Berliner Diözese der Russischen Orthodoxen Kirche
Allgemeine Informationen
Die Diözese vereint die Gemeinden der Moskauer Patriarchats in Deutschland. Die Gemeinden der russischen Auslandskirche werden dagegen von Metropolit Mark (Arndt) geleitet und gehören nicht zu dieser Diözese.
Geistliche und administrative Leitung: Erzbischof Tichon von Podolsk
Gründung: 1921.
Sitz des Bischofs: Berlin
Dom: Kathedrale der Heiligen Auferstehung (Berlin)
Anzahl der Gemeinden: 91 (Übersicht siehe [1])
Klöster: Kloster St. Georg der Sieger in Götschendorf.
Geistliche: 69 Priester und 13 Diakone (unter ihnen 12 im Mönchsstand).
Struktur:
- Diözesanrat
- Diözesanabteilungen
- Liturgiekommission
- Bildung/Religionsunterricht/Katechese
- Jugendangelegenheiten
- Frauenangelegenheiten
- Zusammenarbeit mit Kosaken
- Ökumene
- Pilgerbetreuung
- 5 Dekanate
- Nord
- Bayerisch-Hessen
- Süd
- West
- Ost
- 1 Kloster
- Diözesanverwaltung
- Diözesangericht
Webseite: https://rokmp.de/de/
Geschichte der Diözese
Gemeinden der Russisch-orthodoxen Kirche entstanden in Deutschland ab dem 18. Jahrhundert im Zusammenhang mit Besuchen russischer Kaufleute, Diplomaten und Reisender in Deutschland. Die engen familiären Beziehungen zwischen den königlichen Dynastien und der Aristokratie erleichterten diesen Prozess.
Die erste Russisch-orthodoxe Gemeinde in Deutschland entstand zu Beginn des 18. Jahrhunderts. Sie bestand aus russischen Soldaten im Dienste des deutschen Kaisers. Der erste nach Deutschland entsandte russische Priester war Erzpriester Ioann Čudovskij. 1718 wurden in Berlin und in Potsdam, wo die ersten Übersiedler aus Russland lebten, orthodoxe Kapellen gebaut, die allerdings heute nicht mehr erhalten sind.
Unter den ersten russischen Sakralbauten erwähnen Quellen die Hauskirche zur Hl. Großmartyrerin Katharina auf Schloss Gottorp in Kiel, erbaut 1727. Es ist bemerkenswert, dass viele orthodoxe Gotteshäuser in Deutschland als geistlicher Trost für bekannte Persönlichkeiten errichtet wurden, zum Beispiel für russische Prinzessinnen, die adlige Deutsche geheiratet hatten, und deren orthodoxe Bedienstete sowie für russische Reisende. Hierzu zählen die orthodoxen Hofkirchen in Schwerin, Ludwigslust, Weimar, Stuttgart, Karlsruhe und andere. Um sie herum bildeten sich orthodoxe Gemeinden.
Russische Großherzoginnen wurden nach ihrem Tod in speziell dafür errichteten orthodoxen Begräbniskirchen beigesetzt, wenn es die Möglichkeit dazu gab. Nahm sich das erste derartige orthodoxe Gotteshaus Deutschlands in Ludwigslust noch eher bescheiden war, so war die Architektur der späteren Gedenkkirchen in Stuttgart-Rothenberg, Weimar und Wiesbaden von Pracht und Feierlichkeit geprägt. Berühmte Architekten, Bildhauer und Maler aus Deutschland waren an ihrer Errichtung beteiligt. Ikonostasen, Ikonen und liturgisches Gerät kamen in der Regel aus Russland.
Im 19. Jahrhundert entstanden einige Gotteshäuser und Gemeinden in den Zentren russischer Besiedlung, zum Beispiel in Berlin und Dresden. Durch die Bemühungen der orthodoxen Gläubigen und dank einer bedeutenden Spende wurde im Jahr 1874 in der Hauptstadt des Sächsischen Königreichs Dresden dem hl. Simeon Stylites vom wunderbaren Berge eine Steinkirche geweiht und der russischen Reichsmission übergeben. In Berlin wurde ein eigenes freistehendes Kirchengebäude trotz der schon lange bestehenden diplomatischen Beziehungen erst 1938 fertiggestellt.
Das Ende des 19. Jahrhunderts ist eine besonders wichtige Zeit für die Entwicklung der russisch-deutschen Beziehungen und für das Leben der Russischen Kirche in Deutschland. Das erste Gotteshaus aus jener Epoche, das bis heute erhalten ist, war die Kirche zu Ehren des hl. Alexander Newski in Potsdam, für die 1826 in Anwesenheit von König Friedrich Wilhelm III der Grundstein gelegt wurde. Dies ist ein bemerkenswertes architektonisches Denkmal russisch-preußischer Freundschaft. In der Nähe entstand eine ganze Dorfsiedlung von Russen mit echten Holzhütten – Aleksandrowka, deren historisches Erscheinungsbild bis heute erhalten ist.
Das Interesse an Technologie und Maschinenbau, Handel, Philosophie und Kultur sowie die weltberühmten deutschen Kurorte zogen viele wohlhabende russische Staatsbürger nach Deutschland. In Bad Ems, Hamburg, Bad Nauheim, in Kissingen und Baden-Baden entstanden einzigartige russische Kirchen - eine Art geistlicher Oasen, ohne die sich ein orthodoxer Christ das Leben nicht vorstellen kann. Namen prominenter Russen sind mit diesen Kurorten und Zentren der Kultur, Wissenschaft und internationalen Politik verbunden: Vertreter des Zarenhauses der Romanows, Wissenschaftler, Philosophen und Schriftsteller wie Gogol, Annenkov, Zhukovskij, Turgenev, Goncharov, Dostojewski, Glinka, Tolstoi, Tschaikowski und andere waren hier.
Im 19. Jahrhundert entstehen über die bereits genannten Orte hinaus in Remplin, Karlsruhe, Bad Ems, Baden-Baden, Berlin-Tegel, Stuttart, Darmstadt und Bad Nauheim russische Kirchen.
Interessant ist die Entstehungsgeschichte des Tegeler Gotteshauses. 1886 wurde Erzpriester Alexios Maltzew zum Vorsteher der Botschaftskirche zum Hl. Wladimir ernannt. Neben seinen Gottesdienstverpflichtungen half Vater Alexios dabei, auch andere Aspekte des Lebens der russischen Kolonie zu organisieren. Zu diesem Zweck gründete er 1888 die orthodoxe Bruderschaft des heiligen Fürsten Wladimir e.V. Diese Bruderschaft vereinte viele Orthodoxe nicht nur russischer Nationalität. Sie bemühte sich um die umfassende Unterstützung des orthodoxen Glaubens, veröffentlichte eigene Publikationen in russischer und deutscher Sprache, unterhielt eine umfangreiche Bibliothek mit Lesesaal, sammelte Spenden und widmete sich der Gemeinnützigkeit. Das Museum der Bruderschaft umfasste eine große Sammlung von etwa zweitausend Gemälden, Büchern, Büsten und anderen Exponaten religiöser und kulturhistorischer Art. Besonders wertvoll war die Sammlung des Museums zum Leben und Alltag der Altgläubigen Ostpreußens. Die Bruderschaft organisierte auch Bildungsabende mit Wissenschaftlern und Theologen. Die Wohltätigkeit der Bruderschaft erstreckte sich nicht nur auf orthodoxe Christen aller in Deutschland lebenden Nationalitäten, sondern auf alle Bedürftigen unabhängig von ihrer Religion und ihren Ansichten.
Diese orthodoxe Gesellschaft hatte ähnlich wie vergleichbare Organisationen in der Russischen Kirche eigene Werkstätten und Betriebe: Garten-, Tischler- und Schlosserläden, Buchbinderei und Kerzengeschäft. Alle Bedürftigen wurden mit Arbeit versorgt. Die Bruderschaft richtete ihr Hauptaugenmerk auf die Unterstützung der Russisch-orthodoxen Gemeinden in Deutschland, die Hilfe bei der Organisation neuer Pfarreien und den Bau neuer orthodoxer Kirchen.
Die Umsetzung vieler sozialer und gemeinnütziger Pläne von Erzpriester A. Maltzew wurde durch den Bau eines Gemeindezentrums für die russische Kolonie in Berlin unterstützt – das "Kaiser-Alexander-Heim". Mit dem Ende der Zarenherrschaft in Russland wurde dieses Haus dann nur noch "Alexanderheim" genannt. Das schöne und geräumige zweistöckige Herrenhaus wurde am 8. Dezember 1898 von Erzpriester Alexios selbst geweiht.[1]
Alle Gotteshäuser in Deutschland hatten einen Priester, eine eigene Verwaltung und ständige Gemeindemitglieder. Über die Priester hatten die Gemeinden eine Verbindung zur Russisch-orthodoxen Kirche in der Person des Metropoliten von St. Petersburg, der einen bedeutenden Platz im Heiligsten Synod, dem höchsten Leitungsgremium der russischen Kirche, einnahm. Nach Wiederherstellung des Patriarchats 1918 begannen sich die Russisch-orthodoxen Gemeinden im Ausland dem Patriarchen von Moskau und ganz Russland unterzuordnen.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts zählte die Russische Kirche in Deutschland etwa fünftausend Menschen zu ihren Gläubigen.
Das 20. Jahrhundert begann für die russische Kirche in Deutschland ohne große Umwälzungen. Der Bau der Gotteshäuser in Bad Kissingen, Görbersdorf, Hamburg und Leipzig wurde fortgesetzt. Viele kirchennahe Organisationen und Gesellschaften gründeten sich, so ein Missionsverlag, eine philosophische Schule und ein theologisches Institut. Letzterer wurde später nach Paris verlegt und als Institut de Théologie Orthodoxe Saint-Serge bekannt. Erst der Erste Weltkrieg hat die Russisch-orthodoxe Präsenz in Deutschland ernsthaft untergraben.
Mitte der 1920er Jahre wanderten russische Flüchtlinge „tiefer“ nach Europa aus; auf der Suche nach einem besseren Schicksal und günstigeren Lebensbedingungen verlassen viele Deutschland. Die Zahl der russischen Auswanderer nach Frankreich verdoppelte sich fast, auf 110.000 Menschen. Daher beschloss Erzbischof Evlogij, der zu diesem Zeitpunkt von Patriarch Tichon von Moskau zum Metropoliten erhoben worden war, das Zentrum seiner Diözese nach Frankreich nach Paris zu verlegen, was schließlich zu Weihnachten 1923 auch geschah.
In den frühen 1930er Jahren wechselten die Russisch-orthodoxen Gemeinden, den Umständen geschuldet, unter eine andere geistliche Autorität – die Russische Kirche im Ausland und ihren Bischof.
In den vierziger Jahren, während des Zweiten Weltkriegs, wurden orthodoxe Kirchen in Deutschland nicht mehr wie im Ersten Weltkrieg geschlossen. Darüber hinaus wurden orthodoxe Gemeinden zur einzigen Zuflucht für Landsleute, die zur Zwangsarbeit nach Deutschland verbracht wurden. Nach einigen Schätzungen gab es in den Jahren 1941-1945 in allen Teilen Deutschlands zusammengenommen etwa 10 Millionen dieser Menschen. Ende 1945, nach Kriegsende, waren noch etwa 4 Millionen davon im geteilten Deutschland verblieben, darunter auch Priester, die nach dem Krieg hierblieben, um den Gottesdienst in den orthodoxen Kirchen fortzusetzen. Die darauffolgenden Jahre des 20. Jahrhunderts wirkten sich günstig auf das kirchliche Leben aus: Alte Kirchen wurden restauriert und sogar neue errichtet: in Bischofsheim, in Hamburg (die neue Kirche wurde 1964 gebaut), in Frankfurt am Main und in München. Es gab vielfältige Möglichkeiten für Gottesdienst und Predigt, soziale Fürsorge für Menschen und Wohltätigkeit, geistliche Bildung, Arbeit mit Kindern und Jugendlichen.
Mitte der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts erreichte die Auswanderung russischsprachiger Bürger aus Russland und den Ländern der ehemaligen Sowjetunion einen Höhepunkt: In den letzten 20 Jahren kamen mehr als 4 Millionen Menschen nach Deutschland, von denen viele orthodox sind. Die zunehmende Zahl der Gläubigen führte in der Diözese von Berlin und Deutschland zur Gründung neuer Gemeinden und Pfarreien.
1992 wurde Erzbischof Feofan (Galinskij) von Berlin und Deutschland Bischof der Diözese. Zu dieser Zeit gab es in der Diözese nur zwölf Pfarreien, mittlerweile sind es über 90. Gemeinden der Russisch-orthodoxen Kirche gibt es in allen größeren Städten Deutschlands. 2006 wurde der Diözese ein Landgut in Brandenburg im Osten Deutschlands übergeben, wo das Kloster zum Hl Georg dem Siegtragenden entstanden ist, das nicht nur für Deutschland, sondern für ganz Mitteleuropa ein geistiges Zentrum Deutschlands bilden soll.
Seit Dezember wird die Diözese von Bischof Tichon von Podolsk geleitet, der bis dahin die Leitung der Eparchien von Wien und Österreich sowie von Budapest und Ungarn innehatte.
Bischöfe
- Metropolit Alexander (Nemolovskij) (1945-1948)
- Erzbischof Sergius (Korolev) (1948 - 1950)
- Metropolit Boris (Vik) (1950 - 1954)
- Erzbischof Michail (Chub) (1957 - 1959)
- Metropolit Ioann (Wendland) (1960 - 1962)
- Erzbischof Sergius (Larin) (1962 - 1964)
- Erzbischof Kyprian (Zernov) (1964 - 1966)
- Metropolit Wladimir (Kotljarov) (1967 - 1970)
- Metropolit Leontij (Gudimov) (1970 - 1973)
- Metropolit Filaret (Vachromeev) (1973 - 1978)
- Erzbischof Melchisedek (Lebedev) (1978 - 1984)
- Metropolit Feodosij (Procjuk) (1984 - 1986)
- Metropolitan German (Timofeev) (1986 - 1991)
- Erzbischof Feofan (Galinskij) (1991 - 2017)
- Erzbischof Tichon von Podolsk (seit 2017)
Quelle
Die Angaben wurden entnommen von:
Seite der Berliner Diözese der Russisch-orthodoxen Kirche (Patriarchat Moskau) [russ.]