Jesusgebet

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Das Jesusgebet ist ein Gebet, in dem die Worte „Herr Jesus Christus, erbarme dich meiner!" mehrmals, meist stillschweigend, wiederholt werden. Es wird auch Herzensgebet genannt und in seiner höchsten Form als "immerwährendes Gebet" bezeichnet. Das Jesusgebet ist von der ausschlaggebenden Bedeutung her als einfachstes und grundlegendstes Mittel der asketischen Praktik des Schutzes von Verstand und Herz im Kampf gegen sündige Gedanken. Es „klärt auf, bekräftigt, belebt, besiegt alle sichtbaren und unsichtbaren Feinde und führt zu Gott empor“ (hl. Theophan der Klausner).

Gebetet wird das Jesusgebet oft mit einer Gebetsschnur (Tschotki, Komboskini) oder mit einer Lestowka.

Praxis

In der Orthodoxen Kirche wurde das Jesusgebet immer praktiziert, vor allem im Mönchtum, während andere christliche Kirchen dieses Gebet erst seit einigen Jahrzehnten entdeckt haben. Oft waren Mönchsväter bzw. Starzen mit großer Erfahrung im geistlichen Leben für die Gläubigen Lehrer des Jesusgebets. Insbesondere Seraphim von Sarow war ein solcher Lehrer. Als besonderes Vorbild wegen seines intensiven Gebetslebens gilt der Heilige Siluan von Athos.

Das Jesusgebet gilt als die höchste Form des geistigen Tuns und Innerlichkeit. Eine Vorform des Jesusgebets war das Ruhegebet, das Johannes Cassian aus der ägyptischen Wüste nach Europa brachte. Aus dem Ruhegebet hat sich dann das Jesusgebet entwickelt, indem man statt eines Psalms den Namen Jesu Christi ununterbrochen wiederholt.

Theologie

Im Jesusgebet kommt die Verehrung des Namens Gottes von allen Gebetsformen am stärksten zum Ausdruck. Die Namensverehrung ging zeitweise soweit, dass man von Namensgläubigkeit bzw. Ononmatodoxie sprechen konnte. Auch wurden theologische Auseinandersetzungen deswegen ausgetragen, vor allem in Russland. So ist der Konflikt unter der Bezeichnung Imjaslavie (russsich: Имяславие) bekannt geworden, der Anfang der 20. Jahrhunderts auf dem Athos und in Russland stattfand.

In jüngster Zeit hat der bedeutende orthodoxe Theologe und Bischof Hierotheos (Vlachos) eine sehr fundierte und inzwischen auch weit verbreitete Abhandlung über die spezifisch orthodoxe Spiritualität verfasst, in der auch das Jesusgebet angesprochen wird, weil es zum Kernbestand orthdodoxer Spiritualität und Geistigkeit gehört. [1]

Literatur

  • Ilarion Alfejev: Le Nom grand et glorieux. La vénération du Nom de Dieu et la prière de Jésus dans la tradition orthodoxe. Traduction du russe par Claire Jounievy, Hiéromoine Alexandre (Siniakov) et Dom André Louf, Les éditions du Cerf, Paris 2007.
  • Nel Grillaert: What's in God's name: literary forerunners and philosophical allies of the imjaslavie debate, Stud. East Eur Thought 64 (2012), S. 163–181.
  • Michael Hagemeister: Imjaslavie – Imjadejstvie. Namensmystik und Namensmagie in Rußland (1900–1930), in: Tatjana Petzer (Hrsg.): Namen – Benennung – Verehrung – Wirkung. Positionen der europäischen Moderne, Kadmos, Berlin 2009, S. 77–98.
  • Starez Theophan: Schule des Herzensgebetes, Otto-Müller-Verlag, Salzburg 1989, ISBN 3-7013-0687-7.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Vgl. Metropolit Hierotheos (Vlachos) von Nafpaktos: Orthodoxe Spiritualität. Eine kurze Einführung. (Stand: 9. Oktober 2014)