Andreas, Sel. Narr in Christo in Konstantinopel

Aus Orthpedia
Zur Navigation springenZur Suche springen
Andreas Narr in Christo.jpg
Andreas Narr im Christo.jpg

Gedächtnis: 2. Oktober und 28. Mai

Während der Herrschaft des griechischen Kaisers Leo des Großen – des Weisen, des Sohnes des Kaisers Basilios des Mazedoniers – lebte in Konstantinopel ein gewisser Mann mit Namen Theognost. Er kaufte eine Menge Sklaven, unter denen sich ein Kind slawischer Herkunft mit Namen Andreas befand. (In allen slawischen Lebensbeschreibungen wird der hl. Andreas als Slawe – nach dem griechischen Urtext als Skythe – bezeichnet. So bezeichneten die Griechen während langer Zeit fälschlicherweise auch die östlichen Slawen, die sie mit dem früher im östlichen Europa wohnenden wilden Nomadenvolk der Skythen verwechselten.)

Dieses Kind war sehr schön und fiel durch seinen guten Charakter auf. Theognost liebte ihn mehr als die anderen Knechte und ernannte ihn zu seinem vertrautesten Diener und sandte ihn zum Studium der heiligen Bücher weg. Als Andreas die Heilige Schrift gründlich kennen gelernt hatte, ging er oft in die Kirchen zum Gottesdienst, betete zu Gott und las die heiligen Bücher.

Als er eines Nachts beim Gebet stand und der arglistige Teufel dies sah, ergrimmte er über dieses gute Werk und begann, fest an die Tür des Zimmers zu schlagen, in dem der Jüngling sich befand. Andreas erschrak, hörte auf zu beten, legte sich eilends auf das Bett und zog ein Ziegenfell an. Dies sehend freute sich der Satan und sagte zu einem anderen Teufel: „Siehst du diesen Jüngling? Vor Kurzem aß er noch Bohnen, und jetzt bewaffnet er sich schon gegen uns!“ Nachdem er dieses gesagt hatte, verschwand der Satan.

Der Selige aber schlief von dem Schrecken tief ein und hatte im Schlaf folgende Vision: Ihm schien, als ob er auf einem großen Platz wäre, auf dessen einer Seite eine Menge Äthiopier stand und auf der anderen eine Menge heiliger Männer in weißen Kleidern. Zwischen beiden Seiten gab es eine Art Streit oder Kampf. Die Äthiopier, die auf ihrer Seite einen schwarzen Riesen hatten, schlugen den in weißen Kleidern gekleideten voll Überheblichkeit vor, dass jene aus ihrer Mitte einen solchen Kämpfer vorschickten, der imstande wäre mit ihrem schwarzen Äthiopier, einem Tausendschaftsführer ihrer unzähligen Legionen, zu kämpfen. Die schwarz glänzenden Äthiopier brüsteten sich ihrer Kraft, die Weißgekleideten aber antworteten ihnen nichts. Der selige Andreas stand dort und schaute zu, in dem Wunsch zu erkennen, wer sich entschlösse, zum Kampf mit diesem schrecklichen Gegner anzutreten. Und da sah er aus der Höhe einen wunderschönen Jüngling herabsteigen, der in der Hand drei Kränze hielt: einer davon war mit reinem Gold und kostbaren Steinen geschmückt, ein anderer mit großen, funkelnden Juwelen, der dritte aber war der größte der Kränze und aus unverwelklichen weißen und bunten Blumen und Zweigen aus Gottes Paradies geflochten Die Kränze waren von so wunderbarer Schönheit, dass sie der menschliche Verstand nicht erfassen kann und es unmöglich ist, sie in menschlicher Sprache zu beschreiben. Als Andreas dies gesehen hatte, sann er darüber nach, wie er zumindest einen dieser Kränze erlangen könnte. Er ging zu dem erschienenen Jüngling und sagte: „Um Christi willen, sage mir, verkaufst du diese Kränze? Auch wenn ich sie selbst nicht kaufen kann, so warte ein wenig. Ich gehe und sage es meinem Herrn. Er wird dir für diese Kränze bezahlen soviel du willst.“

Der Jüngling aber erstrahlte im Angesicht und sagte ihm: „Glaube mir, Geliebter, dass ich, auch wenn du mir das Gold der ganzen Welt brächtest, weder dir noch jemand anderem einen dieser Kränze verkaufen würde, denn diese Kränze sind aus den himmlischen Schätzen Christi gebunden und nicht aus dem Schmuck der eitlen (leeren) Welt. Mit ihnen werden diejenigen bekränzt, die gegen diese schwarzen Äthiopier kämpfen. Wenn du sie – nicht nur einen, sondern alle drei Kränze – erlangen willst, so tritt in den Zweikampf mit diesem schwarzen Äthiopier, und wenn du ihn besiegst, empfange von mir die Kränze, die du siehst.“

Als er dies hörte, wurde Andreas von Entschlossenheit erfüllt und sagte dem Jüngling: „Glaube mir, dass ich das von dir Empfohlene tun werde; belehre mich nur über seine Listen.“ Der Jüngling sagte: „Weißt du etwa nicht, worin seine Gewandtheit besteht? Haben die Äthiopier nicht ein schreckliches und grauenvolles Aussehen? Aber trotzdem sind sie schwach an Kräften. Fürchte nicht seine riesige Gestalt und seinen schrecklichen Anblick. Er ist schwach und faul wie angefaultes Gras!“

Der wunderschöne Jüngling stärkte mit diesen Reden Andreas und begann, ihm zu lehren, wie mit dem Äthiopier zu kämpfen sei. Er sprach: „Wenn der Äthiopier dich packt und beginnt, mit dir zu kämpfen, fürchte dich nicht, sondern umgreife ihn kreuzförmig, und du wirst die Hilfe Gottes erfahren.“

Darauf trat der Selige nach vorne und rief mit lauter Stimme dem Äthiopier zu: „Komm hervor zum Kampf!“ Furchteinflößend und drohend kam der Äthiopier auf Andreas zu, packte ihn und warf ihn eine ganze Weile bald auf die eine, bald auf die andere Seite. Die Äthiopier begannen, Beifall zu klatschen, die in weiße Gewänder Gekleideten aber schienen gleichsam zu erbleichen, als ob sie fürchteten, dass dieser Äthiopier Andreas am Ende niederwerfen würde. Andreas schien schon vom Äthiopier geschlagen, aber er richtete sich wieder auf und warf sich kreuzförmig gegen ihn. Der Dämon stürzte um wie ein gewaltiger abgehauener Baum, schlug im Fall mit der Stirn gegen einen Felsen und schrie: „Weh, oh Weh!“ Die in weiße Gewänder Gekleideten gerieten in Freude. Sie hoben Andreas auf ihren Händen empor, begannen, ihn zu küssen, und feierten seinen Sieg über den Äthiopier.

Da wandten sich die schwarzen Krieger mit großer Bestürzung und Schande zur Flucht, der wunderschöne Jüngling aber überreichte Andreas die Kränze und sprach, indem er ihn küsste: „Gehe hin in Frieden! Von nun an wirst du unser Freund und Bruder sein. Übe also die Tugend, die Askese , sei nackt und narrenhaft um meinetwillen, und du wirst am Tag meines Reiches als Teilhaber meiner Güter erscheinen.“

Als er dieses von diesem wunderbaren Jüngling gehört hatte, erwachte der selige Andreas aus dem Schlaf und wunderte sich über diese ungewöhnliche Traumerscheinung. Von dieser Zeit an wurde er zum Narren in Christo. Als er am nächsten Tag aufgestanden war, betete er, nahm ein Messer und ging zu einem Brunnen; dort legte er seine Kleider ab, und zerschnitt diese – als ob er den Verstand verloren habe – in Stücke. Am frühen Morgen kam ein Koch zum Brunnen, um Wasser zu holen, und erblickte Andreas gleichsam außer sich. Er ging und berichtete darüber ihrem Herrn. In Trauer über Andreas ging sein Herr zu ihm und fand ihn gleich einem Irrsinnigen, der nicht vernünftig redete. In der Annahme, dass Andreas von einem Dämon besessen sei, legte er ihm eiserne Ketten an und befahl, ihn zur Kirche der heiligen Anastasia zu führen.

Andreas stellte sich im Verlauf des Tages dar als einer, der den Verstand verloren hat, nachts aber betete er zu Gott und zur heiligen Anastasia. In der Tiefe seines Herzens sann er darüber nach, ob das begonnene Werk Gott gefällig sei oder nicht, und er wollte dazu einen Hinweis erhalten. Als er so vor sich hin sann, hatte er eine Vision, dass fünf Frauen und ein Alter umhergingen, um zu heilen und Kranke zu besuchen. Sie kamen ebenso zu Andreas und der Alte sagte zu der ältesten Frau:

„Herrin Anastasia! Warum heilst du ihn denn nicht?“ –„Meister!“– antwortete die Frau: „Ihn heilt Derjenige, Der zu ihm sagte: ‚Werde um Meinetwillen närrisch, und am Tag Meines Reiches wirst du ein Teilhaber vieler Güter sein.‘ Er bedarf keiner Heilung.“ Sie sagten dieses und gingen in die Kirche, von wo sie nicht wieder zurückkehrten, obwohl Andreas ihnen hinterherblickte, bis man zum Morgengottesdienst zu läuten begann . Da verstand der selige Andreas, dass seine Askese (Podwig) Gott wohlgefällig war, er freute sich im Geiste und begann, sich noch eifriger zu bemühen – nachts im Gebet, tagsüber aber in den heiligen Tugendtaten des Narrentums.

Als eines Nachts der selige Andreas nach seiner Gewohnheit in der Tiefe seines Herzens zu Gott und der heiligen Märtyrerin Anastasia Gebete emporsandte, kam in offen sichtbarer Gestalt der Teufel mit einer Vielzahl von Dämonen, die Streitäxte hielten, zu ihm; die übrigen Dämonen trugen Messer, Hölzer, Pfähle und Spieße, so als ob sie beabsichtigten, den Seligen zu ermorden. Es erschien auch der frühere Äthiopier in der Gestalt, in der er gegen Andreas gekämpft hatte, und schrie schon von weitem auf ihn ein. Sich auf den Heiligen stürzend wollte er ihn mit dem Beil, das er in Händen hielt, zerstückeln. Hinter ihm rasten die übrigen Dämonen. Der Heilige rief mit Tränen die Hände erhebend zum Herrn: „Übergib nicht den wilden Tieren die Seele, die Dir Verherrlichung und Ehre emporsendet!“. Dann rief er wieder: „Heiliger Apostel Johannes, der Theologe, hilf mir!“

Und siehe, ein Donnern erhob sich, eine Menge von Menschen erschien, und der schöne Alte, dessen Angesicht heller als die Sonne war, trat vor und mit ihm eine große Menge Knechte. Drohend und streng sagte er zu den mit ihm Gekommenen: „Schließt das Tor, damit nicht einer von ihnen flüchte!“ Sofort schlossen sie die Tür, und alle Äthiopier waren gefangen. Und Andreas hörte, wie ein Dämon im Geheimen zu seinem Gefährten sagte: „Verflucht sei die Stunde, zu der wir uns verleiten ließen; Denn unbarmherzig ist Johannes und er wird uns grausam quälen!“

Der heilige Johannes aber befahl den mit ihm gekommenen Leuten, die in weiße Gewänder gekleidet waren, Andreas die eisernen Fesseln abzunehmen. Dann stellte er sich hinter das Tor und sagte: „Führt die Äthiopier zu mir – einen nach dem anderen.“ Sie führten den ersten Dämon (bösen Geist) herbei und warfen ihn auf die Erde. Der Apostel nahm die Kette, bog sie dreimal und gab dem Dämon hundert Schläge. Der Dämon aber schrie wie ein Mensch: „Erbarme dich meiner!“ Danach warfen sie den zweiten Dämon auf die Erde, und er wurde gleichfalls hundertmal geschlagen; danach den Dritten – und er empfing ebenso viele Schläge. Die Schläge aber, mit denen der Herr die Dämonen versah, waren nicht scheinbare, sondern wirkliche Strafen, die dem dämonischen Volk Leiden bereiteten. Dann, als alle Äthiopier auf diese Weise gestraft worden waren, sprach Johannes zu ihnen: „Geht weg und zeigt eurem Vater, dem Satan, die euch beigebrachten Wunden – das wird ihm angenehm sein!“

Später, als die in weiße Gewänder Gekleideten weggegangen und die Dämonen verschwunden waren, trat der schöne Alte zum Knecht Gottes Andreas und sagte zu Ihm, nachdem er die Ketten an seinen Hals gelegt hatte: „Du siehst, wie ich dir zu Hilfe geeilt bin; denn ich trage viel Sorge um dich, weil mir Gott die Sorge um dich übertragen hat. Deswegen halte aus; bald wirst du entlassen werden und nach deinem Willen gehen, wie es dir gefällt.“ „Mein Herr“, sprach Andreas, „wer bist du?“ Der Alte antwortete: „Ich bin der, der an der Brust des Herrn lag.“ (Vgl. Joh. 13,22; und 21,20.) Bei diesen Worten erstrahlte er wie ein Blitz und verschwand dann aus den Augen des Jünglings. Der selige Andreas aber pries Gott dafür, dass Er ihm seinen geliebten Jünger zuhilfe gesandt hatte.

Nach der Erscheinung des hl. Johannes des Theologen, dem Gespräch mit ihm und den den Dämonen beigebrachten Qualen legte sich der selige Andreas, der wie vorher gefesselt war und zu schlafen begehrte, nieder. Und gerade in diesem Moment geriet er in einen erregten Zustand. Er sah sich in kaiserlichen Gemächern. Auf dem Thron saß in großer Herrlichkeit der König, der Andreas zu sich rief und fragte: „Wünschst du mit ganzer Seele für mich zu arbeiten?“ Andreas antwortete: „Ich wünsche es, Herr!“ Der König gab ihm etwas überaus Bitteres zu kosten und sagte dabei: „Solcherart ist der schmerzvolle Weg derer, die mir in dieser Welt dienen.“ Danach gab er Andreas etwas zu kosten, das weißer als Schnee und süßer als Manna war. Dies kostend wurde Andreas fröhlich und vergaß die erste Speise. Und der König sagte zu ihm: „Solche Speise habe ich für die, die mir dienen und tapfer bis zum Ende aushalten. Und du vollbringe wie angefangen tapfer deinen Podwig (Glaubenskampf). Denn nachdem du in diesem Leben ein wenig Leiden ertragen hast, wirst du ewig verweilen im nicht endenden Leben.“

Vom Schlaf erwacht, gelangte Andreas zu der Erkenntnis, dass die von ihm geschaute erste Speise – die Bittere – die Geduld in der hiesigen Welt darstellt, die letztere Süße aber das ewige Leben. Der Besitzer von Andreas behielt ihn während der nächsten vier Monate noch bei sich, danach aber entließ er ihn in die Freiheit. Sich geisteskrank stellend begann Andreas auf den Straßen zu wandern. Er ging durch die Stadt, wobei er, dem die ganze Welt nichts wert war, Mangel, Drangsal und Ungemach hatte (vgl. Hebr. 11.37-38). Die Einen lachten über ihn wie über einen Dummkopf, die Anderen stießen ihn von sich oder ekelten sich vor ihm wie vor stinkendem Aas, wieder andere glaubten ihn von einem Dämon besessen. Die kleinen Kinder verspotteten und schlugen den Seligen. Er aber ertrug alles und betete für seine Peiniger. Wenn einer von den Mildtätigen, welche die Armen lieben, Andreas ein Almosen gab, nahm er es an und gab es dann an andere Arme weiter. Dies tat er stets so, dass niemand wusste, wer das Almosen gegeben hatte. In Zorn auf die Armen und gleichsam, als wünschte er, sie zu erschlagen, warf er ihnen wie ein Narr das Geld, das er in Händen hielt, ins Gesicht, und die Armen sammelten es auf. Manchmal hungerte er eine ganze Woche; aber wenn sich niemand fand, ihm eine Scheibe Brot zu geben, dann verbrachte er auch noch die zweite Woche ohne Speise. Als Kleidung diente ihm ein völlig zerschlissenes Hemd, das kaum seine Nacktheit bedeckte. Er ahmte in allem den heiligen Simeon den Narren in Christo nach und ging tagsüber durch die Straßen; nachts aber verharrte er im Gebet. Während er in einer so großen Stadt unter einer zahlreichen Bevölkerung lebte, hatte er nichts, „um sein Haupt zu betten“. Die Armen vertrieben ihn von ihren Hütten, die Reichen aber ließen ihn nicht in die Höfe ihrer Häuser. Wenn es unumgänglich war, zu schlafen und seinen abgequälten Körper etwas ausruhen zu lassen, dann suchte er die Müllhaufen, wo die Hunde lagen, und ließ sich zwischen ihnen nieder. Doch auch die Hunde duldeten den Knecht Gottes nicht unter sich. Die Einen vertrieben ihn beißend, Andere flohen vor ihm. Niemals schlief er unter einem Dach, sondern war schutzlos Kälte und Hitze ausgesetzt; er wälzte sich wie Lazarus in Eiter und Schmutz, verachtet von Menschen und Tieren. So litt der freiwillige Märtyrer und so lachte er als Narr über die ganze Welt: „Denn der Tor Gottes ist weiser als die Menschen, „denn das Törichte Gottes ist weiser als die Menschen“ (1. Kor. 1,25).

Das Narrentum in Christo besteht in Folgendem: Das, was die Welt für Verrücktheit hält, ist hier eine höhere, wahre Weisheit, die im Gegensatz zur Weisheit ihres Zeitalters steht. Die oben angeführten Worte des Apostels gelten zusammen mit den folgenden Worten für die Apostel und für viele Heilige Gottes, aber besonders für die Narren in Christo: „Denn die Torheit Gottes ist weiser, als die Menschen sind, und die Schwachheit Gottes ist stärker, als die Menschen sind. Seht doch, liebe Brüder, auf * eure Berufung. Nicht viele Weise, nicht viele Mächtige, nicht viele Angesehene sind berufen. Sondern was töricht ist vor der Welt, das hat Gott erwählt, damit er die Weisen zuschanden mache; und was schwach ist vor der Welt, das hat Gott erwählt, damit er zuschanden mache, was stark ist; und das Geringe vor der Welt und das Verachtete hat Gott erwählt, das, was nichts ist, damit er zunichte mache, was etwas ist, damit sich kein Mensch vor Gott rühme.“ Diese Worte des hl. Apostels Paulus können als vorzügliche Erklärung und Charakterisierung des großen Podwigs (christlichen Askesewerkes) des Narrentums in Christo dienen. Und es wohnte die Gnade des Heiligen Geistes in ihm, und er begann die Gedanken der Menschen vorherzusehen.

Einmal war in Konstantinopel einem gewissen angesehenen Mann die Tochter gestorben, die ihr Leben in jungfräulicher Reinheit verbracht hatte. Sie hatte sterbend angeordnet, sie außerhalb der Stadt auf dem Friedhof für die Armen, der sich im Garten ihres Vaters befand, zu begraben. Als sie ihr Leben vollendet hatte, brachte man sie an jenen Ort, wo sie gemäß christlichem Brauch bestattet wurde. Zu jener Zeit gab es in Konstantinopel einen Totengräber, der die Gräber öffnete und den Toten die Kleider wegnahm. Er beobachtete am Wege stehend, wo das Mädchen begraben werden würde. Nachdem er den Ort ihrer Ruhestätte gesehen hatte, beschloss er, bei Anbruch der Nacht das Grab aufzuschaufeln und die Kleider der Toten zu stehlen.

Es begab sich, dass auch der heilige Andreas bei der Ausübung seiner gewohnten Askesewerke eines Narren in Christo an jenen Ort kam. Wie er nun den Totengräber sah, erkannte er gleich dessen bösen Plan. In dem Wunsch, den Dieb von seiner Tat abzubringen und voraussehend, welche Strafe ihm folgen würde, sah der heilige Andreas ihn mit strengem Blick an und sagte wie in starkem Zorn: „So spricht der Geist, der diejenigen richtet, die die Kleider der im Grab liegenden raubt: Du wirst die Sonne nicht mehr sehen, und du wirst weder den Tag noch das Angesicht der Menschen sehen. Die Türen deines Hauses werden dir verschlossen sein und werden sich niemals mehr öffnen. Finster wird der Tag für dich werden und wird nie mehr hell werden.“

Obwohl er zugehört hatte, verstand der Grabgräber nicht, wovon der Heilige sprach, und ging fort, ohne seinen Worten Beachtung zu schenken. Der Heilige aber blickte ein zweites Mal auf und und sage: „Du gehst fort? – Stiehl nicht! Wenn du dies aber tust, dann – ich bezeuge es im Namen Jesu – wirst du nie mehr die Sonne sehen.“

Der Totengräber begriff, dass der Heilige zu ihm sprach, wunderte sich, wie dieser sein Vorhaben erfahren hatte, und sprach sich zum Heiligen umwendend: „Du bist ja von Dämonen besessen und sprichst durch dämonische Einflüsterung von Geheimem und Unbekanntem! Ich aber werde absichtlich dorthin gehen, um zu sehen, ob deine Worte in Erfüllung gehen!“

Daraufhin entfernte sich der Heilige, sein Narrentum weitertreibend. Bei Anbruch des Abends wählte der Dieb eine günstige Zeit und wälzte den Stein vom Grab, stieg hinein und nahm als Erstes die Oberkleider der Entschlafenen mit allen Verzierungen, die nämlich sehr kostbar waren. Nachdem er sie an sich genommen hatte, wollte er sich entfernen, aber eine innere Stimme flüsterte ihm zu: „Nimm auch das Hemd mit, es ist doch auch noch gut.“ Nachdem er das Hemd genommen hatte, wollte der Totengräber aus dem Grab steigen. Die tote Jungfrau aber erhob durch göttlichen Befehl ihre rechte Hand und schlug den Grabgräber ins Gesicht, und dieser erblindete sogleich. Da erschrak der Unglückliche und zitterte, so dass vor Angst seine Kinnladen, Zähne, Knie und alle Knochen zu beben begannen.

Die gestorbene Jungfrau aber öffnete ihren Mund und sagte: „Du unglücklicher und verworfener Mensch! Du fürchtetest nicht Gott, dachtest nicht daran, dass auch du ein Mensch bist! Du hättest vor der jungfräulichen Nacktheit Scheu haben sollen; Du hättest mit dem schon von dir Genommenen zufrieden sein sollen, als mir noch das Hemd an meinem entblößten Leibe blieb. – Du aber hast dich meiner nicht erbarmt und verfuhrst grausam mit mir, da du vorhattest, mich lächerlich zu machen vor allen heiligen Jungfrauen am Tag der zweiten Ankunft des Herrn. Aber jetzt werde ich so mit dir verfahren, dass du niemals mehr stehlen wirst, auf dass dir kund sei, dass Gott Jesus Christus lebt, und dass es nach dem Tode Gericht, Vergeltung und Bestrafung gibt.“ Diese Worte sprechend erhob sich das Mädchen, nahm ihr Hemd, bekleidete sich damit, legte sich, nachdem sie alle Kleider und Zierrat angelegt hatte, wieder nieder und sagte: „Du, HERR, allein lässt mich in Sicherheit wohnen.“ (Ps 4,9) Mit diesen Worten entschlief sie wieder in Frieden. Jener Ausgestoßene aber hatte kaum Kräfte, um aus dem Grab zu steigen und die Umzäunung des Gartens zu finden. Indem er sich mit den Händen von einer Mauer der Umfriedung zur anderen hangelte, ging er auf die nächste Straße hinaus und schleppte sich zum Stadttor. Als er nach der Ursache seiner Blindheit gefragt wurde, erzählte er nicht, wie es in Wirklichkeit gewesen war. Aber nach einer Weile erzählte er einem Freund doch alles, was sich mit ihm begeben hatte. Seither bat er um Almosen und fand so sein Auskommen. Und er sprach oft zu sich selbst: „Verflucht soll mein Rachen[???] sein, denn deswegen erfasste mich die Blindheit!“.

Er erinnerte sich ebenfalls an den heiligen Andreas und staunte, wie sich alles entsprechend der Vorausschau und Vorhersage durch den Heiligen erfüllt hatte.

Einmal, als der hl. Andreas durch die Stadt ging, sah er, dass man ihm einen Entschlafenen entgegentrug. Der Verstorbene war ein sehr reicher Mann gewesen, und hinter seinem Sarg ging eine große Menge Volkes mit Kerzen und Weihrauchfässern. Die Geistlichen und der Chor sangen die üblichen Beerdigungsgesänge, und die Verwandten und Nahestehenden des Entschlafenen weinten und klagten. Da der Heilige mit seinen hellsehenden Augen sah, was sich mit diesem Toten begeben hatte, blieb er stehen und beobachtete. Und siehe, nachdem er eine lange Weile in vollkommener Sinnesabwesenheit verharrt hatte, sah er mit den geistigen Augen eine Menge Äthiopier, die hinter dem Sarg gingen und laut schrien: „Wehe ihm, wehe ihm!“

Die einen von ihnen hielten in ihren Händen Säcke, aus denen sie Asche auf die Leute streuten, die den Toten umgaben. Andere Dämonen tanzten und lachten schamlos wie schamlose Ehebrecherinnen, wieder Andere bellten wie Hunde, und noch Andere grunzten wie Schweine. Der Tote war für sie ein Gegenstand der Freude und Fröhlichkeit. Einige der Dämonen umkreisten den Toten und besprengten ihn mit stinkendem Wasser, andere flogen in der Luft neben der Bahre, auf der der Tote lag. Vom Leichnam des verstorbenen Sünders ging ein stickiger Geruch aus. Hinter dem Toten hergehend klatschten die Dämonen und brachten mit den Füßen ein entsetzliches Getrampel hervor, während sie gegen die Singenden schimpften: „Möge Gott niemandem von euch das Licht zu sehen geben, ihr verhassten Christen, denn ihr singt über einem Aas: ‚Mit den Heiligen lass ruhen seine Seele‘, und dabei nennt ihr ihn, der Teilhaber eines jeglichen Bösen war, einen Knecht Gottes.“

Nachdem Andreas ein zweites Mal hinblickte, sah er, dass einer der dämonischen Fürsten mit glühendem Blick, Harz und Schwefel zum Grab dieses Verstoßenen trat, um seinen Körper zu verbrennen. Als aber die Feier des Begräbnisses vollzogen wurde, sah der hl. Andreas einen Engel, der die Gestalt eines schönen Jünglings hatte und bittere Tränen vergoss. Vorbeigehend kam der Engel in die Nähe des hl. Andreas. Letzterer dachte, dass dieser Jüngling einer der Angehörigen des Verstorbenen sei und deswegen weine, und trat zu ihm und sagte: „Ich bitte dich im Namen des Gottes des Himmels und der Erde: Sage mir, was die Ursache deines Weinens ist. Denn ich sah niemals jemanden so bitter über einen Verstorbenen weinen wie dich.“

Der Engel antwortete: „Warum ich Tränen vergieße: Ich war diesem Entschlafenen, den du siehst, zum Schutz beigestellt, als man ihn ins Grab trug. Aber der Teufel nahm ihn zu sich. Das ist die Ursache meines Weinens und meiner Trauer.“

Darauf sagte der Heilige zu ihm: „Jetzt habe ich verstanden, wer du bist. Ich bitte dich, heiliger Engel, erzähle mir, was für Sünden der Verstorbene hatte, wegen denen der Teufel ihn in seine Hände bekam?“

„Andreas, du Auserwählter Gottes!“ antwortete der Engel. „Weil du wünschst, davon zu erfahren, werde ich dir alles erzählen. Ich sehe die Schönheit deiner heiligen Seele, die ähnlich glänzt wie reines Gold. Bei deinem Anblick wurde ich etwas in meinem Kummer getröstet. Dieser Mann stand in großem Ansehen beim Kaiser. Aber er war ein schrecklicher Sünder und führte ein verbrecherisches Leben. Er war ein Buhler und Ehebrecher, angesteckt von der sodomitischen Sünde, ein Lügner, unbarmherzig, geldgierig, ein Betrüger und Menschenhasser, nachtragend, bestechlich und ein Eidbrecher. Sein Gesinde quälte er mit Hunger, Schlägen und Mangel an Kleidung zu Tode, indem er sie im Winter ohne Schuhe und Kleider beließ. Viele seiner Knechte ermordete er sogar und vergrub sie unter dem Boden des Pferdestalls. Besessen von einer gotteslästerlichen Lust befleckte und schändete er bis zu dreihundert Seelen durch scheußliche und ekelhafte Sünden des Ehebruchs. Doch auch für ihn kam die Zeit der Ernte, und der Tod traf ihn, ohne dass er hätte bereuen können, mit unausgesprochenen Sünden. Seine Seele nahmen die Dämonen, seinen ekelhaften Leib aber – du sahst es selbst – begleiten die bösen Geister mit Spott. Das ist es, heilige Seele, warum ich trauere. Ich weine in tiefer Trauer, denn der von mir bewachte wurde nun zum Gespött der Dämonen.“

Auf diese Worte des Engels sagte der Heilige: „Ich bitte dich, oh Freund, lass dein Weinen: Der Verstorbene handelte schlecht, und deswegen endete er ohne Reue und Umkehr. Soll er sich nun also an den Früchten seiner Werke sättigen. Du aber, Flammengestaltiger, der du von jeglicher Tugend erfüllt bist, wirst als Diener des Allherrschenden Herrn Zebaoth von jetzt in alle Ewigkeit unter der Gnade Deines Gottes sein.“

Nach diesen Worten entfernte sich der Engel unsichtbar von Andreas. Die Vorbeiziehenden konnten wegen ihrer Unwürdigkeit den Engel nicht sehen und dachten, dass der Heilige mit sich selber spräche, und so sagten sie zueinander: „Schaut diesen Narren an, wie er sinnlos mit einer Wand spricht.“

Dabei stießen sie ihn weg und sagten: „Was fehlt dir, Narr? Da du unwürdig bist, mit Menschen zu sprechen, sprichst du mit einer Wand?!“

Der Heilige ging schweigend fort, zog sich an einen geheimen Ort zurück und weinte über den Untergang des Unglücklichen, der zu Grabe getragen wurde.

Einmal stand der heilige Andreas in einer Menge Leute auf dem Basar neben der Säule, die Kaiser Konstantin errichtet hatte. (Hier ist offensichtlich die purpurne, römische Säule gemeint, die von Konstantin d. Großen zum dankendem Andenken an den Sieg, der durch die Kraft des Kreuzes Christi über Maxentius errungen worden war, und von ihm später nach Konstantinopel gebracht worden war.) Eine gewisse Frau mit Namen Barbara sah, da sie vom Heiligen Geist erleuchtet wurde, mit Schrecken den seligen Andreas in der Menge glänzen ähnlich einer brennenden Säule. Dabei stießen ihn einige Unvernünftige, andere wiederum schlugen ihn, viele aber sprachen, als sie ihn sahen: „Dieser Mensch ist geisteskrank; er hat den Verstand verloren. Möge dieses selbst mit unseren Feinden nicht geschehen!“

Die Dämonen aber, die hinter dem heiligen Andreas in Gestalt schwarzer Äthiopier gingen, sagten: „O dass Gott nicht noch einen zweiten diesem Ähnlichen auf die Erde schicke. Denn niemand dörrt unsere Herzen so sehr aus wie dieser Mensch, der für seinen Herrn nicht arbeiten wollte und sich als Narr verstellte und die ganze Welt verlachte.“

Jene Frau sah auch, dass die Äthiopier diejenigen, die den Heiligen schlugen, kennzeichneten und untereinander sprachen: „Uns ist es angenehm, dass sie ihn ohne Verstand schlagen, denn für die Peinigung eines unschuldigen Gottgefälligen werden sie ihrer Todesstunde verurteilt werden, und es wird für sie keine Rettung geben“.

Als der Selige dies hörte, warf er sich gemäß der Eingebung des Göttlichen Geistes auf sie wie eine Flamme und vernichtete mit wunderbarer Kraft die Zeichen der Dämonen und sprach gegen sie zürnend: „Ihr dürft nicht die mich Schlagenden kennzeichnen, denn ich bete zu meinem Gebieter, dass Er ihnen die mir beigebrachten Schläge nicht als Sünde anrechne. Sie tun dieses aus Unwissenheit, und wegen ihrer Unwissenheit werden sie Vergebung erlangen.“

Als der Heilige dies sprach, öffnete sich plötzlich der Himmel ähnlich einem Tor, und es senkte sich von dort eine Menge von Schwalben auf den Heiligen und in ihrer Mitte eine große weißgefiederte Taube, die in ihrem Schnabel einen goldenen Ölbaumzweig hielt. Und die Taube sprach zum Heiligen mit menschlicher Stimme: „Nimm diesen Zweig. Der Allherrscher sendet ihn dir zum Zeichen seines Wohlgefallens, denn du hast Mitleid und verzeihst denen, die dir Schläge zufügen, und betest für sie, damit ihnen dies nicht als Sünde angerechnet werde.“

Mit diesen Worten ließ sich die Taube auf dem Haupt des Heiligen nieder. Eine fromme Frau sah dies alles und wunderte sich sehr; und nachdem sie wieder zu sich gekommen war, sprach sie: „Wie viele Leuchten hat Gott auf der Erde, und niemand erkennt sie“.

Viele Male nahm sich die Frau vor, über das Gesehene Anderen zu berichten, aber die Kraft Gottes hinderte sie daran. In der Folge begegnete ihr der hl. Andreas und sprach zu ihr: „Bewahre mein Geheimnis, Barbara, und das, was du sahst; erzähle es niemandem, solange bis ich zum Haus Gottes schreite.“ (Vgl. Ps. 42,5)

„Ehrwürdige Leuchte und Heiliger Gottes“, antwortete Barbara, „auch wenn ich meine Vision jemandem hätte berichten wollen, so vermochte ich es nicht, denn die unsichtbare Kraft Gottes hinderte mich.“

Bei seinen Streifzügen durch die Stadt begegnete der hl. Andreas einmal einem gewissen Fürsten, und da er dessen Lebenswandel hellsichtig erkannte, spuckte er auf ihn mit den Worten: „Du übler Wüstling, du Lästerer der Kirche, du gibst vor, in die Kirche zu gehen; du sprichst: ‚Ich gehe zum Morgenamt‘, aber in Wirklichkeit gehst du zum Satan, um abscheuliche Taten zu treiben. Oh, du Verbrecher, der du in der Mitte der Nacht aufstehst und Gott erzürnst! Schon ist die Zeit gekommen, dass du gemäß deinen Taten empfängst; meinst du, du könntest dich vor dem schrecklichen, alles sehenden und alles prüfenden Auge Gottes verbergen?“.

Als er dieses hörte, schlug der Fürst auf das Pferd ein und eilte davon, um nicht weiter bloßgestellt zu werden. Nach Verlauf einiger Tage erkrankte er schwer und begann auszutrocknen. Seine Angehörigen trugen ihn von einer Kirche in die andere und von einem Arzt zum Anderen, aber all das half nicht. Bald schied dieser Ausgestoßene dahin, zur ewigen Qual. In einer Nacht sah der Heilige neben dem Hause dieses Fürsten einen von Westen kommenden Engel des Herrn. Der Engel hatte die Gestalt einer Feuerflamme und erhob einen großen, flammenden Finger. Als der Engel zu dem Kranken hintrat, hörte er eine Stimme von oben: „Schlage diesen Lästerer, diesen verworfenen Sodomiten, und sprich dabei zu ihm: ‚Begehrst du weiter, Sünden zu begehen und andere Menschen zu verderben? Wirst du zu einem teuflischen Verbrechen gehen, während du vorgibst zum Morgengottesdienst zu gehen?‘“ Der Engel begann, wie ihm aufgetragen. Dabei waren die Stimme des Engels und seine Schläge zu hören, der Engel selbst aber war unsichtbar. In solchen Qualen gab dieser Mensch den Geist auf.

Als der Hl Andreas einmal auf den Markt kam, begegnete er einem Mönch, den alle wegen seines tugendhaften Lebens lobten. Er führte wirklich ein asketisches Leben, wie es den Mönchen gebührt, aber er war allzu sehr dem Gelde zugeneigt. Viele Einwohner der Stadt beichteten ihm ihre Sünden und gaben ihm viel Gold zur Verteilung an die Armen. Er aber gab es, da er dies unersättlichen Leidenschaft der Geldliebe unterworfen war, niemandem, sondern steckte alles in die eigene Tasche und erfreute sich am Anblick der Vermehrung des Geldes. Als der selige Andreas einmal die gleiche Straße wie dieser bedauernswerte Mönch ging, sah er mit hellsehenden Augen, dass ein schrecklicher Drache diesen Geldsüchtigen umschlang. Er näherte sich dem Mönch, um diesen Drachen zu betrachten. Der Mönch aber, der Andreas für einen der Armen hielt, die um Almosen bettelten, sagte zu ihm: „Gott wird sich deiner erbarmen, Bruder. Ich habe nichts, um es dir zu geben.“

Als der Heilige ein Stückchen von ihm fortgegangen war, bemerkte der Heilige, dass um ihn herum über einem Drachen in der Luft mit dunklen Buchstaben geschrieben war: „Die Wurzel jedes Vergehens ist der Drache der Geldliebe.“

Als der Heilige aber nach hinten blickte, bemerkte er zwei untereinander streitende Jünglinge - einer von ihnen war schwarz und hatte dunkle Augen, das war ein Dämon, der andere aber, ein Engel Gottes, war weiß wie himmlisches Licht. Der Schwarze sprach: „Der Mönch ist mein, denn er erfüllt meinen Willen. Er ist unbarmherzig und geldgierig. Er hat nicht Teil an Gott und arbeitet für mich als Götzendiener.“

„Nein, er ist mein“, entgegnete der Engel, „denn er fastet und betet und ist dabei sanft und demütig.“

So stritten sie, und es gab zwischen ihnen keine Einigung. Und vom Himmel kam eine Stimme zu dem lichttragenden Engel: „Nein, du hast keinen Teil an diesem Mönch; lass ihn, denn er dient nicht Gott, sondern dem Mammon.“

Danach verschwand der Engel des Herrn, und der Geist der Finsternis übernahm die Führung. Der selige Andreas wunderte sich, dass der feindliche Dämon im Streit den lichten Engel überwunden hatte. Als er ein andermal auf der Straße diesem Mönch begegnete, nahm der Heilige dessen rechte Hand und sagte: „Diener Gottes, höre mich, deinen Diener, ohne Zorn an. Und nimm meine armseligen Worte an, denn deinetwegen traf mich große Trübsal, und ich kann es nicht weiter ertragen, dass du, der du zuerst ein Gottesfreund warst, nun ein Knecht und Freund des Teufels geworden bist. Du hattest Flügel wie die Seraphim; warum übergabst du dich bloß dem Satan, auf dass dieser sie bis zum Ansatz zurückstutze? Du hattest ein wie ein Blitz hell glänzendes Antlitz; warum verdunkeltest du es? Weh mir! Dein Gesicht war wie eines von vielen Augen; nun aber hat der Drache dich ganz blind gemacht. Du warst ein Sonne, aber bist untergegangen in eine finstere und unheilvolle Nacht. Warum, Bruder, hast du deine Seele in den Ruin getrieben, warum hast du dich angefreundet mit dem Dämon der Geldliebe und zugelassen, dass sie bei dir bleibt? Warum sammelst du Gold? Wirst du etwa mit ihm begraben werden? Nach deinem Tod wird es ja doch Anderen zukommen. Willst du denn, dass dich der Geiz in den Ruin treibt? Zur gleichen Zeit, wo Andere an Hunger, Kälte und Durst sterben, erfreust du dich am Anblick des Überflusses von Gold. Sind solcherart die Wege zu Buße und Reue? Ist solcherart die Regel der Mönche, die befiehlt, das eitle Leben geringzuschätzen? Hast du so der Welt und allem in ihr abgesagt? Bist du etwa so der Welt und all ihrer Eitelkeit entgangen? Hast du denn nicht den Herrn gehört, der spricht: ‚Ihr sollt nicht Gold noch Silber … auch nicht zwie Mäntel ... haben‘? (Matth. 10,9) Warum hast du denn diese Gebote vergessen? Siehe, jetzt oder morgen wird unser Leben enden, ‚aber das, was du bereitet hast, wem wird es gehören?‘ (Lk 12,20) Weißt du nicht, dass der dich beschützende Engel sich unter Tränen weit von dir entfernt hat? Der Teufel dagegen steht neben dir, und um deinen Hals windet sich der Drache der Geldliebe; du aber bemerkst ihn nicht. Ich sage dir die Wahrheit: Als ich vorüberging, hörte ich den Herrn, der sich von dir lossagte. Ich flehe dich an: Verteile deinen Besitz an die Bettler, Waisen, Witwen, Armen und Fremden, die keinen Platz haben, ihr Haupt niederzulegen. Mühe dich und versuche, wieder ein Freund Gottes zu werden. Wenn du nicht auf mich hörst, wirst du eines schlimmen Todes sterben. Im Namen Jesu Christi bezeuge ich, dass du sogleich den Teufel erblicken wirst.“

Nach diesem fügte er hinzu: „Siehst du ihn?“ Und es öffneten sich die geistigen Augen des Mönches und er sah den Teufel – schwarz wie ein Äthiopier – in Gestalt eines wilden Tieres mit einem schrecklichen Rachen. Aber er stand fern und wagte in Gegenwart von Andreas nicht, sich zu nähern. Da sprach der Mönch zum Heiligen: „Knecht Gottes, ich sehe ihn, und eine schreckliche Angst umfängt mich. Sage mir, was ist zur Rettung meiner Seele nötig?“

Andreas wiederum sprach zu ihm: „Glaube mir: wenn du nicht auf mich hörst, schicke ich ihn auf dich, damit er dich quäle und damit nicht nur diese Bürger von deiner Schändlichkeit hören, sondern auch die ganze Welt. Hüte dich also und erfülle, was ich dir sage.“

Nachdem der Mönch das hörte, fürchtete er sich sehr und versprach, alles zu erfüllen, was ihm der Heilige auftragen hatte. Und sogleich sah Andreas, dass von Osten ein gewaltiger Geist in Gestalt eines Blitzes kam, den Drachen berührte und seine Kraft vernichtete. Der Drache, der nicht imstande war, dies zu ertragen, verwandelte sich in einen Raben und verschwand. Ebenso ging auch der schwarze Äthiopier zugrunde, und der Engel Gottes erhielt wieder die Macht über jenen Mönch. Sich von dem Mönch trennend gebot ihm der Selige: „Sieh zu, dass du nichts über mich erzählst; ich aber werde deiner in meinen Gebeten Tag und Nacht gedenken, auf dass der Herr Jesus Christus dich auf den guten Weg lenke.“ Der Mönch ging hin und verteilte all sein Gold an die Bettler und wurde in der Folge von Gott und den Menschen noch mehr verherrlicht. Viele brachten ihm Gold, damit er es an die Armen weitergebe. Aber er gebot den Spendern, es mit eigenen Händen zu verteilen, indem er sprach: „Welchen Nutzen habe ich davon, mich um fremden Unrat zu kümmern?“

Zu dieser Zeit, als er so lebte, wie es einem Mönch gebührt, erschien ihm in einem Gesicht der heilige Andreas mit freudigem Antlitz, zeigte ihm auf einem Feld einen hellen Baum, der die Blüte einer süßen Frucht trug, und sagte: „Danke Gott, Vater, dafür, dass Er dich dem Schlund des Drachen entriss und deine Seele einem blütentragendem Baum gleich machte. Bemühe dich also, diese Blüte zu einer süßen Frucht werden zu lassen. Dieser prächtige Baum, den du siehst, ist ein Abbild deiner Seele.“

Als er wieder zu sich gekommen war, erstarkte der Mönch noch mehr im geistlichen Tun und dankte immerzu Gott und dessen wohlgefälligen Andreas, der ihn auf den Weg der Rettung geführt hatte.

Der hl. Andreas war Gott so wohlgefällig und der Herr hatte ihn so lieb, dass er einmal ähnlich dem Apostel Paulus „bis zum dritten Himmel“ (2.Kor 12,2) emporgehoben wurde, dort unaussprechliche Worte hörte und die für einen Sterblichen nicht schaubare Schönheit des Paradieses betrachten durfte. Darüber berichtete er selbst vor seinem Ende seinem treuen Freund Nikephorus.

Einmal war ein besonders strenger Winter, und in Konstantinopel herrschte zwei ganze Wochen lang starker Frost. Alle Häuser waren mit Schneewehen bedeckt. Von dem Frost brachen die Bäume, und Vögel fielen tot auf die Erde, da sie keine Nahrung fanden. Da befanden sich alle Bettler und Armen in großer Betrübnis und Not; seufzend, weinend und zitternd vor Kälte starben sie an Entbehrung, Hunger und Kälte. Auch der selige Andreas, der keine Zufluchtsstätte und keine Kleidung hatte, hatte große Betrübnis. Als er in dem Wunsch, sich wenn auch nur für einige Zeit unter einem Dach zu bergen, zu einigen anderen Armen ging, verjagten diese ihn mit Stöcken wie einen Hund und riefen: „Verschwinde nur von hier, du Hund!“

Da er nun keine Zuflucht vor der eingetretenen Not hatte und am Leben selbst verzweifelte, sagte er zu sich selbst: „Gelobt ist der Herr Gott! Wenn ich an dieser Kälte sterbe, dann mag ich aus Liebe zu Ihm sterben, aber Gott hat die Macht, mir auch die Geduld zu geben, diese Kälte zu ertragen.“

Als der Heilige in eine Seitengasse hineingegangen war, sah er einen dort liegenden Hund, und in dem Wunsch, sich an ihm zu wärmen, legte er sich neben ihn. Aber als der Hund ihn erblickte, stand er auf und lief weg. Und Andreas sprach zu sich selbst: „Oh wie sündig bist du, Elender. Nicht nur die Menschen, sondern auch die Hunde verachten dich!“

Als er so da lag, zitternd von der schlimmen Kälte und dem Wind, sein Körper aber fror und blau wurde, dachte er, dass sein letztes Stündlein gekommen sei, und begann zu beten, auf dass der Herr seine Seele mit Frieden aufnehme. Und siehe, plötzlich spürte er in sich eine innere Wärme, und nachdem er die Augen geöffnet hatte, sah er einen wunderschönen Jüngling, dessen Angesicht leuchtete wie die Sonne. Er hielt in der Hand einen Zweig, der mit verschiedenen Blüten bedeckt war. Auf Andreas blickend sagte der Jüngling: „Andreas, wo bist du?“

Andreas antwortete: „Jetzt befinde ich mich ‚in Finsternis und im Schatten des Todes‘.“ (Ps. 87,7) Andreas atmete den Duft der Blüten ein. Er drang in sein Herz, erwärmte und belebte seinen ganzen Körper. Hierauf folgend hörte er eine Stimme, die sprach: „Führt ihn, damit er sich hier eine Zeitlang ausruhe; später aber wird er wieder zurückkehren.“

Bei diesen Worten kam ein süßer Traum über ihn, und er sah unaussprechliche Offenbarungen Gottes, von welchen er dem oben erwähnten Nikephorus mit folgenden Worten ausführlich berichtete: „Was mit mir war, weiß ich nicht. Gemäß einem Göttlichem Ratschluss hatte ich zwei Wochen lang eine wonnevolle Vision ähnlich einem Menschen, der, nachdem er die Nacht süß durchgeschlafen hat, am Morgen erwacht. Ich sah mich im überaus schönen und wunderbaren Paradies, und mich darüber in der Seele verwundernd überlegte ich: ‚Was bedeutet dies? Ich weiß, dass ich in Konstantinopel lebe, aber wie ich hierher geraten bin, das weiß ich nicht.‘ Und ich verstand nicht, ob ich ‚im Leibe war oder außerhalb des Leibes, Gott weiß es‘ (2. Kor 12,2) Doch ich sah mich gekleidet in ein lichtes, gleichsam aus Blitzen gewebtes Gewand; auf meinem Haupt lag ein Kranz, der aus vielen Blumen geflochten war; ich war umgürtet mit einem königlichen Gürtel und freute mich überaus an dem Anblick dieser Schönheit. In Geist und Herz bewunderte ich den die Pracht von Gottes Paradies und erquickte mich beim Lustwandeln darin. Dort befanden sich viele Gärten, bestanden von hohen Bäumen, deren Gipfel sich bewegten und meine Augen erfreuten, und von deren Blättern ein großer Wohlgeruch ausging. Einige der Bäume blühten unaufhörlich, andere waren mit golden glänzenden Blättern geschmückt; wieder andere hatten Früchte von unbeschreiblicher Schönheit. Diese Bäume waren in ihrer Schönheit nicht zu vergleichen mit irgendeinem irdischen Baum, denn sie waren nicht von der Hand eines Menschen, sondern von Gottes Hand gepflanzt worden. In diesen Gärten waren unzählige Vögel mit goldenen, schneeweißen und bunten Flügeln. Sie saßen auf den Zweigen der Paradiesbäume und sangen so wunderschön, dass ich bei dem Wohlklang ihrer Gesänge mich selbst vergaß. So sehr wurde mein Herz erquickt, und ich dachte, dass ihr Gesang bis in die höchste Himmelshöhe hörbar sein müsste. Diese herrlichen Gärten standen in Reihen nebeneinander, ähnlich wie ein Regiment gegenüber dem anderen steht. Als ich mit Herzensfreude zwischen ihnen ging, sah ich einen großen Fluss, der mitten durch das Paradies führte und diese wunderbaren Gärten bewässerte. Auf beiden Ufern des Flusses war ein Weinberg, dessen Reben mit Blättern und goldglänzenden Trauben geschmückt waren. Dort wehten von allen vier Himmelsrichtungen leise und wohlduftende Winde, welche die Gärten in Bewegung hielten und mit ihren Blättern ein wundersames Rauschen hervorbrachten. Dann befiel mich ein gewisser Schrecken, und mir schien, dass ich auf der Höhe einer himmlischen Feste stünde und vor mir ein Jüngling ginge mit einem wie die Sonne leuchtendem Gesicht, der in Purpur gekleidet war. Ich überlegte, ob dies jener wäre, der mir mit dem blühenden Zweig ins Gesicht geschlagen hatte. Als ich seinen Schritten folgte, erblickte ich ein großes und herrliches Kreuz, vom Aussehen einem Regenbogen ähnlich Um es herum standen feurig wie eine Flamme leuchtende Sänger und sangen süß klingende Lieder, den Herrn verherrlichend, der einst gekreuzigt worden war. Der vor mir gehende Jüngling ging zum Kreuz hin, küsste es und gab auch mir ein Zeichen, auf dass auch ich das Kreuz küsse. Vor dem heiligen Kreuz mit Furcht und großer Freude niederknieend, küsste ich es von Herzen. Da wurde ich von unaussprechlicher geistiger Freude erfüllt und vernahm einen Wohlgeruch, der stärker war als der des Paradieses. Als ich am Kreuz vorbeiging, blickte ich nach unten und erblickte unter mir gleichsam eine Meerestiefe. Mir schien, als schwebte ich in der Luft. Erschrocken schrie ich zu meinem Wegführer: „Herr, ich fürchte, in die Tiefe zu fallen.“

Er wandte sich zu mir um und sagte: „Fürchte nichts; denn es ist für uns unumgänglich, noch höher zu steigen.“

Und er reichte mir die Hand. Als ich sie ergriff, befanden wir uns schon oberhalb des zweiten Himmels. Dort sah ich wundersame Männer in ihrem Seelenfrieden und die in menschlicher Sprache nicht wiederzugebende Freude ihres Festes. Danach gingen wir in eine Art wunderbare Flamme hinein, die uns nicht verbrannte, sondern nur erleuchtete. Ich geriet in Schrecken und wiederum wandte sich mein Wegführer um, gab mir die Hand und sagte: „Uns gebührt, noch höher zu steigen.“

Nach diesen Worten erhoben wir uns über den dritten Himmel, wo ich eine Menge von der himmlischen Gewalten sah und hörte, die Gott besangen und verherrlichten. Wir traten zu einem wie ein Blitz leuchtendem Vorhang, vor dem große und schreckliche Jünglinge standen, deren Gestalt Feuerflammen ähnelte: Ihr Gesicht leuchtete heller als die Sonne und in ihren Händen war eine feurige Waffe. Mit Furcht stand ich dabei und sah eine unzählige Menge himmlischer Heerscharen. Und der mich führende Jüngling sagte: „Wenn sich der Vorhang öffnet, wirst du den Gebieter Christus erblicken. Verneige dich vor dem Thron Seiner Herrlichkeit.“ Dies vernehmend freute ich mich und zitterte, denn mich umfing Schrecken und eine unaussprechliche Freude. Ich stand und beobachtete – darauf wartend, dass sich der Vorhang öffne. Dann öffnete eine feurige Hand den Vorhang und – ähnlich dem Propheten Jesajas – sah ich meinen Herrn ‚sitzend auf einem hohen und erhabenen Thron und Seraphim standen um ihn herum‘ (Jes 6,1-2). Er war in purpurne Gewänder gekleidet. Sein Gesicht war hell und Seine Augen blickten mit Liebe auf mich. Dies erblickend fiel ich vor Ihm nieder, mich verneigend vor dem überhellen und schrecklichen Thron Seiner Herrlichkeit. Welche Freude mich umfing bei der Schau Seines Angesichts, ist mit Worten nicht auszudrücken. Selbst jetzt, in der Erinnerung an diese Anblick, werde ich von unaussprechlicher Freude erfüllt. Bebend lag ich vor meinem Gebieter, mich über Seine so große Barmherzigkeit wundernd, dass Er mir Frevelhaftem und Sündigem gestattete, vor Ihm zu stehen und Seine Göttliche Schönheit zu betrachten. Da ich an meine Unwürdigkeit dachte und die Größe meines Gebieters betrachtete, wurde ich gerührt und wiederholte die Worte des Propheten Jesajas: ‚Oh, ich Elender! Wie werde ich, der ich ein Mensch bin und unreine Lippen habe, gewürdigt, meinen Herrn mit meinen Augen zu sehen‘ (Jes 6,5) und ich hörte meinen allbarmherzigen Schöpfer, Der mir mit Seinem allsüßen und allreinen Mund drei Göttliche Worte sagte, die mein Herz erquickten und es mit Liebe erwärmten, so dass ich von der geistlichen Wärme ganz schmolz wie Wachs und sich an mir das Wort Davids erfüllte: ‚Es ward mein Herz wie Wachs, das mitten in meinem Leib zerschmolz‘ (Ps 21,16).

Hiernach sang das ganze himmlisches Heer ein wunderbares und unaussprechliches Lied, und danach, ich verstehe selbst nicht wie, fand ich mich wieder gehend durch das Paradies. Und ich dachte, dass ich die Allreine Herrin, die Gottesgebärerin nicht gesehen hatte. Und siehe da, ich erblickte einen Mann, weiß wie eine Wolke, der ein Kreuz trug und sprach: „Die Alllichte Königin der himmlischen Mächte wolltest du hier sehen? Aber sie ist nicht hier. Sie entfernte sich in die vielleidende Welt, um den Menschen zu helfen und die Betrübten zu trösten. Ich hätte dir ihren heiligen Ort gezeigt; aber jetzt ist keine Zeit, denn du sollst wieder dorthin zurückkehren, woher du kamst: So befiehlt dir der Gebieter.“

Als er dieses sprach, schien mir, als wäre ich leicht eingeschlafen. Als ich dann erwachte, befand ich mich an dem selben Ort, wo ich vorher gewesen war und in der Ecke lag. Und ich staunte darüber, wo ich während der Vision gewesen war und darüber, dass ich zu schauen gewürdigt worden war. Mein Herz war von unaussprechlicher Freude erfüllt und ich dankte meinem Gebieter, der mir eine solche Gnade erwiesen hatte.“

Diese Erscheinung berichtete der hl. Andreas vor seinem irdischen Ende seinem Freund Nikephoros und ließ ihn schwören, hierüber niemandem zu erzählen, bevor er nicht von der Fessel des Leibes gelöst sei. Nikephoros bat den Heiligen eindringlich, ihm wenigstens eines der drei Wörter mitzuteilen, die der Herr zu ihm gesprochen hatte. Aber der Heilige wollte ihm dies nicht eröffnen. So sah der hl. Andreas, ähnlich dem Apostel Paulus entrückt, das, was kein vergängliches Auge sah; er hörte das, was kein sterbliches Ohr hörte, und labte sich an der Offenbarung solcher himmlischer Schönheit, die sich kein menschliches Herz vorgestellt hatte (1.Kor. 2,9). Aber da er bei der Offenbarung der himmlischen Geheimnisse die Allreine Gottesmutter nicht gesehen hatte, wurde er gewürdigt, Sie auf der Erde in einer Erscheinung in der Kirche von Vlacherna zu sehen, als Sie, die gekommen war, um den Menschen zu helfen, zusammen mit Propheten, Aposteln und Engelsscharen in der Luft erschien, indem sie für die Menschen betete und sie mit Ihrem ehrbaren Omophorion bedeckte. Als er Sie sah, sagte der Selige zu seinem Schüler Epiphanios: „Siehst du die betende Königin und Herrin aller?“

Epiphanios antwortete: „Ich sehe sie, Heiliger Vater, und erschaudere.“

Während seines wunderbaren Lebenslaufes wirkte der hl. Andreas viele Wunder und erduldete viele Beschimpfung und Schläge, wie in einem gesonderten von Nikephoros geschriebenen Buch seiner Lebensgeschichte beschrieben ist.

Übersetzung aus den Heiligenleben d. hl. Demetrios v. Rostov Stefan v. Wachter

Quelle: Dieser Text stammt aus: "Orthodoxe Heiligenleben", Vorabdruck im Internet]. Mit freundlicher Genehmigung der Rechteinhaber.

Gebete

Troparion (1. Ton)

Dein Knecht Andreas hörte des Apostels Wort, das da sagt: Toren sind wir um Christi willen. Und zum Toren ward er hier auf Erden um deinetwillen, Christus, o Gott, so bitten wir dich, jetzt, o Herr, die wir sein Gedächtnis begehen, du wollest uns erretten.

Kondakion (4. Ton)

Nachdem du dich freiwillig in einen Toren gewandelt hattest, hast du die Schönheiten dieser Welt gänzlich gehasst; fleischliches Sinnen ließest du dahinwelken durch Fasten und Durst und Hitze und die Kälte des Frostes; indem du dich dem Regen, dem Schnee und den übrigen Beschwernissen der Witterung niemals entzogest, reinigtest du dich selbst wie Gold im Schmelztiegel, o seliger Andreas.