Die Heilige Apostolische und Katholische Kirche des Ostens

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Herkunft und Selbstverständnis

Diese Kirche wird auch assyrische Kirche genannt und als die „fünfte Konfession“ bezeichnet. Sie ist sehr klein und umfasst vielleicht eine Million Mitglieder. Im frühen Mittelalter war sie die Kirche mit der größten Ausdehnung. Sie reichte von ihrem Ursprungsgebiet in Ostsyrien bis nach China, wo sie durch archäologische Zeugnisse für das achte Jahrhundert nachgewiesen ist. Über die syrische Kultur wurde die hellenistisch-antike Kultur dem arabischen Raum vermittelt, z.B. waren Syrer geschätzte Ärzte an den Höfen der Kalifen.

Außer in ihrem Ursprungsgebiet, dem östlichen Syrien und Mesopotamien, konnte sie sich nie gegenüber konkurrierenden Religionen durchsetzen. Der Islam und vor allem der Mongolensturm im 13. Jahrhundert zerstörten fast alle Gemeinden dieser Kirche außerhalb ihres Ursprungsgebiets, mit Ausnahme der Kirche in Südindien, die aber den Kontakt mit dem Zweistromland über weite Strecken der Geschichte verlor. Als „fünfte Konfession“ wird die Kirche des Ostens deswegen bezeichnet, weil sie die Entscheidung des 3. ökumenischen Konzils von Ephesus (431), die Verurteilung des Patriarchen Nestorius von Konstantinopel, nicht mittrug. Bis heute gilt ihr dieser als eine heilige Gestalt. Anhänger der antiochenischen Schule, der auch Nestorius entstammte, zogen sich aus dem byzantinischen Reich nach Nisibis in Ostsyrien zurück, das zum persischen Reich gehörte. Die politische Lage, beide Reiche waren verfeindet, trug dazu bei, dass die Kirche des Ostens sich von der byzantinischen (des Westens!) entfremdete.

Die Apostolische Kirche des Ostens lehrt mit Nestorius die zwei Naturen in Christus. Sie verehrt Maria nicht als Gottesgebärerin, sondern als Christusgebärerin. Die Bezeichnung dieser Kirche als Nestorianer sollte jedoch vermieden werden, da sie eine viel weitere Lehrtradition fortführt, als sie Nestorius (soweit seine Theologie sich überhaupt fassen lässt) repräsentiert.

Die Apostolische Kirche des Ostens kennt keine Bilderverehrung. Als Gottesdienstsprache gebraucht sie bis heute das Ostsyrische. Die Apostolische Kirche des Ostens ist also durch ihre Lehre von den Orientalisch-Orthodoxen Kirchen, wie von den Kirchen des „Westens“, d.h. der byzantinisch geprägten Orthodoxie, der Römisch-Katholischen Kirche und den protestantischen Kirchen getrennt. Besonders schmerzhaft ist es, dass ihr aus Gründen der Lehre die Mitgliedschaft im Middle East Council of Churches, auf die sie dringend angewiesen ist, verwehrt wird.

Mit der römischen-katholischen Kirche hat sich eine fruchtbare Zusammenarbeit ergeben. Teile der Apostolischen Kirche des Ostens haben sich der römischen Kirche angeschlossen und ihren Ritus beibehalten; diese sogenannte Chaldäische Kirche steht im Irak vor den gleichen Schwierigkeiten wie die Assyrische Apostolische Kirche des Ostens, so dass sich eine engere Zusammenarbeit anbot. Im Jahr 2001 hat der Vatikan der Interkommunion von chaldäischer Kirche und Kirche des Ostens zugestimmt – was erstaunlich ist, da bei diesen die Einsetzungsworte in der Abendmahlsliturgie nicht zitiert werden.

Während des Ersten Weltkrieges hat die Assyrer das gleiche Schicksal wie die Armenier getroffen. Sie wurden unter Kemal Atatürk verfolgt, bei Massakern zu Tausenden hingerichtet und aus ihren angestammten Gebieten vertrieben. Ausrottung und Vertreibung aus ihren alten Wohngebieten machten die Kirche zu einer Diasporakirche. An den Vertreibungen beteiligten sich auch Kurden, fanatische Muslime und Perser. In den Jahren 1933 und 1948 gab es weitere Verfolgungswellen, die erste 47 Flüchtlinge auch nach Deutschland brachten. Die meisten wanderten jedoch nach Nordamerika aus. Dorthin wurde 1933 unter dem Katholikos-Patriarchen Mar Eshai Shimon XXIII. (1920-1975) sogar der Patriarchensitz verlegt. Im Norden des Irak ist die assyrische Kirche durch ein dreifaches Embargo betroffen: das gegen den Irak, das des 36. Breitengrads und das des Himmels, wenn der Regen ausbleibt. So ist das Leben der Kirche dort denkbar schwer, und auch den Christen, die nach Bagdad gezogen sind, geht es nicht viel besser.

Trotz ihrer geringen Größe ist die Apostolische Kirche des Ostens gespalten. Anlass war die Einführung des westlich-gregorianischen Kalenders im Jahr 1968, wodurch Weihnachten am 25. Dezember gefeiert wird und nicht mehr am 6. Januar; außerdem beschnitt man die Fastenzeiten. Auch nach der Ermordung des Patriarchen 1975 dauert das Schisma fort. In Chicago residiert seit 1976 Mar Dinkha IV., in Bagdad seit 1972 Mar Addai II.; die Anhänger Addais halten am alten Kalender fest und nennen sich „The Ancient Church of the East". Da viele Gläubige das Schisma nicht nachvollziehen, wird eifrig zwischen beiden Seiten hin- und hergewechselt, was weiter verbittert. Als 1994 der Vatikan und Mar Dinkha eine „Gemeinsame Christologische Erklärung" unterzeichneten, galt dies den einen als ökumenischer Durchbruch und Ausweg aus der ökumenischen Isolation der assyrischen Kirche. Die Anhänger des Patriarchen in Bagdad sprechen dagegen von einem Verrat an der Tradition, die sich gerade durch den Widerstand gegen den Druck von Rom und Byzanz über Jahrhunderte definiert hat.

In Europa gibt es zwei größere Gemeinden, in England (London) und Schweden (Jönköping), die unter der Jurisdiktion des Metropoliten für Europa Mar Odisho Oraham (S-14503 Norsberg/Schweden) stehen.

Kontaktadresse Rev. Yonan Youil Yonan
RO. Box 243, Ealing
GB - London Wl 3 5D0

Die Assyrische Kirche in Deutschland

Durch assyrische Immigranten aus dem Irak und Iran entstand 1979 eine Gemeinde in Wiesbaden, auch in Berlin wurden unregelmäßig Gottesdienste durchgeführt. Zweimal besuchte der aus Indien kommende Metropolit Mar Afrem hier lebende Gläubige und hielt Gottesdienste ab. Eine eigene assyrische Gemeinde konnte sich nicht etablieren. Erst während des irakisch-iranischen Krieges kam eine größere Anzahl von Flüchtlingen nach Deutschland. Sie gehörten allen gesellschaftlichen Schichten an, wanderten in Familienverbänden aus und hatten meist schon eine längere Fluchtgeschichte aus der Türkei, Iran und dem Irak hinter sich, wenn sie dann über Syrien und den Libanon nach Deutschland einreisten. 1987 hat man bei einer Umfrage eine Anzahl von 23.000 Assyrern in ganz Deutschland ermittelt, von denen wegen der Probleme der Asylanerkennung jedoch ein Großteil nach Kanada und Amerika weiterwanderte. Nach Angabe der Assyrisch-Demokratischen Organisation sollen sich zur Zeit ca. 7.000-9.000 Assyrer in Deutschland aufhalten, wovon ca. 1.000 in Wiesbaden und Umgebung wohnen sollen. Die Gläubigen werden von zwei Priestern, in Berlin und Wiesbaden, betreut.

Allgemeines zu den assyrischen Gemeinden in Wiesbaden

Der Streit um Diözesen und Gemeindemitglieder auf Weltebene ist auch in den deutschen Gemeinden spürbar. Es gibt in Wiesbaden zwei assyrische Gemeinden:

Die Gemeinde Mar Shimon Bar Sabaè ist zu Gast in der katholischen Filialkirche St. Johannes der Täufer in Wiesbaden-Rambach. Seit 1987 betreute sie Pfarrer Bityou Bityou. Sie ist Mitglied in der örtlichen ACK. Pfarrer Bityou Bityou wurde seines Alters wegen von Pfarrer Emmanuel Youkhana abgelöst, der aber bald darauf wieder entpflichtet wurde. Pfarrer Bityou Bityou versieht nun als Emeritus die Seelsorge in einem Gebiet, das die Bundesrepublik und Österreich umfasst. Diese Gemeinde hält zu Mar Dinkha IV.

Kontaktadressen
Assyrische Kirche des Ostens
Gemeinde Mar Shimon Bar Sabaè
Postfach 30 64
65020 Wiesbaden
0 61 28 – 246 68 02 Fax: 246 68 03
assyrische_kirche_des_ostens@hotmail.com

Erzpriester Bityou Bityou
Langeooger Straße 4
65199 Wiesbaden Gottesdienst etwa alle 14 Tage (nach dem westlichen Kalender!) sonntags 10.00 Uhr
Kirche St. Johannes der Täufer
In der Lach,
65207 Wiesbaden-Rambach

Die andere Gemeinde hält sich zu Erzbischof Mar Timothäus Shalita und Mar Addai. Sie feiert ihre Gottesdienste in der altkatholischen Friedenskirche in Wiesbaden und in der katholischen Marienkirche in Mainz. Als Priester wirkt hier David Barno.

Kontaktadresse
Erzbischof Mar Timothäus Shalitha
Im Sampel 13
55246 Mainz-Kostheim
0 61 34 – 44 10

Gottesdienst: etwa alle 2-3 Wochen, sonntags 12.00 Uhr
Altkatholische Friedenskirche, Erich-Ollenhauer-Str. 151, 65187 Wiesbaden

Gottesdienst: etwa alle 4-5 Wochen, sonntags 10.00 Uhr Marienkirche, Weintorstraße, 55116 Mainz

Nach © "Orthodoxe Gemeinden im Bereich der EKHN", Frankfurt/Main, September 2002.