Nikolaus, Hl. Zar
Gedächtnis: 4. Juli / 17. Juli
Der Hl. Zar Nikolaus (Nikolaj) II. wurde im Mai 1896 im Alter von 26 Jahren gekrönt. Einfach und schüchtern von Natur, war er ein argloser und zutiefst frommer Mensch. Den Demonstrationen imperialer Macht und dem politischen Ränkespiel zog er das Leben im trauten Familienkreis vor, doch die göttliche Vorsehung stellte ihn an die Spitze des riesigen Zarenreichs, als dieses, seit geraumer Zeit wankend und von der Intelligenzia diskreditiert, im Begriff war, zusammenzubrechen.
Man hat ihm viele Fehlentscheidungen und Missgriffe vorgeworfen, die diesen Zusammenbruch vielleicht beschleunigt haben; doch übersieht man dabei meistens, dass er beseelt war von einer hohen Auffassung seiner Berufung als christlicher Herrscher und vom aufrichtigen Wunsch, das "Heilige Russland" zu retten. Er lebte bescheiden und machte großzügigen Gebrauch von seinem persönlichen Vermögen, um Almosen zu verteilen und Wohltätigkeitseinrichtungen zu gründen. Er achtete die kleinen Leute, die er als die einzige feste Stütze der Monarchie betrachtete. Er hatte auch eine gute Kenntnis der liturgischen Dienste der Kirche und liebte es, im Chor mitzusingen.
1894 heiratete er die in England aufgewachsene deutsche Prinzessin Alice von Hessen-Darmstadt, Enkelin der englischen Königin Victoria, nachdem sie sich vom Protestantismus zur Orthodoxie bekehrt und dabei den Namen Alexandra angenommen hatte.
Dem Paar wurden fünf Kinder geboren: vier Töchter, Olga, Maria, Tatiana und Anastasia, und 1904 schließlich ein Sohn, der Thronfolger Alexij. Als sich herausstellte, dass der Knabe an der Bluterkrankheit litt, versuchte seine Mutter alles, um das Kind zu retten. Dabei geriet sie unter den Einfluss von Grigorij Rasputin, der als Starez und Hellseher galt und vorgab, übernatürliche Heilkräfte zu besitzen, und sich damit in das Vertrauen der Zarenfamilie einzuschleichen vermochte. Dies sollte höchst negative politische Folgen haben, denn Rasputin nutzte seine Stellung zu allerlei Intrigen aus und griff immer mehr in die Staatsgeschäfte ein, bis er 1915 schließlich ermordet wurde.
Im Frühjahr 1917 trat Zar Nikolaus auf Drängen einiger Mitglieder der Duma (Nationalversammlung) zurück, nachdem er die ganze Nacht im Gebet verbracht hatte. Wenig später wurde er auf Befehl der Provisorischen Regierung zusammen mit seiner Familie verhaftet und auf seinem Landsitz Zarskoje Selo (heut. Puschkin, bei St. Petersburg) unter Hausarrest gesetzt. Im August desselben Jahres deportierte man die Zarenfamilie nach Tobolsk in Sibirien, wo sie sich zunächst noch verhältnismäßig frei bewegen konnte. Nach der Oktoberrevolution 1917 verschlimmerte sich ihre Situation. Man untersagte ihnen, sich in die Kirche oder ins Freie zu begeben. Im April 1918 deportierte man sie nach Jekaterinburg im Ural. Am 17. Juli desselben Jahres wurde dort die ganze Familie, das Zarenehepaar mit seinen Kindern samt Bediensteten und Freunden, im Kellergeschoss des Hauses, wo sie interniert waren, von TscheKa-Mitgliedern erschossen.
Ihre Leiber wurden mit Schwefelsäure übergossen und verbrannt. Es ist bis jetzt unklar, ob die 1994 aufgefundenen und geborgenen Gebeine die echten Reliquien der Zarenfamilie sind. (© Das Synaxarion, S. 661-662)