Mariä Verkündigung

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Orthodoxes Glaubensbuch - Mariä Verkündigung

Das Hochfest Mariä Verkündigung wird von der Kirche am 25. März (7. April) gefeiert.


Zwischen Mariä Verkündigung und der Geburt Christi liegen neun Monate – das entspricht der Zeit zum Austragen eines Kindes. Die Bezeichnung des Festes – Mariä Verkündigung – gibt seinen Sinn wieder: der Jungfrau Maria wird die frohe Botschaft über die Empfängnis und die Geburt des Gottessohnes Christus verkündigt. Es geschah so:

Als sich die Zeit erfüllt hatte und die Menschheit vom Fluch des Todes durch die Ankunft des Erlösers in der Welt errettet werden sollte, musste eine reine und makellose Jungfrau gefunden werden, die würdig war, der Menschwerdung Gottes zu dienen. Und sie wurde gefunden, die Reinste und Makelloseste, die Frömmste aller Menschen, die Allheilige, die Allreine und über alles gesegnete Jungfrau Maria. Sie stammte aus königlichem und hohepriesterlichem Geschlecht; ihre Eltern waren die gerechten Joachim und Anna. Die Frucht ihrer Gebete, ihres Fastens und ihres ganzen frommen Lebens war Maria. Die Allreine Jungfrau war im Alter von drei Jahren in den Tempel gekommen und lebte dort etwa zwölf Jahre und verbrachte die Zeit mit Gebet und Handarbeit.

Als Maria vierzehn Jahre alt geworden war, während des zwölften Jahres ihres Lebens im Tempel, sagten ihr der Hohepriester und die Priester, dass nach dem Brauch des Gesetzes die Zeit gekommen war, nach Hause zurückzukehren und eine Ehe zu gründen. Sie antwortete, dass sie gelobt habe, sich Gott allein zu weihen, und deshalb möchte sie nicht heiraten. Die Priester waren über das ungewöhnliche Gelübde erstaunt, da sie bis dahin noch nie ein derartiges Mädchen getroffen hatten.

Sie wollten sie nicht im Tempel lassen, da dies gegen die Sitte war, gleichzeitig wagten sie es aber nicht, sie zur Ehe zu nötigen, da sie sich Gott allein geweiht hatte. Sie waren lange in Verlegenheit und dachten darüber nach, wie sie ihr Leben einrichten könnten, ohne Gott zu erzürnen. Die Priester hielten beides für eine Sünde: sie zur Ehe zu zwingen, da sie sich Gott geweiht hatte, oder sie im Tempel zu belassen.

Sie gingen zur Bundeslade, beteten inständig und bekamen von Gott die Antwort: es müsse für die Jungfrau ein ehrfürchtiger Mann gefunden werden, der unter dem Anschein der Ehe ihre Reinheit bewahren würde. Dieser Mann sollte aus dem Hause und Geschlecht Davids sein. Auf wessen Stab Blumen erblühen würden, nachdem man ihn auf den Altar gelegt hatte, dem sollte die Jungfrau Maria anvertraut werden.

Zu jener Zeit kam das Weihefest. Aus den umliegenden Dörfern kamen viele Menschen in den Tempel, darunter auch Männer aus dem Geschlecht Davids. Der große Zacharias, der Vater Johannes des Vorläufers und Täufers des Herrn, wählte zwölf Männer aus, die keine Frauen hatten, unter ihnen war auch der heilige Josef, ein gerechter Mann in vorgerücktem Alter. Zacharias nahm ihre zwölf Stäbe, legte sie auf den Altar und betete so: „Herr, Gott, zeige den Mann, der würdig ist, mit der Jungfrau Maria vermählt zu werden!“ Danach gingen alle weg und ließen die Stäbe die Nacht über auf dem Altar liegen. Am Morgen sahen alle, dass der Stab Josefs erblüht war und auf ihm eine Taube saß. Damit verstanden sie, dass Gott Josef für die Jungfrau Maria erwählt hatte. Sie wurden verlobt, aber Josef war nur ihr vermeintlicher Ehemann und hatte die Aufgabe, die Jungfräulichkeit und Reinheit Marias zu bewahren. Nachdem die Allheilige Jungfrau aus dem Tempel in das Haus Josefs gekommen war, veränderte sie ihr Leben nicht. Sie betete wie früher, studierte die Heilige Schrift und beschäftigte sich mit Handarbeiten. Sie lebte hier abgeschieden, sprach nur mit den Hausbewohnern, d. h. nur mit Josef und seinen zwei Töchtern. Denn Josef war Witwer.

Schließlich kam die Zeit, die der Allheiligen Jungfrau vorhergesagt war, die Zeit, auf welche die Menschheit seit dem Tag des Sündenfalls der ersten Menschen schon Tausende von Jahren gewartet hatte. Gott sandte den Seinem Thron am nächsten stehenden Erzengel Gabriel mit der Kunde von dem Geheimnis, das mit dem menschlichen Verstand nicht begreifbar ist. Der Erzengel Gabriel sollte der Jungfrau von der wunderbaren Empfängnis des Sohnes Gottes künden, der in die Welt kommen würde, um die Menschen zu erretten.

Im Evangelium wird davon so gesprochen: „Im sechsten Monat wurde der Engel Gabriel von Gott in eine Stadt in Galiläa namens Nazaret gesandt.“ Es war der sechste Monat seit der Empfängnis Johannes des Vorläufers und Täufers des Herrn, die seinem Vater Zacharias von demselben Erzengel Gabriel verkündet worden war.

Galiläa, wo sich Nazaret befand, war damals ein überwiegend heidnisches Gebiet, seine sündigen und ungläubigen Bewohner wurden von den Juden verachtet. Nazaret galt als eine so unbedeutende Stadt, dass von ihr gesagt wurde: „Kann denn aus Nazaret etwas Gutes kommen?“ Aber der Herr wollte nicht aus dem berühmten Jerusalem stammen, nicht aus dem Land Judäa, sondern aus dem „heidnischen Galiläa“, aus dem armseligen Nazaret, um zu zeigen, dass Er der Sünder wegen in die Welt kam und den irdischen Stolz und Hochmut ablehnte.

Der Erzengel Gabriel kam in das Haus, in dem die Jungfrau Maria wohnte, und sprach mit sanfter Stimme zu ihr: „Freue dich, du Begnadete, der Herr ist mit dir! Du bist gesegnet unter den Frauen. Der, der vor dir war, ist jetzt mit dir und wird bald von dir geboren werden. Der, der vor der Ewigkeit war, unterwirft sich jetzt der Zeit.“

Als die Jungfrau den Gruß hörte, erschrak sie, obwohl ihr der freundschaftliche Umgang mit Engeln schon seit der Zeit ihres Lebens im Tempel vertraut war.

Der Engel sagte: „Fürchte dich nicht! Denke an die Jungfrau, die Jesaja vorausgesagt hat, und zweifle nicht: Du bist diese Jungfrau. Du hast die Gnade Gottes gefunden durch dein ganzes Leben, das erfüllt war mit guten Taten, aber zuallererst durch diese drei: erstens durch die Demut, da Gott Seine Gnade den Demütigen gibt; zweitens durch die Reinheit, da der Seinem Wesen nach Allerreinste Gott von einer reinen und allreinen Jungfrau geboren werden will; und schließlich durch deine feurige Liebe zu Ihm, denn der Herr liebt die, welche Ihn lieben, und schenkt denen Seine Gnade, die Ihn suchen.

Du wirst einen Sohn gebären und ihm den Namen Jesus geben, Er wird die ganze Welt erretten und wird ein ruhmvollerer König sein als der Vorvater David und alle früheren Könige. Und Sein Reich wird ewig sein.

Die Kraft des Allerhöchsten wird über dich kommen, der Heilige Geist wird in dir dem körperlosen Sohn Gottes menschliche Gestalt geben. Der Herr wird durch dich hindurchgehen, wie ein Sonnenstrahl durch Glas oder Kristall geht, und dich heiligen und erleuchten durch Seine Göttliche Herrlichkeit. Du wirst die Mutter Gottes werden, da du den Sohn gebären sollst, den vollkommenen Gott und vollkommenen Menschen, aber du wirst Jungfrau bleiben vor der Geburt, während der Geburt und nach der Geburt.

Und das soll dir ein Zeichen sein, dass Gott dies alles bewirken kann: Deine Verwandte Elisabet, die unfruchtbar war und jetzt schon alt ist, wird bald einen Sohn gebären. Den Menschen schien dies unmöglich, aber Gott gefällt es so: Gemäß Seinem Willen wird eine unfruchtbare alte Frau Mutter. Und auch du, Jungfrau, wirst Mutter werden.“

Nachdem die Allreine Jungfrau Maria dies vom Engel gehört hatte, verbeugte sie sich in tiefer Demut vor dem Herrn und sagte: „Ich bin die Magd des Herrn, mir geschehe nach deinem Wort.“

Und in diesem Augenblick empfing sie geheimnisvoll vom Heiligen Geist.

Nachdem der Erzengel Gabriel alles getan hatte, was ihm der Herr aufgetragen hatte, verneigte er sich ehrfürchtig vor der Mutter Gottes und kehrte zum Thron des Allherrschers zurück, wo er mit allen himmlischen Mächten das große Geheimnis der Menschwerdung Gottes verherrlicht.


Die Beteiligung des Erzengels Gabriel an der Verkündigung wird am zweiten Tag des Festes gefeiert: am 8. April wird das Mitfest des Erz­engels Gabriel begangen.

Mit Mariä Verkündigung sind im russischen Volk einige Bräuche verbunden. An diesem Tag zu arbeiten, sogar im Haushalt, wurde als eine große Sünde angesehen. Man sagt, dass zu Mariä Verkündigung „kein Vogel ein Nest baut, und kein Mädchen einen Zopf flicht“. Zu Mariä Verkündigung wurden Vögel freigelassen. An diesem Tag gab es ein reges Treiben auf dem Vogelmarkt. Viele Eltern gingen dorthin, um mit ihren Kindern Vögel zu kaufen und sie dann frei zu lassen.

Für diesen Tag wurden auch Lerchen aus Teig gebacken und aus Papier Engelfiguren geklebt, zur Ehre des Erzengels Gabriel. Die Farbe der liturgischen Gewänder ist Blau.

Hymnen

Troparion (4. Ton)

Heute ist der Anfang unserer Erlösung und die Offenbarung des Geheimnisses von Ewigkeit her. Gottes Sohn wird als Sohn der Jungfrau geboren, und Gabriel bringt die frohe Botschaft der Gnade. Deshalb rufen auch wir mit ihm der Gottesgebärerin zu: Freue Dich, Du Gnadenerfüllte, der Herr ist mit Dir!

Kontakion (8. Ton)

Dir, der überlegen kämpfenden Heerführerin, bringen wir, Deine vom Bösen befreiten Diener, dankerfüllte Siegeslieder dar, o Gottesmutter! Du, deren Macht unüberwindlich ist, errette uns aus allen Gefahren, damit wir zu Dir rufen: Sei gegrüßt, Du unvermählte Braut!

Ikonographie

Gemeint ist die frohe Nachricht von der Geburt des Erlösers. Auf der Ikone wird die Erscheinung des Erzengels Gabriel bei der Jungfrau Maria dargestellt, er teilt ihr die frohe Botschaft mit, dass sie die Mutter Gottes sein wird. Gewöhnlich werden auf den Mariä-Verkündigungs-Ikonen der Erzengel Gabriel links, die Mutter Gottes mit einem Spinnrocken in der Hand (stehend oder sitzend, manchmal auch ohne Handarbeit) im Hintergrund ein Haus dargestellt.

Eine der frühesten russischen Mariä-Verkündigungs-Ikonen ist die Ikone „Mariä Verkündigung“ aus Ustjug aus dem XIII. Jahrhundert, die sich in der Tretjakov-Galerie befindet. Hier ist das Jesuskind auf der Brust der Gottesmutter dargestellt, so als sei Er durch die Kleidung zu sehen.

Die Ikone galt als wundertätig und hat ihre eigene Geschichte.

Sie wurde im Jahre 1290 berühmt, als der Narr in Christo Prokopij den Bewohnern von Velikij Ustjug verkündete, dass der Herr sie für ihre Sünden strafen werde. An einem bestimmten Tag, am 8. Juli, bedeckten furchtbare Gewitterwolken den Himmel; eine schwarze Wolke zog auf die Stadt zu. Das Volk versammelte sich in der Kirche, wo es mit dem Narren in Christo vor der Mariä-Verkündigungs-Ikone betete. Plötzlich begann aus den Augen der Gottesmutter Myron zu fließen. Das Volk sah dieses Zeichen als Symbol des tränenreichen Gebetes der Mutter Gottes vor ihrem Sohn für das Menschengeschlecht an. Die Wolken zogen vorüber, auf einem unbewohnten Platz entlud sich, wie die Überlieferung sagt, ein Steinregen. Seit dieser Zeit gilt die Ikone als wundertätig.

Im XVI. Jahrhundert, unter Ivan dem Schrecklichen, wurde sie nach Moskau in die Mariä-Entschlafungs-Kathedrale übertragen. In Ustjug blieb eine Kopie der Ikone.

1812 raubten die Franzosen den wertvollen silbernen Oklad dieser Ikone, aber die Bewohner Ustjugs ersetzten ihn nach fünf Jahren durch einen neuen.

Eine von Andrej Rublev gemalte Mariä-Verkündigungs-Ikone befindet sich in der Mariä-Verkündigungs-Kathedrale im Moskauer Kreml.

Vorverkündigung am Brunnen

Es gibt auch eine weitere Ikone die im Zusammenhang mit der Verkündigung steht: die "Vorverkündigung".

Hier schöpft die Mutter Gottes Wasser aus einem Brunnen (oder einer Quelle) und schaut zu dem mit einem Zweig herbeifliegenden Erzengel auf. Diese Darstellung geht auf das apokryphe Jakobusevangelium zurück. Demnach erschien der Gottesmutter bereits vor der eigentlichen Verkündigung der Geburt des Herrn ein Engel am Brunnen und kündigte ihr das Ereignis an.

















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Artikel: Hochfest der Verkündigung

„Da aber die Zeit erfüllet war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einem Weibe und unter das Gesetz getan“, so schreibt der Apostel Paulus in seinem Brief an die Galater (Gal 4,4). Drei Voraussetzungen sind hier genannt, dass Gott in der Welt sein Heilswerk zum krönenden Abschluss führen kann:

1. das Gesetz ist gegeben,

2. der Lauf der Geschichte Israels und in der Welt ist soweit erfüllt,

3. die Frau für Gottes Heilsplan steht bereit.

1.

Gott hat dem Volk Israel auf dem Sinai in einer Schrecken erregenden Erscheinung (Ex 19ff.) Moses sein Gesetz offenbart, damit es zweierlei erkennen kann:

- was der Wille Gottes und was Sünde ist,

- dass die Menschheit sich nicht selbst er lösen kann und auf Gottes Erlösung an gewiesen ist.

Das Gesetz ist angesichts der Katastrophe des Sündenfalles viel zu schwach, um die universale Zerstörung der Gemeinschaft des Menschen mit Gott wieder herstellen zu können. Wenn die Menschen nicht einmal in der Lage waren, in der Fülle des paradiesischen Reichtums, in dem ihnen nichts fehlte, das winzige Gebot Gottes, den Baum der Erkenntnis unberührt zu lassen, zu befolgen, wie soll ihnen, dann das Sinaigesetz mit seinen Hunderten von Geboten die ungestörte Gemeinschaft mit Gott wiederbringen können? Dennoch ist dieses keine sinnlose Überforderung des Menschen. Es soll ihnen ihre Ohnmacht offenbaren, von sich aus den Weg zu Gott zurückgehen zu können. Der Sündenfall, in dem Adam, seiner Verantwortung für Eva nicht nachgekommen ist, hat eine kosmische Dimension. Der ganze Kosmos der lebenden Wesen und der toten Materie ist durch diesen Ungehorsam in die Gottesferne gestürzt. Denn durch die Sünde der Übertretung dieses einen Gebotes Gottes tritt die universale Macht des Todes in die Geschichte der Menschheit. Der innerweltliche Gehorsam der Menschen gegen Gottes Gebot unterstreicht das Bemühen des Einzelnen, sein Leben auf Gott hin auszurichten, ändert aber nichts mehr an der Herrschaft des Todes in dieser Welt und an dem Gefallensein des Kosmos durch Menschenhand. Der Apostel Paulus fasst dieses Drama der Menschheit in den syntaktisch bewusst abgebrochenen Satz zusammen: „Deshalb, wie durch einen Menschen die Sünde in die Welt gekommen ist, und der Tod durch die Sünde, und ist also der Tod zu allen Menschen durchgedrungen ...“ So wird deutlich, dass das Bemühen der gesamten Menschheit aller Zeiten um den Gehorsam gegen Gottes Gebot - wenn dies theoretisch gegen alle geschehene Sünde überhaupt möglich wäre – nicht ausreichte, den paradiesischen Zustand wieder herzustellen. So hat das Gesetz lediglich die Funktion, die Menschen darauf vorzubereiten, dass nur Gott sie durch eine ganz neue Erlösungstat aus ihrer Gottesferne herausholen kann.

2.

Gott hatte sein Heilswerk vorbereitet durch die Erwählung des Abraham, in dem alle Völker der Erde gesegnet sein sollen (Gen 12,3). Aus seinem Samen schafft Er sich sein Volk aus dessen Mitte der Erretter der Menschheit hervorgehen sollte. Gegen seinen Willen gewährt Gott seinem Volk das gewünschte Königtum, das in David zu seiner höchsten Blüte und Entfaltung kommt. Durch den Propheten Nathan wird dem Thron Davids ein ewiger Bestand verheißen. Das Gericht Gottes über Israel bis zu seinem tiefsten Punkt der Abführung in die babylonische Gefangenschaft scheint der Verheißung zu widersprechen. Seltsam ist nur, dass der letzte israelitische König Jehojachin nach seiner Begnadigung aus der Kerkerhaft bis an sein Lebensende sein Gnadenbrot am Tisch des Königs Merodach von Babylon einnimmt. Dieses sanfte Abtauchen des davidischen Königtums in den Untergrund der Geschichte scheint dort auf einen Neuanbruch irgendwann später zu harren, bis „die Zeit erfüllet“ ist. Im der Weltgeschichte außerhalb von Israel bereitet Gott sein Heilswerk für die Völkerwelt vor. Zuerst lässt er im Orient ein Großreich entstehen, das sich bis an die Grenzen des abendländischen Griechenlands, bis an die Küste Kleinasiens, erstreckte. Die Begegnung mit der griechischen Kultur erweckte den Eroberungswillen der Perser. Die Feldzüge der Perser zu Lande und Wasser scheiterten jedoch und wurden für die Griechen unter der Führung Alexanders des Großen zum Anlass nun ihrererseits das Perserreich zu erobern. Alexander schuf innerhalb von wenigen Jahren ein Großreich, das von Makedonien bis zum Ganges, der Grenze zu Indien, reichte. Obwohl das Reich nach seinem Tod schnell zerfiel, war Griechisch zur Handelssprache zwischen Orient und Okzident geworden. Auf dieser sprachlichen Brücke konnte sich die jüdische Diaspora im Mittelmeerraum ausbreiten. Inzwischen waren die Römer zur Herrschern über die Länder um dieses geworden. Als sie begannen den nordwesteuropäischen Raum zu erobern, war die Zusammenführung von Orient und dem gesamten Okzident unter optimalen Friedensbedingungen vor dem Abschluss. Durch die Infrastruktur des römischen Weltreiches, das perfekte Straßen- und Verkehrsnetz und die überall vorhandenen jüdischen Diasporagemeinden war es für die Christen möglich, innerhalb eines Jahrhunderts, sich von Palästina bis nach Spanien, Gallien, Germanien und Britannien auszubreiten. Das Eintreten des Evangeliums in die Weltgeschichte geschah unter den denkbar günstigsten äußeren und inneren Bedingungen zum idealen Zeitpunkt in der Weltgeschichte. Auch das religiöse Psychogramm der damaligen Zeit war in einem Zustand der Erwartung auf den Friedensbringer für den Erdkreis. Der Götterglaube war zu einem mythologischen Formalismus herabgesunken, und die Zeit war bereit für eine tiefere Sinngebung des Lebens von der Religion her. Der starke Zulauf zu den jüdischen Diasporagemeinden war ein deutliches Symptom.

3.

Die dritte Voraussetzung für die Umsetzung von Gottes neuschöpferischen Heilshandelns ist die Jungfrau, die vom Propheten Jesaja angekündigt wurde: „Siehe eine Jungfrau ist schwanger und wird einen Sohn gebären, den wird sie heißen Immanuel“ (Jes 7,14 nach LXX-Übersetzung). Als diese sich in der Geschichte Gottes mit den Menschen einfindet, sendet Er den Erzengel Gabriel zu ihr mit der Ankündigung dessen, was Er mit ihr vorhat. Es geschieht nichts ohne das Ja-Wort der Jungfrau. Dazu schreibt Johannes Damaszenus, Gott habe die Zustimmung der Jungfrau abgewartet, bevor Er seinen Heilsplan in die Tat umgesetzt habe. - Wie nahe ist uns dieser Gott, der als der Allgewaltige „sich das schwächste Glied der Menschheit zum Partner auserwählt hat: eine halbwüchsige Frau, ein Mädchen, das in der Gesellschaft nichts zu melden hatte, nach dessen Wünschen oder Willen zu fragen, niemand bereit war – außer eben Gott selbst“ (Susanne Hausamann, Wege und Irrwege zur kirchlichen Einheit, 170). Welch hohe Würde kommt in diesem Handeln Gottes der Menschheit zu, dass sie die Jungfrau stellen darf, in der und aus der Gott Menschengestalt annimmt. „Der Mensch ist keine Marionette Gottes, er ist Mitarbeiter und Partner, ohne den die Welt nicht heil werden kann ...ohne dessen Einwilligung gibt es kein Einswerden mit Christus und keine Vergöttlichung“ (ebda).

Das Mysterium der Menschwerdung würdigt nicht nur beide Geschlechter, in denen der Gottessohn einwohnt, sondern er würdigt auch die Materie der eucharistischen Gaben von Brot und Wein, in denen Er in gleicher Weise gegenwärtig ist, um sich den kommunizierenden Gläubigen mitzuteilen. Es gibt keine schönere und tiefere Ausgestaltung des orthodoxen Kirchenraumes, als die Darstellung der Gottesgebärerin mit dem Christus in der Mandorla in ihr oder auf dem Arm. in der Apsis über dem Altar. Die Menschwerdung des Gottessohnes in ihr ist von keiner anderen Art als seine Einwohnung in den eucharistischen Gaben.

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Autor und Copyright

Priester Johannes R. Nothhaas

Orthodoxe Gemeinde des Hl. Christophorus, Mainz Bei Fragen an den Autor zum Artikel und dem orthodoxen Glauben: nothhaas@googlemail.com