Tod
Der Hl. Johannes Chrysostomus über den Tod:
"Derjenige der ein altes und verfallenes Haus neu aufbauen will bringt als erstes alle Bewohner des Hauses hinaus. Danach reißt er das Haus nieder und baut es in einer besseren Art und Weise wieder auf. Die Herausgeführten Bewohner sind nicht traurig sondern freuen sich, weil sie ihre Aufmerksamkeit nicht auf den gegenwärtig zu sehenden Abriss lenken, sondern an das neue, wenn auch noch nicht sichtbare Haus denken. Genauso zerstört auch Gott unsere Körper, um ihn neu aufzubauen und Er führt als erstes die im Körper wohnende Seele heraus, wie aus einem Haus um ihn (den Körper) in einem neuen besseren Zustand zu bringen und die Seele mit großen Ehren wieder in ihn zu führen."
(Hl. Johannes Chrysostomus: Über Lazarus V.)
Früher oder später kommt für alle das Ende ihres Lebens. Die Seelen der Menschen kommen vor Gottes Gericht, werden geprüft und erhalten darauf nach der Entscheidung des Allwissenden Gottes, was ihnen zusteht. So wird es bis zum Jüngsten Gericht sein, bei dem alle Menschen aller Generationen vor den Thron des Allherrschers treten werden und das endgültige Los eines jeden bestimmt wird. Bis zum Jüngsten Gericht, bis die Geschichte der Menschheit beendet ist, können wir, d. h. die Mitglieder der Kirche, die wir auf der Erde verblieben sind, unseren verstorbenen Brüdern helfen. Diese Hilfe besteht in erster Linie im Gebet.
Da die Trennung der Seele vom Leib im Sterbeprozess oft als schmerzhaft erlebt wird, möchte die Kirche mit ihren Ritualen und ihrem Kanon in dieser Zeit Trost und Beistand geben.
Sterbebegleitung
Nach orthodoxem Verständnis ist der Tod die „Entlassung aus dem Leben“ und der Beginn einer Reise, wie sie Simeon bei der Darstellung Jesu im Tempel vor sich sah: „Nun lässest Du deinen Diener in Frieden fahren“. Nach orthodoxer Tradition trennen sich Körper und Seele, wenn der Leib zerfällt. Die Seele wird schließlich frei und ins göttliche Licht der Wahrheit getaucht. Dann findet sie sich – geleitet durch die Engel - ein am „Ort der Erquickung und Ruhe“. Dort vollzieht sie mit den Engeln und Heiligen den himmlischen Gottesdienst, während die Kirche singt: „Mit den Heiligen lass ruhen die Seelen..., wo Leben ohne Ende ist.“ Bei der Wiederkunft Christi wird die Seele wieder vereinigt mit ihrem auferstandenen, erneuerten und verklärten Leib. Dann erst kommt die Erlösung in Christus zu ihrer Erfüllung. Oder die Seele wird endgültig vom Leben der Heiligen getrennt und den ewigen Qualen der Gottesferne unterworfen.
Gebete für Sterbende
Das Gebet der Kirche beginnt schon am Sterbebett. Dem Sterbenden werden die Sakramente der Buße, Kommunion und Krankensalbung gespendet. Wenn die Krankheit schwer ist und lange dauert und der Mensch auf den Tod als die Erlösung vom Leiden wartet, er aber noch nicht eintritt, so bittet die Kirche Gott, die Seele des Kranken zu sich zu nehmen und vom Körper zu trennen. Dafür besteht in der Kirche der “Gebetsritus zur Trennung der Seele vom Körper”. Der Priester bittet Gott: “Erlöse Deinen Diener von der unerträglichen Krankheit und von der sich durch sie seiner bemächtigenden bitteren Schwäche und schenke ihm dort Ruhe, wo die Seelen der Gerechten wohnen...”
Für den Zeitpunkt der Trennung der Seele vom Körper gibt es in der Kirche einen besonderen Bittkanon “Zum Auszug der Seele”. In ihm betet die Kirche im Namen des Sterbenden zu Gott, zur Gottesmutter und den Engeln um Begnadigung und Errettung seiner Seele.
“Wie die Regentropfen entschwinden schon langsam meine kurzen und bösen Tage, die sich mit den Jahren verringert haben. Gebieterin, rette mich!” – so beginnt der Bittkanon.
Zum Abschluss betet der Priester um die Befreiung der Seele des Sterbenden von allem, was sie gefangen gehalten hat, von jedem Fluch, um die Vergebung der Sünden und um die Ruhe der Seele mit den Heiligen.
Für die Zeit unmittelbar nach dem Sterben gibt es eine Gebetsgottesdienstordnung, in deren Mittelpunkt liturgische Texte, der Psalm 51 (oder Ps. 70 und 143) und der Lobpreis des Ostersieges Christi stehen. Das Sterbelager wird im Sterben in Richtung Osten ausgerichtet. Ikonen werden aufgestellt und Kerzen entzündet. Beendet wird der Ritus bei Eintritt des Todes mit der Bitte um Vergebung für die Verfehlungen des Toten und seine Aufnahme in die ewige Ruhe.
Für alle orthodoxen Sterbegebete ist die Aufnahme menschlicher Ängste, Empfindungen und Hoffnungen ein besonderer Zug. Nur durch diese Offenheit gegenüber Schmerz, Angst und Trauer kann auch deren Verwandlung stattfinden. Zu diesem Zweck wird immer wieder und in einem für westliche Verhältnisse außergewöhnlichem Maß auf die Psalmen zurückgegriffen, aber auch auf kanonische Gebete, die ausdruckstark für den Sterbenden formulieren: „Ihr, meine Verwandten, weint, seufzt und wehklagt; siehe, nun werde ich von euch getrennt.“
Vorbereitung zur Beerdigung
Die Seele des Menschen ist zu Gott gegangen, sein Körper aber bleibt hier. Er ist von Gott aus Erde erschaffen worden und muss in die Erde zurückkehren. Nach dem Tod wird der Körper gewaschen und bekleidet. Die Hände werden auf der Brust kreuzförmig zusammengelegt: die rechte Hand über der linken. Der Sarg wird mit Weihwasser besprengt. Zu Hause wird der Körper des Verstorbenen mit dem Gesicht zu den Heiligenbildern aufgebahrt, d. h. nach Osten hin, so dass der Tote, könnte er die Augen öffnen, vor sich die heiligen Ikonen sehen würde. In der Kirche kann man ein Band aus Papier und ein Tuch erwerben. Auf dem Papierband ist der Erlöser mit der Gottesmutter und Johannes dem Täufer dargestellt; es ist ein Symbol für den Lorbeerkranz, den der Herr für Seine Gerechten bereit hält. Dieses lange Papierband wird über die Stirn des Toten gelegt. Der Sarg wird mit dem gesegneten Tuch bedeckt als Zeichen dafür, dass der Verstorbene unter dem Schutz der Kirche steht. In die Hände des Verstorbenen wird eine Ikone des Erlösers so gelegt, dass die Darstellung zu seinem Gesicht zeigt.
Sonst braucht man nichts in den Sarg zu legen.
Vor dem Verstorbenen wird bis zur Beerdigung der Psalter gelesen.
Sofort nach dem Tod, noch vor der Aussegnung, kann man für den Verstorbenen Totengedächtnisandachten (Panichiden) feiern. Am ersten Tag kann man in die Kirche gehen und eine Totengedächtnisandacht bestellen und für die Liturgie einen Zettel mit dem Namen des Verstorbenen (“des jüngst verstorbenen Dieners Gottes...”) abgeben. Panichiden können vor und auch nach dem Begräbnis gefeiert werden.
Die Aussegnung jedoch findet nur einmal statt.
Die Aussegnung
Nach den kirchlichen Regeln ist es vorgeschrieben, den Verstorbenen in Begleitung eines Priesters vom Haus in die Kirche zu tragen, mit Kerzen in den Händen und unter dem Gesang: “Heiliger Gott, Heiliger Starker, Heiliger Unsterblicher, erbarme Dich unser.” Heutzutage ist dies aber meist nicht möglich: die Kirche ist zu weit entfernt. Deshalb wird der Verstorbene nicht getragen, sondern in die Kirche geführt und für die Aussegnung in der Mitte der Kirche gegenüber der Königstür aufgestellt, mit dem Gesicht zum Altar und den Ikonen. Nach dem Ende der Liturgie werden den Anwesenden Kerzen gegeben (diese sollten vorher von den Angehörigen des Verstorbenen in der Kirche gekauft werden). Die Königstür wird für die Aussegnung geöffnet, und der Priester tritt aus dem Altarraum.
Dem Ritus der Aussegnung nach, d. h. der von der Kirche eingeführten Ordnung nach, wird zuerst das 17. Kathisma aus dem Psalter gelesen, danach werden die Troparien für den Verstorbenen gesungen. Zwischen diesen Teilen werden Ektenien für den Verstorbenen gelesen, d. h. Bitten für den eben erst Verstorbenen. Danach folgt der Kanon-Hymnus mit dem Refrain “Lass ruhen, o Herr, die Seele Deines entschlafenen Dieners (oder Deiner entschlafenen Dienerin oder Deiner entschlafenen Diener).” In den Kanon-Hymnus werden auch kleine Ektenien für den Verstorbenen eingefügt. Nach dem Kanon-Hymnus werden die Makarismen (Seligpreisungen) mit Troparien gesungen und die Epistel und das Evangelium gelesen.
Nach dem Evangelium wird das Absolutionsgebet gesprochen, in dem die heilige Kirche den jüngst Entschlafenen durch den Priester von allen Flüchen, Schwüren, Verwünschungen und von allen Sünden losspricht (wenn der Mensch vor seinem Tod Zeit gehabt hat zu bereuen). Dieses Gebet, das auf Papier geschrieben ist, wird dem Verstorbenen in die rechte Hand gegeben. Die Aussegnung endet mit dem Abschied vom Toten. Alle, die gekommen sind, um sich von ihm zu verabschieden, verbeugen sich vor dem Sarg bis zur Erde und küssen die Stirn des Verstorbenen, d. h. das Papierband, das auf der Stirn liegt. Während der Verabschiedung singt der Chor Gesänge gleichsam im Namen des Verstorbenen.
Nach der Verabschiedung bedeckt der Priester das Gesicht des Verstorbenen für immer mit einem Tuch und streut Erde darauf, d. h. er übergibt den Verstorbenen der Erde. Der Sargdeckel wird geschlossen, die Aussegnung ist beendet. Unter dem Gesang “Heiliger Gott...” wird der Sarg aus der Kirche hinausgetragen und auf den Katafalk gestellt.
Wenn der Priester auf Bitten der Verwandten zum Friedhof mitfährt, wird die gesamte Prozession der Überführung des Verstorbenen vom Katafalk zum Grab mit Beräucherung und dem Gesang “Heiliger Gott...” begleitet. Beim Grab wird eine kurze Litija (Gebet für den Verstorbenen) gefeiert, und der Sarg wird unter Gesängen in das Grab hinuntergelassen. Alle halten dabei üblicherweise brennende Kerzen in den Händen. Der Gesang kann so lange wiederholt werden, bis über dem Grab ein kleiner Hügel aufgeschüttet ist und Blumen und Kränze das Grab bedecken. Jetzt wünschen alle dem Versorbenen das Himmelreich und gehen weg.
Begräbnis
Feuerbestattungen lehnt die orthodoxe Kirche eigentlich ab. Allerdings gibt es in einigen Ländern Osteuropas Ausnahmeregelungen. Nach alter Bestattungsordnung holt der Priester den Leichnam vor der eigentlichen Begräbnisfeier im Haus des Verstorbenen ab. Während liturgische Formeln (z.B. das Trishagion) und wiederum Psalmen (früher auch Hymnen) gesungen werden, wird der Leichnam zur Kirche getragen. Das Psalmsingen wird als Ausdruck der Auferstehungshoffnung auf ein ewiges Leben in Ruhe und dem Frieden Gottes verstanden sowie als Zeichen einer damit auch verbundenen Heiterkeit und Gelassenheit gegenüber dem Tod.
Während des Leichenzuges ist der Sargdeckel, wo dies möglich ist, geöffnet, was zum einen die Anonymität des Beerdigungsvorgangs verhindert und zugleich dem Wunsch nach einem Ausdruck des Schmerzes bei den Hinterbliebenen entgegenkommt. Nach Schriftlesungen und weiteren Gesängen treten die Trauernden zum Sarg, um sich mit einem „letzten Kuss“ vom Entschlafenen zu verabschieden.
Orthodoxe Begräbnisfeiern kennen – anders als die katholische kirchliche Beerdigungsfeier – keine Verbindung zur Eucharistie, außer dass in einer späteren Eucharistiefeier der Verstorbenen fürbittend gedacht wird. Nachdem in frühchristlicher Zeit ein Gottesdienst in der Kirche nicht zum Begräbnisvollzug gehörte, stattdessen aber eine große Leichenprozession stattfand, änderte sich dies im Laufe der Jahrhunderte. Zunächst wurden die Verstorbenen zur Nachtwache in die Kirche geholt, wozu erstmals auch Kerzen und Fackeln benutzt wurden und als Symbol mit dem „Licht der Welt“ Christus verbunden wurden. Auch in der kirchlichen Feier war ausführlicher Psalmengesang zunächst wichtigstes Merkmal einer christlichen Begräbnisfeier. Die Psalmen traten an die Stelle der vorchristlichen Wehklagen, ja sie wurden gezielt eingesetzt, um die als heidnisch empfundene Wehklage zurückzudrängen.
Besonders auffallend ist, dass sich in den orthodoxen und orientalischen Kirchen eine ganze Reihe sehr spezieller Begräbnisformulare für bestimmte Zielgruppen herausbildeten. So kennt die koptische Kirche ganz eigenständige Formulare und Agenden für die Begräbnisse von Männern, von Frauen, von Mädchen, von Jungen, von Frauen, die bei der Geburt eines Kindes verstarben, von Patriarchen, von Äbten, von Diakonen und Mönchen.
Den orthodoxen und altorientalischen Kirchen ist es gelungen, in ihren Begräbnisgottesdiensten göttlichen Lobpreis und österliche Freude, die beim Heimgang des Entschlafenen einen breiten Raum einnehmen und die volkstümliche vorchristliche laute Wehklage weitgehend verdrängt haben, mit den Gefühlen von Trauer und Schmerz zu verbinden. Mit Ausnahme der Wehklage, die als nicht zur christlichen Auferstehungsfreude passend verurteilt wurde, ging die frühe Orthodoxie vorsichtig mit anderen im Volk verankerten paganen Elementen der Trauer um. Dazu gehört das Gebet hin zur aufgehenden Sonne sowie die Ausrichtung des Sterbenden wie auch des Grabes nach Osten.
Während im Westen der Leichenschmaus eher an das alttestamentliche Trost- und Trauermahl für die Hinterbliebenen anknüpfte und weitgehend säkularisiert wurde, hat sich in orthodox geprägten Kulturen eher die pagane Sitte eines religiös geprägten Totenmahls gehalten. Sowohl beim Begräbnis selbst wie auch an Jahrestagen werden rituelle Totenmähler auf dem Friedhof gefeiert. Unter dem Einfluß des byzantischen Hellenismus hat sich die ursprünglich materielle leibliche Versorgung der Verstorbenen in ein die Gemeinschaft betonendes Agapemahl verändert. Dabei sind auch Anklänge an das antike Trankopfer in der Sitte des Zutrinkens über dem Grab bis heute üblich, wenn von dem genossenen Wein oder auch härteren Getränken ein Anteil über das Grab geschüttet oder gar in ein Loch im Grab geschüttet wird. Noch heute kann man auf armenischen oder georgischen Friedhöfen Grabstätten mit reichlich Sitzgelegenheiten und einer Grillstelle finden sowie kleine Häuschen hinter dem Grabstein, in denen Getränke und Speisen gelagert werden.
Ausschließlich in Armenien kommt das Matah - Tieropfer für die Ruhe der Verstorbenen hinzu. Es ist ein fester Bestandteil der armenischen liturgischen Praxis an allen kirchlichen Hauptfesten, dient aber in besonderer Weise auch als Opfer für die Seelen der Verstorbenen, zu deren Gedächtnis man an bestimmten Tagen zusammen kommt. Geopfert werden Schafe, Hühner, Tauben, selten auch Ochsen. Der Ritus beginnt mit der Segnung des Opfersalzes durch den Priester. Das gesegnete Salz muss das Opfertier fressen, um sich innerlich zu reinigen. Diese Reinigung geht auf den Opfergeber später über. Wird das Tier nun geschlachtet, werden auch die Sünden des Opfergebers mitgeschlachtet. Danach wird das Fleisch des Tieres bei der Agape gegessen sowie an die Priester und an Bedürftige verteilt.
Die Verbrennung
Die Verbrennung verstorbener orthodoxer Christen war nie Tradition. Deshalb ist der ganze Begräbnisritus auf die Beerdigung ausgerichtet. Heute ist jedoch die Verbrennung von Orthodoxen üblich geworden, obwohl sie von der Kirche nicht erwünscht ist.
Einige Priester verfahren so: Alle Totengedächtnisgottesdienste und die Aussegnung werden in derselben Weise gehalten, mit Ausnahme der “Übergabe an die Erde”, des Zettels mit dem Absolutionsgebet und des Papierbandes. Letztere werden nicht in den Sarg gelegt, sondern verbleiben bei den Verwandten. Der Priester führt eine symbolische “Übergabe an die Erde” durch, und streut Erde auf ein weißes Stück Papier. Die Erde wird in dieses Papier gewickelt und zusammen mit dem Papierband und dem Absolutionsgebet von den Verwandten aufbewahrt. Bei einer Verbrennung werden keine heiligen Gegenstände im Sarg gelassen.
Wenn die Asche bestattet wird, werden die “Erde”, das Absolutionsgebet und das Papierband in einem Paket zusammen in die Erde gelegt, damit alles – zusammen mit der Asche – der Verwesung überantwortet wird.
Die Asche außerhalb der Erde zu belassen, widerspricht allen Traditionen der Orthodoxen Kirche und dem Sinn der Beerdigung.
Die Beerdigung in Abwesenheit
Eine solche Beerdigung findet in Abwesenheit des Verstorbenen statt. Der Ritus der Beerdigung ist der gleiche. Es fehlen natürlich alle Momente, die sich auf den Körper und den Sarg des Verstorbenen beziehen. Die Erde, das Absolutionsgebet und das Papierband verbleiben bei den Verwandten. Wenn die Beerdigung nach den Riten der Kirche stattfindet, so beendet ein Verwandter die Beerdigung mit Segen des Priesters auf dem Friedhof. Bei der Verabschiedung wird das Papierband auf die Stirn des Verstorbenen gelegt und das schon vom Priester in der Kirche verlesene Gebet wird dem Toten in die Hand gegeben. Wenn alle sich vom Verstorbenen verabschiedet haben und das Gesicht mit dem Tuch bedeckt ist, streut die dafür gesegnete Person die schon geweihte Erde kreuzförmig auf den Toten, vom Gesicht zu den Füßen und von der rechten zur linken Seite mit dem Gebet: “Heiliger Gott, Heiliger Starker, Heiliger Unsterblicher, erbarme Dich unser.”
Auch alle Verwandten und Freunde kommen zur Beerdigung in Abwesenheit – alle, die dann zum Friedhof fahren werden.
Alle orthodoxen Christen müssen ausgesegnet werden, wenn sie sich zu Lebzeiten nicht von Christus und von der Kirche losgesagt haben. Sogar wenn der Mensch schon vor sehr langer Zeit verstorben ist, sollte man ihn in Abwesenheit aussegnen.
Orthodoxe Friedhöfe
Leider ist von all diesem Reichtum im Zusammenhang mit dem Sterben und dem [{Tod]] in Deutschland für Außenstehende meist nur wenig zu erleben. Orthodoxe Beerdigungen auf deutschen Friedhöfen sind selten. Feuerbestattungen werden grundsätzlich abgelehnt. Bei Interesse kann man sich wegen der Bitte um eine Teilnahme an einem orthodoxen Begräbnis an jede orthodoxe und orientalische christliche Gemeinde wenden, um zu erfahren, ob und wann ein nächstes Begräbnis stattfindet. Noch immer lässt sich aber die überwiegende Zahl der orthodoxen MigrantInnen nicht in Deutschland, sondern in ihren Heimatländern beerdigen. Dies mag damit zu tun haben, dass die Durchführung von orthodoxen Trauergottesdiensten wegen ihrer Länge kaum ohne Zeitdruck möglich ist. Auch entsprechen die Friedhofskapellen als Gottesdienstraum meist den orthodoxen Anforderungen noch nicht.
Eigene orthodoxe Friedhöfe gibt es in Deutschland nur zwei von Seiten der Russischen Orthodoxen Kirche: Einer wurde 1894 eingeweiht und liegt in Berlin-Tegel (Wittestr.37), der andere Friedhof ist in Wiesbaden. Der Wiesbadener Friedhof wurde 1863 für die im Kindbett früh verstorbene russische Großfürstin Elisabeth Michailowna, Ehefrau von Adolph von Nassau, angelegt. Heute sind auf dem Wiesbadener Neroberg, etwas oberhalb der Russischen Orthodoxen Kirche nach einer Erweiterung 1977 etwa 700 orthodoxe Christen begraben. Seit 2001 bemüht sich die KOKiD, in Düsseldorf ein erstes ausschließlich panorthodoxes Gräberfeld auf einem der großen Düsseldorfer Friedhöfe zu errichten.
Siehe auch
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Was im Falle einer orthodoxen Beerdigung zu bedenken und zu erledigen ist
Einige Hinweise für Angehörige und Beerdigungsunternehmer
Die Orthodoxe Kirche begleitet ihre Kinder zu allen Zeiten des irdischen Lebens mit ihrem Gebet und ihrem Segen. Von daher legt sie auch großen Wert auf einen würdigen Gottesdienst für die Verstorbenen, sowohl in der Aussegnungshalle (Friedhofskapelle) wie am Grab.
Um einen reibungslosen Ablauf einer orthodoxen Beerdigung zu gewährleisten, sollten nachstehende Punkte beachtet und auch den ausrichtenden Beerdigungsunternehmern rechtzeitig bekannt gemacht werden.
1. Beim Aussuchen der Grabstelle ist darauf zu achten, dass der/die Verstorbene nach Möglichkeit mit Blickrichtung nach Osten zu liegen kommt.
2. An einigen – allerdings bislang nur wenigen - Orten in Deutschland gibt es eigene orthodoxe Friedhöfe bzw. Grabfelder auf kommunalen Friedhöfen (so in Berlin-Tegel, Wiesbaden, Düsseldorf, bald auch Magdeburg und Potsdam), auf denen regelmäßig, besonders zu den allgemeinen Totengedenktagen, die vorgesehenen Gottesdienste vollzogen werden. Die Gläubigen sollten von daher gemeinsam mit den Beerdigungsunternehmern überlegen, ob nicht eine Bestattung auf einem solchen Friedhof in der Nähe sinnvoll ist.
3. Da die meisten orthodoxen Pfarrer ein relativ großes Gebiet zu betreuen haben und oft auch vom Beerdigungsort weiter entfernt wohnen, ist es unbedingt notwendig, so schnell wie möglich Verbindung mit dem Geistlichen aufzunehmen und sich über den Termin der Beerdigung und alle anderen Fragen abzusprechen. Ein Verzeichnis aller orthodoxen Gemeinden in Deutschland ist erhältlich bei der Kommission der Orthodoxen Kirche in Deutschland / Verband der Diözesen, Splintstr. 6 a, 44139 Dortmund, Tel. 0231/1 89 97 95 bzw. 0172/2 88 99 44. Ein (deutschsprachiges) Verzeichnis der russischen Gemeinden findet sich auch im Internet unter: http://www.russische-kirche-l.de/deutsch/l-home-allesd.htm
4. Es gibt nach orthodoxer Tradition einige Besonderheiten bei der Aufbahrung des/der Toten. So wird ihm/ihr eine kleine Ikone (Christi, der Gottesmutter oder seines Namenspatrons) in die Hände gelegt, auf die Stirn aber ein Papierstreifen mit der Aufschrift „Heiliger Gott – Heiliger Starker – Heiliger Unsterblicher, erbarme Dich!“. Außerdem ist es üblich, den Verstorbenen in ein besonderes Tuch (so genanntes „Totentuch“) zu hüllen bzw. ihn damit zu bedecken. Diese Gegenstände sind i. d. R. in den Pfarrkirchen erhältlich. Im Zweifelsfall frage man den die Beerdigung vollziehenden Priester danach.
5. In der Aufbewahrungskammer der Einsegnungshalle sollte der Sarg mit der verstorbenen Person zumindest bis zum Eintreffen des Priesters offen bleiben, wenn es auf Grund örtlicher Vorschriften nicht möglich ist, wie eigentlich im orthodoxen Begräbnisritual vorgesehen, dass der Sarg erst in der Aussegnungshalle geschlossen wird, nachdem alle von dem Toten Abschied genommen haben. Auf jeden Fall muss der Priester die vorgeschriebenen Absolutionsgebete am offenen Sarg vollziehen. Daher ist er erst nach diesen – sei es in der Aussegnungshalle oder wenigstens in der Aufbewahrungskammer – zu schließen.
6. Für die Feier der Aussegnung in der Halle sind etwa 45 Minuten vorzumerken. Es ist deshalb von Vorteil, den Zeitpunkt einer orthodoxen Beisetzung am Schluss der allgemeinen Beerdigungszeit anzusetzen. Auf jeden Fall muss die Friedhofsverwaltung darauf aufmerksam gemacht werden, dass eine orthodoxe Totenfeier in der Friedhofskapelle bzw. –halle deutlich länger dauert als die der westlichen Konfessionen und ein entsprechender zeitlicher Rahmen angesetzt wird.
7. An die Trauergäste werden zuvor kleine Kerzen verteilt, die sie während der ganzen Feier brennend in der linken Hand halten. Es ist rechtzeitig dafür Sorge zu tragen, dass diese Kerzen von der Pfarrei besorgt oder ggf. vom Priester mitgebracht werden. Dies muss vorab mit ihm abgesprochen werden.
8. Bei der orthodoxen Aussegnung wird Weihrauch verwendet. Kränze, Zierpflanzen und Kerzenleuchter sollten so gestellt werden, dass der Priester ungehindert den Sarg umschreiten, und von allen vier Seiten beräuchern kann.
9. Wenn ein Chorgesang gewünscht wird, so muss dieses mit dem Pfarrer bzw. eventuell mit dem Chorleiter / der Chorleiterin frühzeitig abgesprochen und ggf. für die Sänger ein Transportmittel bereitgestellt werden. Auch über eine eventuelle Vergütung für den Chor sollte man sich zu diesem Zeitpunkt (und nicht erst nach der Beerdigung) ins Einvernehmen setzen.
10. Begleitendes Orgelspiel oder klassische Instrumentalmusik ist im orthodoxen Beerdigungsritus nicht vorgesehen und von daher zu vermeiden. Sollte es dennoch von (nichtorthodoxen) Angehörigen dringend gewünscht werden, ist die Musik vor dem Beginn und nach der Beendigung der eigentlichen liturgischen Feier einzuspielen.
11. Beim Gang zum Grab richtet sich der Ritus nach den örtlichen Gepflogenheiten. Für die – relativ kurze –Schale Erde mit einer kleinen Schaufel bereitzustellen.
12. Obwohl von der Kirche ausdrücklich nicht gebilligt, werden heutzutage gelegentlich aus Unwissenheit oder von nichtorthodoxen Angehörigen, Feuerbestattungen bestellt. Dies widerspricht eindeutig der orthodoxen Tradition., denn die Erdbestattung in der Hoffnung auf die Auferstehung des Fleisches ist vom orthodoxen Glauben her die einzige dem orthodoxen Christen gebührende Form. Von daher wirkt in der Regel der orthodoxe Pfarrer auch bei einer Bestattung nach einer Kremation nicht mit.
Ist trotzdem eine Feuerbestattung erfolgt bzw. geplant, so muss mit dem orthodoxen Pfarrer abgeklärt werden, ob er es für möglich hält, eventuell statt der eigentlichen Beerdigung einen kurzen Gedenkgottesdienst – etwa am Grabe – zu halten. Dies dürfte wesentlich davon abhängen, welche Motive ggf. für die Feuerbestattung maßgeblich waren bzw. ob sie keine grundsätzliche Ablehnung der orthodoxen Glaubenspositionen beinhalten. Dies kann aber nur im Einzelfall geklärt werden.
13. Der beerdigende Priester muss oft einen beträchtlichen Anfahrtsweg zurücklegen. Er bekommt auch keine Besoldung aus Kirchensteuermitteln. Die Hinterbliebenen werden daher um eine angemessene Aufwandsentschädigung für den Priester gebeten, die sie ihm in einem (geschlossenem) Umschlag, oder über das Beerdigungsunternehmen übergeben. Die Höhe dieses Betrages können sie selbst bestimmen, sollten aber bedenken, dass sie auf diesem Wege auch zur Unterstützung des Lebens der Kirchengemeinde beitragen können.
14. Nach orthodoxer Tradition sind weitere Gedenkgottesdienste – etwa am 40. Tag nach dem Hinscheiden – für Verstorbene üblich; die Angehörigen sollten sich am besten direkt darüber mit dem Pfarrer verständigen, ob er diese Gottesdienste – sei es erneut am Grabe oder in der Kirche – halten kann.
(Nach Materialien der Gemeinde des hl. Prokopius in Konstanz, bearbeitet von Hypodiakon Nikolaj Thon)
Quelle: rok-essen.de
Gebet beim Ausscheiden der Seele
(vom Priester, notfalls von einem Laien, bei dem Ausscheiden der Seele aus dem Leibe zu sprechen)
Gebieter, Herr, Allherrscher, Du Vater unseres Herrn Jesus Christus! Du willst, dass alle Menschen errettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen. Du willst nicht den Untergang des Sünders, sondern dass er sich bekehre und lebe! Nun flehen und bitten wir zu Dir: Befreie die Seele Deines Dieners N. von allen Fesseln und von jedem Fluch; vergib ihm jede Sünde und jede Verfehlung, die er von Jugend an begangen hat, bewusst und unbewusst, mit Wort und Tat, die er gebeichtet, oder auch vergessen oder aus Scham verheimlicht hat; denn Du allein befreist die Gefesselten und richtest die Darniederliegenden auf, Du Hoffnung der Hoffnungslosen, der Du jedem Menschen, der auf Dich vertraut, die Sünden erlassen kannst. Menschenfreundlicher Herr, befiehl, dass er von den Banden des Fleisches und der Sünden erlöst wird und nimm die Seele dieses Deines Dieners N. auf und lass sie ruhen inmitten Deiner Heiligen in den ewigen Wohnungen durch die Gnade Deines eingeborenen Sohnes, unseres Herrn, Gottes und Erlösers Jesus Christus, mit dem Du gepriesen bist samt Deinem Heiligen und lebendigmachenden Geist, jetzt und immerdar und in alle Ewigkeit. Amen.
Quelle: orthodoxia.de