Philokalie (Buch)
Dieser Artikel erläutert das Buch Philokalie; zu anderen Bedeutungen siehe Philokalie (Begriffsklärung). |
Auflage | Erste |
Titel (Deutsch) | Nicht angegeben |
Titel (Original) | Nicht angegeben |
Autor | Verschiedene Heilige Väter |
Übersetzung | orthodox, Übersetzung katholisch |
Abstammung | |
Herausgeber | Nicht angegeben |
Sprache des Originals | Griechisch |
Serie | Keine |
Verlag | Christlicher Osten |
Jahr | 2004 |
Stadt | Würzburg |
ISBN | 978-3-927894-37-2 |
Beschreibung
......... Der griechische Begriff "philokalía" bedeutet wörtlich "Liebe zur Schönheit". Ein "philókalos" ist jemand, der das Schöne und damit das Edle liebt, somit ein edler Mensch. Zunächst einmal jedoch ist der Name "Philokalie" ein Synonym für "Anthologie", für eine Blütenlese also, eine Textsammlung besonders eindrucksvoller Zitate. So gaben denn auch Basileios der Große und Gregorios von Nazianz ihrer Sammlung aus den Werken des Kirchenschriftstellers Origenes (etwa 185–254), welche sie im Jahre 360 erstellten, den Namen "Philokalie". Viel bekannter jedoch ist eine andere Textsammlung, welche den gleichen Namen trägt und gemeinhin "die (griechische) Philokalie" genannt wird. Sie ist die Frucht zweier geistlicher Persönlichkeiten des 18. Jahrhunderts. Der Bischof Makarios von Korinth gilt als derjenige, der die entsprechenden Texte zusammenstellte. Der Athosmönch Nikodemos Hagioreites dagegen ver glich diese mit den ihm verfügbaren Handschriften, erstellte für die verschiedenen Autoren einführende Lebensbeschreibungen und schrieb ein Vorwort. Diesem Vorwort entnehmen wir auch die Grundabsicht der beiden Kompilatoren. Es geht ihnen darum, eine lange Tradition wieder aufzugreifen, die Gefahr läuft, in Vergessenheit zu geraten, vor allem auch deshalb, weil entsprechende Texte nicht verfügbar und bekannt genug sind. Jene Tradition geht bis auf die Anfänge des Christentums zurück und betrifft im Wesentlichen das Herzensgebet, den ununterbrochenen Kontakt mit Gott. Diese innere Ausrichtung soll an verschiedenen Autoren, welche die Zeit vom 4. bis zum 14. Jahrhundert umspannen, veranschaulicht werden. Vor allem die späteren unter ihnen legen großen Wert auf die Tatsache, dass nicht nur der Mönch und Priester, sondern auch jeder sonstige Christ zum immerwährenden Gebet angehalten ist. Und genau dies ist auch die feste Überzeugung von Makarios und Nikodemos. Es wäre jedoch nicht richtig, die Thematik der Philokalie allein auf das Gebet, näherhin das Herzensgebet oder Jesusgebet, zu beschränken.1 Die Philokalie behandelt vielmehr das gesamte geistliche Leben in seiner ganzen Breite und schreckt auch nicht vor spekulativen philosophischen oder dogmatischen Themen zurück. Selbstverständlich bildet die Innerlichkeit und darum auch besonders das Gebet gewissermaßen einen roten Faden in diesem Werk. Doch verbietet die Unterschiedlichkeit der zahlreichen Autoren vorschnelle kategorische Aussagen. Grundsätzlich kann man sagen, dass man die Philokalie als Ganzes lesen muss, um ihren Geist zu erfassen. Und genau an diesem Punkt verstehen wir, was uns der Titel "Philokalie" abgesehen davon, dass er eine Blütenlese bezeichnet, noch zu sagen hat. Wenn "Philokalie" Liebe zur Schönheit heißt, dann ist es die vorzüglichste Aufgabe und Absicht dieses Werkes, gerade diese Liebe in uns zu entfachen, zu entfalten und zum Ziel zu führen. Mit Schönheit ist dabei nicht allein die Schönheit im materiell-natürlichen Bereich gemeint, was ganz der griechischen Auffassung der Antike entspräche, wonach dem (materiell) Schönen göttliche Attribute zukommen. Natürlich betont auch die Philokalie, dass die Schönheiten und Wesenszüge der Natur für die Seele von großer Bedeutung sind auf ihrem Weg zur Vereinigung mit Gott. Aber sie bleibt dabei nicht stehen. Sie hat stets das Ziel vor Augen oder vielmehr die Quelle, von der alle Schönheit stammt: Gott selbst, die Schönheit schlechthin. So sollen unsere geistigen Augen geöffnet, geweitet und geschärft werden für den möglichst unmittelbaren Blick auf diese unendliche Schönheit, welcher bereits hier auf Erden beginnen kann, um einmal im Jenseits seine Vollendung zu erfahren. Die gesamte Sehnsucht dessen, der sich auf diesen Weg einlässt, sein im Herzen empfundenes Verlangen und seine gesamte Hinordnung bezieht sich auf die überschöne und seligste Schönheit, wie wir bei Kallistos und Ignatios Xanthopulos lesen. Und sie lassen Basileios den Großen sprechen: "Was ist bewundernswerter als die göttliche Schönheit? Welche Erwägung ist anmutiger als die der Herrlichkeit Gottes? Welche Sehnsucht der Seele ist so heftig und unerträglich wie jene, welche von Gott der Seele eingeflößt wird, die von jeglicher Schlechtigkeit gereinigt ist und ehrlichen Gemütes spricht: 'Ich bin verwundet vor Liebe?'"2 Die Tradition des Hesychasmus Wir haben bereits gesehen, dass sich Makarios von Korinth und Nikodemos Hagioreites im großen Strom einer Tradition sahen und sich ihr verpflichtet fühlten. Wir können diese Tradition gut als "Hesychasmus" bezeichnen. Was aber ist mit diesem Wort näherhin gemeint? Schon in den ersten Dokumenten, welche in der Philokalie Aufnahme fanden, stoßen wir auf den Begriff des "Hesychasten". Dieses Wort leitet sich vom griechischen Wort "hesychía" her, welches in seiner umfassenden Bedeutung vor allem zwei Bereiche umfasst – nämlich äußere Einsamkeit und Zurückgezogenheit sowie innere Ruhe und Unbekümmertheit. Im ureigenen Sinn ist also ein Hesychast jemand, der die Hesychia lebt, d. h. jemand, der – äußerlich abgeschieden – ein Leben des inneren Friedens zu führen versucht; ein Einsiedler also oder ein Mönch in des Wortes ursprünglicher Bedeutung. So kann man dieses gesamte Streben nach innerer und äußerer Hesychia als Hesychasmus bezeichnen, als ein Ausgerichtetsein auf Innerlichkeit und Beschauung. Wenn jedoch heute von Hesychasmus die Rede ist, denkt man in der Regel sofort an eine Epoche, die mit dem 11. Jahrhundert ihren Anfang nahm und im 14. Jahrhundert ihren Höhepunkt erreichte. Es war eine Zeit, in der man sich an den ursprünglichen, oben kurz skizzierten Hesychasmus erinnerte, doch zur Erlangung dieses geistlichen Zieles zu gewissen Hilfsmitteln seine Zuflucht nahm, die zwar in der Frühzeit elementar ebenfalls zu finden waren, doch damals noch nicht zu einem System ausgestaltet wurden. Eben dies geschah in der späteren Form des Hesychasmus. Am bekanntesten ist das so genannte Jesusgebet, so genannt der Anrufung Jesu wegen, welche seinen Kern darstellt. Mehr und mehr kristallisierte sich die klassische Formel heraus: "Herr Jesus Christus, Sohn Gottes, erbarme dich meiner." Diese Anrufung ist an sich nichts Neues. Schon Hesychios, Diadochos von Photike3 und Johannes Klimakos sprechen davon. Neu ist vielmehr, dass man sich nun einer Regel bedient und ihre Anwendung methodisch mit dem Atem verbindet, um den Blick nach innen zu fördern. In diesem Sinne spricht man von der "hesychastischen Methode". Doch ist dabei Vorsicht am Platz. Zu oft schon wurde diese so genannte Methode falsch verstanden, nur oberflächlich gesehen und darum leichthin verurteilt. Es ist nur allzu deutlich, dass Makarios und Nikodemos die Texte so auswählen und anordnen, dass sie auf einen Gipfel hin zulaufen. Dieser Gipfel ist das ununterbrochene Jesusgebet. Doch erlaubt gerade die Tatsache, dass sie dabei weit ausholen und auf früheste monastische bzw. mönchische Zeugnisse zurückgreifen, einen guten Überblick. Und so gilt gerade auch hier: Die Philokalie muss in ihrer Gesamtheit gelesen werden. So wird man finden, dass das Jesusgebet nicht isoliert dasteht, sondern seinen Platz findet inmitten einer Atmosphäre ehrlichen und kompromisslosen Gottsuchens, eingebettet in ein gesundes Streben nach Innerlichkeit und Beschauung. Somit wird auch jede noch so warm empfohlene Methode relativiert und im Hinblick auf ihr Ziel gemessen und beurteilt. Es wird deutlich, dass in der Philokalie viele geistliche Persönlichkeiten ihre Erfahrungen und Ratschläge schildern, diese jedoch auf ein Ziel hingeordnet sind, welches sich weit darüber erhebt. Und dieses Ziel ist Gott selbst. Dieser skizzierten Tradition nun, vor allem der des späteren Hesychasmus, fühlen sich Makarios und Nikodemos verpflichtet. Und sie betonen insbesondere einen Aspekt, der bereits auch im 11. Jahrhundert aufkam, dass nämlich nicht nur der Mönch oder der Priester, sondern jeder Christ zum immerwährenden Gebet berufen ist. Hier sieht man, wie nun der ursprüngliche Rahmen der Hesychia überschritten wird. Die Hesychia wird nicht mehr ausschließlich in äußerer Abgeschiedenheit und Ruhe verwirklicht, sondern zunehmend verinnerlicht. Dies erlaubt es, in jeder Situation die Vereinigung mit Gott zu suchen, indem man sich dabei ganz auf den Schutzraum des Herzens beschränkt. Gerade die letzten Dokumente der Philokalie legen besonderen Nachdruck auf diese Tatsache. Sie wurden für besonders wichtig erachtet und darum in zeitgenössischem Griechisch vorgelegt, damit jeder Christ sie leicht verstehen könne. Somit gipfelt die Philokalie in einer Botschaft, die heute nichts von ihrer Aktualität verloren hat. Askese und Gotteserfahrung Wie man die hesychastische Gebetsform in ihren manchmal etwas extrem anmutenden Ausprägungen4 im Licht gesunder Gottsuche gut verstehen kann, so ist es auch möglich und geboten, so manche asketische Ratschläge und Vorschriften im Blick auf ihren ureigenen Kern recht einzuschätzen. Sicherlich wird der heutige Leser bei der Beschäftigung mit der Philokalie immer wieder auf Stellen stoßen, die auf den ersten Blick eher befremdend wirken aufgrund der geforderten Härte sich selbst und dem Leib gegenüber. Dabei muss man zum einen bedenken, dass die Texte immer aus ihrem historischen und kulturellen Kontext heraus zu verstehen sind. So war es für arme Leute der ersten Jahrhunderte zum Beispiel durchaus normal, sich hauptsächlich von Brot zu ernähren. Dazu kommt noch, dass man in wärmeren Klimazonen mit wesentlich weniger Nahrung auskommen kann. Nicht umsonst besteht eine der Leistungen eines Benedikt von Nursia darin, das Mönchtum des Orients für unsere Breiten lebbar gemacht zu haben. Und nicht zufällig hat er dabei großen Wert auf das rechte Maß gelegt; ein Ausdruck, der uns auch in der Philokalie – vor allem unter dem Begriff der "Unterscheidung" – sehr oft begegnet. Doch auch ein zweiter Punkt ist von Bedeutung. Die Philokalie unterscheidet sehr oft zwischen "praxis" und "theoria", d. h. zwischen praktischem Tugendleben und Beschauung. Sie weiß sehr wohl, dass die Tugendpraxis lediglich eine – wenn auch wichtige und unabdingbare – Stufe ist, aber eben doch nur eine Stufe, welche weiterführen soll zur Beschauung, dem eigentlichen Ziel des Gottsuchers. Dieser Blickpunkt mag es uns erleichtern, den großen asketischen Heroismus mancher Väter recht einzuordnen. Und wenn es uns hin und wieder scheinen mag, sie hätten ein wenig zu viel des Guten getan, dann ist es ihre innere Entschlossenheit und Kompromisslosigkeit, die wir auch heute noch bewundernd festzustellen und nach Kräften in unserer persönlichen Situation nachzuahmen vermögen. Und so kann man abschließend sagen: Die Philokalie bietet Nahrung für den Anfänger wie für den Fortgeschrittenen. Jeder wird in ihr das finden, worauf sein Herz anspricht. Philokalie einst und jetzt Als die Philokalie im Jahre 1782 auf Kosten des Johannes Maurogordatos5 in Venedig gedruckt und im christlichen Osten verbreitet wurde, verfehlte sie ihre Wirkung nicht. Bis heute gilt sie als das Standardwerk orthodoxer Frömmigkeit und Spiritualität. Nicht lange darauf, 1793, erschien die kirchenslawische Ausgabe ("Dobrotolubje") von Paissij Velickowskij, der sie während seines Aufenthalts auf dem Athos erstellte. Doch während sich in der griechischen Philokalie 36 Autoren finden, übernimmt Paissij davon lediglich 15. Ende des 19. Jahrhunderts wurde von Theophan dem Klausner eine russische Fassung erstellt, welche aber in Umfang und Inhalt weit über das griechische Original hinausgeht. Ähnliches gilt für die rumänische Ausgabe (begonnen Mitte des 20. Jahrhunderts). Überhaupt ist nach dem Zweiten Weltkrieg in Europa das Interesse für die Philokalie erwacht mit dem Ergebnis, dass in mehreren Sprachen teilweise oder vollständige Übersetzungen vorliegen. Die zweite Auflage der griechischen Philokalie erfolgte 1893 in Athen. Sie enthielt den Text der ersten Ausgabe (Venedig 1782) mit einer einzigen Ausnahme: Sie fügte den 14 Kapiteln des Patriarchen Kallistos ("über das Gebet") noch weitere Kapitel hinzu (Nr. 15–83). Eine 3. Auflage erfolgte wiederum in Athen (1957–1963). Textkritische Anmerkungen werden gemacht, vorkommende Schriftstellen angeführt, und im 5. Band befinden sich ein Stichwortverzeichnis sowie eine Tabelle der Schriftstellen. Diese Ausgabe wurde seitdem wiederholt unverändert neu aufgelegt. Auf sie stützt sich auch die vorliegende deutsche Übersetzung. Fußnoten 1 Diesen Eindruck könnte man bei der Lektüre der "Aufrichtigen Erzählungen eines rusischen Pilgers" bekommen. 2 "Weg und Richtschnur" des Kallistos und Ignatios Xanthopulos, Kapitel 84 3 Vgl. hierzu Hesychios, Über die Nüchternheit und die Tugend, Kapitel 100 und 189; Diadochos von Photike, Abhandlung über die Askese, Kapitel 59 4 So zum Beispiel, wenn Gregorios der Sinaite rät, beim Beten des Jesugebetes Kopf und Nachken nach unten zu neigen und den Schmerz in den Schultern standhaft auszuhalten. 5 Er war vermutlich Fürst der Moldau.