Warsonofij (Barsanuphius) von Optina
Gedächtnis: 1. April und 11. Oktober (Synaxis der Starzen von Optina)
Hl. Warsonofij (Barsanuphius) von Optina
Am 5. Juli 1845 wurde dem Kaufmann Iwan Plichankow in Samara ein Sohn geboren, den er Pawel nannte. Seine Frau starb unmittelbar nach der Geburt, und er heiratete erneut. Starez Warsonofij erinnert sich:
“Meine Stiefmutter war eine tief religiöse und außergewöhnliche Frau und wurde mir eine wirkliche Mutter. Sie stand immer sehr früh auf und ging mit mir zum Morgengottesdienst. Sie betete auch zu Hause inbrüstig. Manchmal las sie den Akathistos, und ich sang lauthals mit meiner kleinen quietschigen Stimme das Lied ‚Allheilige Gottesgebärerin, errette mich!’ Als ich sechs Jahre alt war, passierte folgendes: Wir wohnten damals in unserer Datscha auf unserem Landgut in der Nähe von Orenburg. Unser Haus befand sich inmitten eines gewaltigen Gartens und wurde von Posten und Hunden bewacht, so dass kein Fremder unbemerkt in den Garten gelangen konnte.
Eines Tages machten mein Vater und ich einen Spaziergang durch den Garten, als plötzlich wie aus dem Nichts eine Art Starez vor uns stand. Er wandte sich an meinen Vater und sagte: ‚Bedenke, Vater, dass dein Kind einmal Seelen der Hölle entreißen wird.’ Nach diesen Worten wandte er sich ab und verschwand. Die Suche nach ihm blieb erfolglos: keine der Wachen hatte ihn gesehen... Als ich zehn Jahre alt war, wurde ich zur Schule geschickt. Danach begann ich meinen Dienst und ging unter der Obhut der Königin des Himmels nach Kasan. Als ich 35 Jahre alt war, fragte mich meine Mamma: ‚Was ist los, Pawliusha, willst du dir keine Frau nehmen? Bald wird es zu spät sein, dann will dich keine mehr [heiraten].’
Nach Beendigung meiner Dienstzeit wollte ich den Wunsch meiner Mutter erfüllen. An diesem Tag gab ein Bekannter ein Abendessen. Nun, ich nahm mir vor, ein ausführliches Gespräch mit wemauchimmer zu führen, wer neben mir platziert wurde. Plötzlich fand ich mich beim Essen neben einem Priester wieder, der sich durch ein sehr spirituelles Leben auszeichnete, und er verwickelte mich in ein Gespräch über das Jesusgebet. Als das Essen vorbei war, hatte ich den festen Entschluss gefasst, nicht zu heiraten.
Auf unvorhersehbaren Pfaden führte mich der Herr zum monastischen Leben. Durch Gottes Gnade lernte ich das Optina-Pustyn-Kloster und den Vater Amwrosij von Optina kennen, der mich segnete, ins Kloster einzutreten."
Vorher erhielt Pawel noch wichtige spirituelle Offenbarungen, eine davon 1881, als er, damals ein Colonel, sich eine Lungenentzündung zuzog. Als sein Bursche auf Wunsch des Erkrankten begann, die Evangelien vorzulesen, erlebte er eine wundersame Vision, während der Pawel die Augen spirituell weit geöffnet hatte. So wie Starez Nektari sagte, „gewährte Gott einem ausgezeichneten Offizier binnen einer Nacht, zum Starez zu werden.”
Am 10. Februar 1892 wurde Pawel Iwanowitsch in die Bruderschaft der Skite zu Ehre des Heiligen Johannes des Täufers aufgenommen und mit dem einfachen Talar eingekleidet. Drei Jahre lang sprach er jeden Abend mit den Starzen: zuerst mit Starez Anatoli und später mit Starez Iosif .
Am 26. März 1893 wurde der Novize Pawel zum Mönchsanwärter geweiht, und im Dezember erhielt er das Kleine Schema mit dem Namen Warsonofij (Barsanuphius). Am 29. Dezember 1902 wurde er zum Diakon-Mönch und am 1. Januar 1903 zum Priestermönch geweiht.
1903 schließlich wurde Priestermönch Warsonofij zum Helfer des Starzen ordiniert. Zur selben Zeit wurde er der geistliche Vater des Schamordino-Konvents, eine Stelle, die er bis zum Ausbruch des Russisch-Japanischen Krieges innehatte.
1904 wurde der Hl. Warsonofij ans St.-Seraphim-Militärhospital von Sarow beordert, um dort den verwundeten und sterbenden Soldaten die Beichte, die Kommunion und die Krankensalbung zu ermöglichen. Bei seiner Rückkehr an die Optina-Einsiedelei nach Kriegsende wurde der Hl. Warsonofij in den Rang eines Hegumens erhoben und von dem Heiligsten Synod zum Vorsteher der Optina-Skite ernannt. Später schrieb er: „All meine Taten und Wünsche waren nur darauf gerichtet, die Maßgaben unserer alten Kirchenväter, unserer geistlichen Kämpfer und unserer großen Starzen in all ihrer göttlichen Vollkommenheit zu erfüllen und vor den verschiedenen weltlichen Anfechtungen zu bewahren.“
In der Fortführung der starzischen Tradition von Optina bemühte er sich, „die Seelen der Menschen der Hölle zu entreißen“. Durch Gottes Gnade öffneten sich ihm die Herzen der Menschen, die zu ihm kamen. Indem er ihnen durch behutsame Nachforschung dazu verhalf, sich vergessener Sünden wieder zu erinnern, brachte er den Menschen die Buße bei; und durch seine Gebete erfuhren die Menschen geistliche wie auch körperliche Heilung.
1912 wurde Starez Warsonofij zum Vorsteher des Theophanie-Klosters in Staro-Golutwino ernannt, denn trotz seiner großartigen geistlichen Gaben waren einige unzufrieden mit seinem Tun. Wegen deren Beschwerden und Verleumdungen wurde er aus Optina wegbeordert. Demütig bat er darum, sich in die Mönchsgemeinde zurückziehen zu dürfen, selbst wenn es als einfacher Novize sein müsste.
Den Schmerz, sein geliebtes Optina verlassen zu müssen, tapfer ertragend, unternahm der Starez die Aufgabe, das vernachlässigte und heruntergekommene Kloster, das ihm anvertraut worden war, wieder in Ordnung zu bringen. Weiterhin strömten die Leute unablässig zum Hl. Warsonofij und baten um Beistand und Trost. Und, obwohl er selbst durch das Übermaß an leidvollen Krankheiten beinahe zusammefiel, empfing er wie zuvor jeden ohne Ausnahme, unterwies sie und führte sie auf den einzigen, engen und schmerzvollen, aber rettenden Pfad.
Dort in Staro-Golutwino bewirkte er die wundersame Heilung eines jungen Taubstummen. Der Starez erklärte der untröstlichen Mutter: „Dies ist ein schreckliches Leid, Folge einer schweren Sünde, die der Junge als Kind begangen hat.“ Dann flüsterte er etwas in das Ohr des Taubstummen. Die verzweifelte Mutter rief: „Väterchen, er kann dich nicht hören. Er ist taub...“ Der Starez antwortete: „Du bist es, die er nicht hören kann; mich aber kann er hören“, und wieder flüsterte er in das Ohr des Jungen. Dessen Augen weiteten sich vor Schreck, und er nickte ergeben. Nachdem er ihm die Beichte abgenommen hatte, spendete Warsonofij ihm die Kommunion, und die Krankheit wich aus dem leidenden Jungen.
Der Starez leitete das Kloster weniger als ein Jahr. Die Leiden, die er während der Krankheit vor seinem Tod ausstehen musste, waren eines Märtyrers würdig. Während er jegliche Medizin und auch Nahrung verweigerte, wiederholte er nur: „Lasst mich – ich befinde mich schon am Kreuz...“ Jeden Tag empfing er die Kommunion. Am 1. April 1913 übergab er seine reine Seele an Gott.
- Alle Daten in diesem Artikel beziehen sich auf den in der Russischen Orthodoxen Kirche verwendeten julianischen Kalender. Zur Umrechnung auf den im Westen üblichen gregorianischen Kalender sind jeweils 13 Tage hinzuzuzählen.