechseltexte zusammen zu stellen.
Besondere Formen
Besondere Formen der Vesper gibt es in den Fastenzeiten. Dort wird zwischen den täglichen Vespern und den Sonntagsvespern unterschieden. Eine Besonderheit stellt die Vesper am Sonntag der Vergebung dar, sie ist der erste Gottessdienst der großen Fastenzeit. Weitere Vesperordnungen gibt es für die Vesper am Sonntag der Orthodoxie, die Vesper am Karfreitag (siehe auch Epitaphios), die Vesper am Ostersonntag und die Vesper am Pfingstabend.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Vgl. auch zum Folgenden Russische Gedächtniskirche Leipzig: Glaube der Orthodoxie - Vesper oder der Abendgottesdienst in der orthodoxen Kirche.
  2. Vgl. Archimandrit Johannes (Pfeiffer): Dass ihr anbetet in Geist und Wahrheit, Buchhagen 1999, S. 162.
  3. Vgl. Archimandrit Johannes (Pfeiffer): Dass ihr anbetet in Geist und Wahrheit, Buchhagen 1999, S. 161.
  4. Vgl. auch zum Folgenden Archimandrit Johannes (Pfeiffer): Dass ihr anbetet in Geist und Wahrheit, Buchhagen 1999, S. 175.
  5. Archimandrit Johannes (Pfeiffer): Dass ihr anbetet in Geist und Wahrheit, Buchhagen 1999, S. 188.
  6. Vgl. auch zum Folgenden OrthodoxWiki: Vesperal Services (Stand: 19.05.2015)