Prokopios von Ustjug
Gedächtnis: 8. Juli
Der hl. Prokopios war ein deutscher Kaufmann aus Lübeck, der zu Nowgorod (Russland) Handel trieb. Von russischen Kaufleuten erfuhr er vom orthodoxen Glauben und vom russischen Norden, und das veränderte sein Leben von Grund auf. Er verließ seine Heimat, zog nach Welikij Nowgorod, nahm die Orthodoxie an, verteilte sein Vermögen und trat als Mönch in das Kloster des ehrw. Warlaam von Chutin ein, von wo er sich in die Stadt Ustjug begab. Dort, weit weg von allen Versuchungen, mitten in der rauen nördlichen Natur, seinen wahren geistigen Weg zu finden.
Viele Jahre lang lebte Prokopios als Narr in Christo: Er ging in Ketten herum, trug auch bei Frost alte und zerschlissene Kleidung, plagte sich mit Fasten und nahm alle Spöttereien und Beleidigungen sanftmütig hin, um mit seiner grenzenlosen Demut den übermäßigen Stolz der im Dunkeln umherwandelnden Menschen wenigstens ein bisschen abzubüßen. Von Mitleidigen Almosen empfangend, verteilte er das Empfangene unter die Armen und nahm dabei nichts von solchen, die ihren Reichtum auf unrechte Weise erworben hatten, da er die Gabe besaß, Verborgenes zu wissen.
Auf einmal begann der sonst ruhige und schweigsame Prokopios aber, emotionale Predigten zu halten und die Menschen zur Buße aufzurufen. Die Ustjuger wollten jedoch nicht auf den aufdringlichen Narren in Christo hören: Es bliebe ja keine Zeit für eine Buße im kurzen nordischen Sommer! Das Unheil kam unerwartet: An einem heißen und windstillen Julitag zog über Ustjug eine riesige schwarze Wolke auf. Die Ustjuger rechneten mit einem Gewitter oder mit einem Regenschauer, aber es kam kein Regen. Im Gegenteil, obwohl die Sonne nicht zu sehen war, wurde es immer heißer, und die Menschen fingen an zu ersticken. Aber die glühende Wolke sank immer tiefer, und plötzlich donnerte es in der Stille, als ob Tausende von Steinen in einen Abgrund stürzten. Die Ustjuger hoben ihre Augen und begriffen: Die Wolke war aus Stein. In Panik rannten die Menschen in die Kirchen, und bald waren die Straßen menschenleer. Nur Prokopios suchte keine Zuflucht. Er streckte die Hände zum Himmel aus und begann zu beten. Niemand weiß, wie Prokopios betete; aber innerhalb weniger Stunden wehte schon ein ruhiger kühler Wind, und die Wolke fing langsam an, von der Stadt wegzuziehen. Später erzählten Wanderer, sie hätten nicht weit von Ustjug eine riesige tote Waldfläche gesehen, die von einem glühenden Steinhagel vernichtet worden sei. Dieses Schicksal war eigentlich für die Stadt bestimmt; aber die innigen Gebete des frommen Mannes hatten sie gerettet.
Nach diesem Vorfall begannen die Ustjuger, Prokopios als einen Heiligen zu verehren; dieser aber änderte weder seine Lebensweise noch sein Verhalten. Nach wie vor fastete er und setzte sich der Kälte aus, war fromm und sanftmütig und half den Menschen, so gut er konnte, mit Gebeten und Ratschlägen. Am häufigsten war Prokopios am Suchona-Ufer zu sehen, wo er die vorbeifahrenden Schiffe segnete und für die Erlösung und Wiederkehr unbekannter Wanderer betete.
Kurz vor seinem Ableben wurde dem hl. Prokopios durch einen Engel Gottes sein baldiges Hinscheiden aus diesem Leben offenbart. Eines Nachts verließ er die Kathedralkirche und begab sich zum Kloster der Allerheiligsten Gottesgebärerin und des hl. Erzengels Michael, wo sein Beichtvater Priester Kyprian zelebrierte. Der hl. Prokopios warf sich dort vor dem Altar nieder und dankte Gott mit einem flammenden Gebet für alle Wohltaten, mit denen Er ihn von Jugend an bis zu seinem Hinscheiden bedachte, indem Er ihn aus einem fremden Lande und aus der Irrungen Finsternis zum Lichte der Wahrheit führte. Während dieses kurzen Gebetes ließ er sein ganzes Leben im Geiste an sich vorbeiziehen; schritt dann die Altarstufen wieder hinab und legte sich vor der Kirche des hl. Erzengels Michael am Ende der Brücke mit gekreuzten Armen nieder und verschied. Es war der 8. Juli des Jahres 1303.
In dieser Nacht fiel Schnee vom Himmel, zwei Spannen hoch, und bedeckte die Erde und alle Früchte der Erde, und es gab Kälte, Frost und Sturm; aber trotzdem nahm kein fruchtbringendes Gewächs der Erde Schaden. In Kürze taute der Schnee vor der Hitze der Sonne, und ein segensreicher Wind erhob sich. Beim Morgenamt in der Kathedralkirche wunderten sich die Priester und Kirchendiener, als sie Prokopios nicht erblickten, da der Selige keinen Gottesdienst versäumte. Als sie ihn in der Umgebung der Kirche suchten, fanden sie ihn nicht. Als sie ihn auch in der Liturgie nicht sahen, begannen sie ihn überall zu suchen, drei Tage lang, bis sie ihn unter einer Schneewehe vor der Kirche des hl. Erzengels Michael fanden. Er lag mit dem Antlitz himmelwärts, die Finger der Hände zu Kreuzeszeichen gekrümmt und mit geschlossenen Augen, wie es sich geziemt. Daraufhin hoben sie ihn auf und trugen ihn auf ihren Häuptern in die Kathedralkirche, wo er viele Jahre in der Vorhalle gelebt hatte, und sangen die Aussegnungsgebete für ihn. Danach bestatteten sie den Heiligen an dem Ort, der ihm am liebsten gewesen war, und jenen Stein, auf dem er oft zu sitzen pflegte, legten ihn in sein Grab und schrieben das Jahr und den Monat und den Tag seines Endes darauf.
Dort, wo der Heilige für unbekannte Wanderer betete, bauten die Ustjuger eine Holzkirche, an deren Stelle später die jetzige Kathedrale des heiligen Frommen Prokopios errichtet wurde. Als sich nach vielen Jahren Wunder an seinem Grab ereigneten, wurde über diesem eine Kirche errichtet. Eine Ikone des hl. Propkopios an seinem Grab in Ustjug spendete einmal Myron, was sonst nur von Muttergottesikonen bekannt ist. Der fromme Prokopios ist einer der von den Ustjugern am meisten verehrten Heiligen, ihr Fürsprecher und Schutzpatron. Seine Reliquien befinden sich in der Kathedrale zu Ustjug. (nach © Inge Thomann "Als Feuer vom Himmel fiel...". MDZ, 28.08.2003)
Gebete
Troparion (4. Ton)
Du trugest, erleuchtet durch göttliche Gnade, Gottweiser, unverwandt all deinen Verstand und das Herz aus der eitlen Welt hinüber zum Schöpfer. In Keuschheit und großer Geduld den Glauben unversehrt bewahrend, hast Du des zeitlichen Lebens Lauf gut beendet. Nach dem Tod wurde daher Deines Lebens Glanz offenbar: Unerschöpfliche Quelle der Wunder gießest Du aus über jene, die gläubig Deinem heiligen Grabe zuströmen, allseliger Prokopij, bitte Christus Gott, unsere Seelen zu retten.
Kondakion (4. Ton)
Durch die Narrheit um Christi willen durchquertest Du auf den Händen der Engel ungehindert die Zollstellen zwischen der Erde und dem Himmel, wurdest der Schau des Thrones gewürdigt, und Christus Gott, der König aller, empfing Dich und schenkte Dir heilende Gnade. Durch Deine vielen Wunder und seltsame Zeichen aber erstauntest Du alle in deiner Stadt, Velikij-Ustjug. Da Du Deinem Volk Erbarmen erflehtest, ging aus dem kostbaren Bild der Allheiligen Gottesgebärerin durch Dein Gebet Myron hervor, und den Kranken wurde Heilung zuteil. Daher bitten wir Dich, Wundertäter Prokopij, erflehe von Christus Gott unablässig für unsere Sünden Vergebung.