Maria Skobtsova von Paris: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 29. März 2025, 10:54 Uhr
Gedächtnis: 31. März
Maria Skobtova (geboren als Jelisaweta Jurjewna Pilenko, in zweiter Ehe Skobtsova; * 8. Dezemberjul. / 20. Dezember 1891greg. in Riga; † 31. März 1945 im KZ Ravensbrück) war eine russische Dichterin, Nonne und Gerechte unter den Völkern. Während des Zweiten Weltkriegs war sie Mitglied der französischen Widerstandsbewegung. Bekannt wurde sie unter dem Namen Mutter Maria (russisch Мать Мария).
Elizaveta Pilenko, die spätere Mutter Maria, wurde 1891 in Riga, Lettland, geboren, das damals zum Russischen Reich gehörte, und wuchs im Süden Russlands an der Küste des Schwarzen Meeres auf. Ihr Vater war Bürgermeister der Stadt Anapa, und mütterlicherseits stammte sie vom letzten Gouverneur der Bastille ab, dem Pariser Gefängnis, das während der Französischen Revolution zerstört wurde.
Ihre Eltern waren gläubige orthodoxe Christen, deren Glaube dazu beitrug, die Werte, Sensibilitäten und Ziele ihrer Tochter zu prägen. Als Kind leerte sie einmal ihr Sparschwein, um zum Malen einer Ikone beizutragen, die Teil einer neuen Kirche in Anapa sein sollte. Mit sieben Jahren fragte sie ihre Mutter, ob sie alt genug sei, um Nonne zu werden, und ein Jahr später bat sie um die Erlaubnis, eine Pilgerin zu werden, die ihr Leben damit verbringt, von Schrein zu Schrein zu gehen.
Als 14-Jährige musste sie den Tod ihres Vaters erleben, ein Ereignis, das ihr sinnlos und ungerecht erschien und sie zum Atheismus führte. „Wenn es keine Gerechtigkeit gibt“, sagte sie, ‚gibt es auch keinen Gott‘. Sie beschloss, dass die Nichtexistenz Gottes den Erwachsenen wohl bekannt war, aber den Kindern verschwiegen wurde. Für sie war die Kindheit vorbei. Als ihre verwitwete Mutter 1906 mit der Familie nach Sankt Petersburg zog, fand sie sich im politischen und kulturellen Zentrum des Landes wieder, das auch eine Brutstätte radikaler Ideen und Gruppen war, und wurde Teil radikaler literarischer Kreise, die sich um symbolistische Dichter wie Alexander Blok scharten, den sie im Alter von 15 Jahren kennenlernte. Wie viele ihrer Zeitgenossen fühlte sie sich zur Linken hingezogen, war aber oft enttäuscht von den Radikalen, denen sie begegnete. Obwohl sie sich selbst als Revolutionäre betrachteten, schienen sie nichts anderes zu tun als zu reden. „Mein Geist sehnte sich danach, heldenhafte Taten zu vollbringen, ja sogar zu sterben, um die Ungerechtigkeit der Welt zu bekämpfen“, erinnert sie sich. Doch niemand, den sie kannte, gab tatsächlich sein Leben für andere hin. Wenn ihre Freunde von jemandem hörten, der für die Revolution starb, bemerkte sie, „werden sie es schätzen, es gutheißen oder nicht, Verständnis auf hohem Niveau zeigen und die ganze Nacht diskutieren, bis die Sonne aufgeht und es Zeit für Spiegeleier ist. Aber sie werden überhaupt nicht verstehen, dass für die Revolution zu sterben bedeutet, einen Strick um den Hals zu spüren.“
1910 heiratete sie Dimitri Kusmin-Karawjew, einen Bolschewiken, der zu einer Gemeinschaft von Dichtern, Künstlern und Schriftstellern gehörte, aber sie kommentierte später, dass diese Ehe „mehr aus Mitleid als aus Liebe“ entstanden sei. Neben Politik und Poesie sprachen sie und ihre Freunde auch über Theologie, aber so wie ihre politischen Ideen keinerlei Bezug zum Leben der einfachen Leute hatten, schwebte ihre Theologie weit über der eigentlichen Kirche. Vieles hätten sie, so reflektierte sie später im Leben, von „irgendeiner alten Bettlerin, die sich sonntags in der Kirche niederwirft“, lernen können. Für viele Intellektuelle war die Kirche eine Idee oder eine Reihe von abstrakten Werten, keine Gemeinschaft, in der man tatsächlich lebte.
Obwohl sie sich immer noch als Atheistin betrachtete, erwachte allmählich ihre frühere Anziehungskraft zu Christus wieder und vertiefte sich, wenn auch nicht in der Gestalt des menschgewordenen Gottes, sondern in der des heldenhaften Menschen. Mit der Zeit fühlte sie sich zu dem religiösen Glauben hingezogen, den sie nach dem Tod ihres Vaters aufgegeben hatte. Sie betete, las das Evangelium und das Leben der Heiligen und kam zu dem Schluss, dass die Menschen nicht nach revolutionären Theorien, sondern nach Christus verlangten. Sie wollte „das einfache Wort Gottes verkünden“, schrieb sie 1916 in einem Brief an Blok. Da sie Theologie studieren wollte, bewarb sie sich um die Aufnahme in die Theologische Akademie des Alexander-Newski-Klosters in Sankt Petersburg, damals eine reine Männerschule, deren Studenten sich auf die Priesterweihe vorbereiteten. Ebenso überraschend wie ihr Wunsch, dort zu studieren, war die Entscheidung des Rektors, sie zuzulassen.
Im Jahr 1913 ging ihre Ehe in die Brüche. Später im selben Jahr wurde ihr erstes Kind, Gaiana, geboren. Kurz vor Beginn des Ersten Weltkriegs kehrte sie mit ihrer Tochter nach Südrussland zurück, wo sich ihr religiöses Leben intensivierte. Eine Zeit lang trug sie heimlich Bleigewichte, die in einen versteckten Gürtel eingenäht waren, um sich daran zu erinnern, „dass es Christus gibt“, und um sich bewusst zu machen, dass Minute für Minute viele Menschen im Krieg litten und starben. Sie erkannte jedoch, dass die wichtigste christliche Askese nicht die Selbstkasteiung war, sondern der fürsorgliche Umgang mit den Bedürfnissen anderer Menschen.
Im Oktober 1917 war sie in Sankt Petersburg dabei, als die Provisorische Regierung Russlands von den Bolschewiki gestürzt wurde. Als sie am Allrussischen Sowjetkongress teilnahm, hörte sie, wie Lenins Leutnant, Leo Trotzki, Leute aus ihrer Partei mit den Worten entließ: „Eure Rolle ist ausgereizt. Geht dahin, wo ihr hingehört, in den Mülleimer der Geschichte!“ Sie erkannte, wie sehr sich die tatsächliche Revolution von den Revolutionsträumen unterschied, die einst die Phantasie so vieler Russen erfüllt hatten! Im Februar 1918 wurde sie zur stellvertretenden Bürgermeisterin von Anapa gewählt. Schließlich wurde sie verhaftet, ins Gefängnis geworfen und wegen Kollaboration mit dem Feind vor Gericht gestellt. Vor Gericht ergriff sie das Wort und verteidigte sich selbst: „Meine Loyalität galt nicht einer imaginären Regierung, sondern denjenigen, deren Bedürfnis nach Gerechtigkeit am größten war, dem Volk. Ob rot oder weiß, mein Standpunkt ist derselbe - ich werde mich für Gerechtigkeit und die Linderung von Leiden einsetzen. Ich werde versuchen, meinen Nächsten zu lieben.“ Dass sie der Hinrichtung entging, verdankte sie Daniel Skobtsov, einem ehemaligen Schulmeister, der nun ihr Richter war. Nach dem Prozess suchte sie ihn auf, um ihm zu danken. Schließlich heirateten sie.
Als sich der Verlauf des Bürgerkriegs zugunsten der Bolschewiki wendete, flohen die Skobtsovs nach Georgien, wo sie 1920 einen Sohn, Yura, zur Welt brachte. Ein Jahr später brachte sie in Jugoslawien Anastasia zur Welt.
Zeit in Paris
Ihre lange Reise endete 1923 mit der Ankunft in Paris, wo sie zur Aufbesserung ihres Einkommens Puppen herstellte und Seidenschals bemalte, wobei sie oft zehn bis zwölf Stunden am Tag arbeitete.
Ein Freund machte sie mit der Russischen Christlichen Studentenbewegung bekannt, einer 1923 gegründeten orthodoxen Vereinigung. Sie begann, Vorträge und andere Aktivitäten zu besuchen, und spürte, wie sie geistig und intellektuell zu neuem Leben erwachte. Im Jahr 1926 trauerte sie um den Tod ihrer Tochter Anastasia. Aus ihrer Trauer heraus war sie entschlossen, „einen neuen Weg vor mir und einen neuen Sinn im Leben zu suchen, eine Mutter für alle zu sein, für alle, die mütterliche Fürsorge, Hilfe oder Schutz brauchen.“ Sie widmete sich der Sozialarbeit und der theologischen Schriftstellerei. Im Jahr 1927 wurden zwei Bände mit dem Titel Ernte des Geistes veröffentlicht, in denen sie das Leben vieler Heiliger nacherzählte.
1930 wurde sie zur Reisesekretärin der Russischen Christlichen Studentenbewegung ernannt, eine Arbeit, die sie in täglichen Kontakt mit verarmten russischen Flüchtlingen in Frankreich und den Nachbarländern brachte. Oft hielt sie Vorträge, aber sie hörte auch anderen zu, wenn diese von einem schrecklichen Leid berichteten, das sie seit Jahren belastete. Sie nahm die Worte Christi wörtlich, dass er immer im Geringsten gegenwärtig sei. „Der Mensch sollte den Körper seines Mitmenschen mit größerer Sorgfalt behandeln als seinen eigenen“, schrieb sie. „Die christliche Liebe lehrt uns, unseren Mitmenschen nicht nur geistige, sondern auch materielle Gaben zu geben. Wir sollten ihnen unser letztes Hemd und unser letztes Stück Brot geben. Persönliche Almosen und die umfassendste Sozialarbeit sind gleichermaßen gerechtfertigt und notwendig.“
Mit der Zeit begann sie, sich eine neue Art von Gemeinschaft vorzustellen, „halb klösterlich und halb brüderlich“, die das geistliche Leben mit dem Dienst an den Bedürftigen verbinden und dabei zeigen sollte, „dass eine freie Kirche Wunder vollbringen kann“. Vater Sergej Bulgakow, ihr Beichtvater, war eine Quelle der Unterstützung und Ermutigung, ebenso wie ihr Bischof, Metropolit Evlogy [Georgievsky], der von 1921 bis 1946 für die vielen Tausend über ganz Europa verstreuten russischen Auswanderer verantwortlich war. Er erkannte ihre Hingabe an die soziale Arbeit und wusste um ihre schwächelnde Ehe, so dass er ihr vorschlug, Nonne zu werden. Nach einem Treffen mit dem Metropoliten Evlogy akzeptierte Daniel die Idee schließlich. Im Frühjahr 1932 legte sie in der Kapelle des Pariser Theologischen Instituts St. Sergius die Gelübde als Nonne ab und erhielt den Namen Maria. Sie legte ihre Mönchsgelübde ab, wie Metropolit Evlogy anerkannte, "um sich vorbehaltlos dem sozialen Dienst zu widmen". Mutter Maria nannte es einfach „Mönchtum in der Welt“. In der Absicht, „das Leben der Armen und Landstreicher zu teilen“, suchte sie nach einem Haus der Gastfreundschaft und fand es in der Villa de Saxe 9 in Paris, die sie mit finanzieller Unterstützung von Metropolit Evlogy mietete. Sie begann, Gäste zu empfangen, hauptsächlich junge russische Frauen ohne Arbeit, für die sie ihr eigenes Zimmer aufgab, während sie selbst auf einem schmalen Eisenbettgestell im Keller schlief. Ein Raum im Obergeschoss wurde zur Kapelle - sie malte die Ikonostase mit Ikonen -, während der Speisesaal als Saal für Vorträge und Dialoge diente.
Da sie größere Räumlichkeiten benötigte, wurde zwei Jahre später ein neuer Standort in einem Pariser Viertel gefunden, in dem sich viele verarmte russische Flüchtlinge niedergelassen hatten. Während sie an der früheren Adresse nur 25 Personen verköstigen konnte, waren es hier hundert. Hier konnten ihre Gäste wieder zu Atem kommen, „bis sie wieder auf eigenen Füßen stehen können“. Ihr Credo lautete: „Jeder Mensch ist die Ikone des menschgewordenen Gottes in der Welt“. Aus dieser Erkenntnis erwuchs die Notwendigkeit, „diese wunderbare Offenbarung Gottes bedingungslos anzunehmen und das Bild Gottes“ in ihren Brüdern und Schwestern zu verehren. Als sich ihr Dienst entwickelte, mietete sie weitere Gebäude, eines für bedürftige Familien, ein anderes für alleinstehende Männer. Ein ländliches Anwesen wurde zu einem Sanatorium. Bis 1937 beherbergte sie mehrere Dutzend Frauen und servierte täglich bis zu 120 Abendessen. Jeden Morgen bettelte sie um Lebensmittel oder kaufte billig ein, was nicht gespendet wurde.
Trotz einer scheinbar endlosen Reihe von Herausforderungen wurde Mutter Maria vor allem von denen getragen, denen sie diente - selbst geschlagene Menschen, Verzweifelte, Krüppel, Alkoholiker, Kranke, Überlebende vieler Tragödien. Aber nicht alle erwiderten das Vertrauen mit Vertrauen. Diebstähle waren keine Seltenheit. Einmal hat ein Gast 25 Francs gestohlen. Alle ahnten, wer die Täterin war, eine Drogenabhängige, aber Mutter Maria weigerte sich, sie zu beschuldigen. Stattdessen verkündete sie am Esstisch, dass das Geld nicht gestohlen, sondern nur verlegt worden war und sie es gefunden hatte. „Sie sehen, wie gefährlich es ist, Anschuldigungen zu machen“, kommentierte sie. Daraufhin brach das Mädchen, das das Geld gestohlen hatte, in Tränen aus.
Mutter Maria und ihre Mitarbeiter öffneten nicht einfach die Tür, wenn Bedürftige anklopften, sondern suchten die Obdachlosen aktiv auf. Ein Ort, an dem sie sie fanden, war ein Nachtcafé in Les Halles, wo diejenigen, die sonst nirgendwo hin konnten, für den Preis eines Glases Wein sitzen konnten. Auch für Kinder wurde gesorgt, und an mehreren Standorten wurde eine Teilzeitschule eröffnet. Mutter Maria wandte sich russischen Flüchtlingen zu, die als geisteskrank eingestuft worden waren, und begann mit einer Reihe von Besuchen in psychiatrischen Kliniken. In jeder Klinik erwiesen sich fünf bis zehn Prozent der russischen Patienten als gesund und wurden dank ihrer Intervention entlassen. Sprachbarrieren und kulturelle Missverständnisse hatten sie in der Anstalt festgehalten. Im Laufe der Zeit halfen sie und ihre Mitarbeiter bei der Einrichtung von Kliniken für Tuberkulosekranke und einer Vielzahl anderer Dienste. Ein weiterer Meilenstein war die Gründung einer Gruppe mit dem Namen „Orthodoxe Aktion“ im September 1935 - ein Name, der von ihrem Freund, dem Philosophen Nicholas Berdyaev, vorgeschlagen wurde. Zu den Mitbegründern gehörten Vater Sergei Bulgakov, der Historiker George Fedotov, der Gelehrte Konstantin Mochulsky, der Verleger Ilya Fondaminsky und ihr langjähriger Mitarbeiter Fedor Pianov, wobei Metropolit Evgoly als Ehrenvorsitzender fungierte. Mit der finanziellen Unterstützung von Förderern aus ganz Europa und den Vereinigten Staaten wurde eine breitere Palette von Projekten und Zentren ermöglicht: Herbergen, Erholungsheime, Schulen, Lager, Krankenhausarbeit, Hilfe für Arbeitslose, Unterstützung für ältere Menschen, Veröffentlichung von Büchern und Broschüren usw. Bei all diesen wachsenden Diensten war es Mutter Marias Anliegen, dass sie nie ihren persönlichen und gemeinschaftlichen Charakter verlieren sollten.
Im Oktober 1939 begann Vater Dimitri Klepinin, damals 35 Jahre alt, Mutter Maria in der letzten Phase ihres Lebens zu unterstützen - einer Reihe von Reaktionen auf den Zweiten Weltkrieg und die Besetzung Frankreichs durch Deutschland. Mutter Maria hätte aus Paris fliehen können, als die Deutschen vorrückten, oder sogar in Amerika Zuflucht suchen können, aber sie rührte sich nicht. „Wenn die Deutschen Paris einnehmen, bleibe ich hier bei meinen alten Frauen. Wohin könnte ich sie sonst schicken?“ Sie machte sich keine Illusionen über die Bedrohung durch die Nazis, die für sie ein „neues Heidentum“ darstellten, das Katastrophen, Umwälzungen, Verfolgungen und Kriege nach sich zog. Mit der Niederlage wuchsen Armut und Hunger, und die Pariser Behörden erklärten ihr Haus zur offiziellen Lebensmittelausgabestelle, wo Freiwillige zum Selbstkostenpreis verkauften, was Mutter Maria an diesem Morgen eingekauft hatte.
Die russischen Flüchtlinge gehörten zu den besonderen Zielen der Besatzer. Im Juni 1941 wurden Tausende verhaftet, darunter mehrere enge Freunde und Mitarbeiter von Mutter Maria und Vater Dimitri, die ein Hilfsprojekt für Gefangene und deren Angehörige ins Leben riefen. Anfang 1942, als die Registrierung bereits im Gange war, klopften Juden an die Tür von Mutter Maria und fragten Vater Dimitri, ob er ihnen Taufscheine ausstellen würde. Die Antwort war immer ja. Die Namen der „Getauften“ wurden auch ordnungsgemäß in sein Kirchenbuch eingetragen, für den Fall, dass die Polizei oder die Gestapo sie überprüften, was tatsächlich geschah. Vater Dimitri war überzeugt, dass Christus in einer solchen Situation dasselbe tun würde. Als die Nazis für die in Frankreich lebenden Menschen russischer Herkunft spezielle Ausweise ausstellten, in denen die Juden besonders gekennzeichnet waren, weigerten sich Mutter Maria und Vater Dimitri, sich daran zu halten, obwohl sie gewarnt wurden, dass diejenigen, die sich nicht registrieren ließen, als Bürger der UdSSR - als feindliche Ausländer - betrachtet und entsprechend bestraft würden.
Bei der anschließenden Massenverhaftung von 12.884 Juden, von denen 6.900 (zwei Drittel davon Kinder) in das Sportstadion Velodrome d'Hiver gebracht und fünf Tage lang festgehalten wurden, bevor sie nach Auschwitz geschickt wurden, betrat Mutter Maria das Stadion und tröstete drei Tage lang die Kinder und ihre Eltern, indem sie die Lebensmittel verteilte, die sie herbeischaffen konnte. Es gelang ihr sogar, einige Kinder zu retten, indem sie die Hilfe von Müllmännern in Anspruch nahm und sie in Mülltonnen hinausschmuggelte. In der Zwischenzeit war ihr Haus voller Menschen, viele von ihnen Juden. „Es ist erstaunlich“, bemerkte Mutter Maria, “dass die Deutschen noch nicht über uns hergefallen sind.“ Vater Dimitri, Mutter Maria und ihre Mitarbeiter richteten Fluchtwege in den unbesetzten Süden ein. Es war eine komplizierte und gefährliche Arbeit. Es mussten gefälschte Dokumente beschafft werden. Eine lokale Widerstandsgruppe half bei der Beschaffung von Lebensmitteln für die Menschen, die Mutter Marias Gemeinschaft zu ernähren hatte.
Am 8. Februar 1943, als Mutter Maria auf Reisen war, drang die Gestapo in das Haus ein und fand in der Tasche ihres Sohnes Yura einen Brief, in dem Vater Dimitri aufgefordert wurde, einem Juden einen falschen Taufschein auszustellen. Yura, der sich nun aktiv an der Arbeit seiner Mutter beteiligte, wurde in das Büro der Orthodoxen Aktion gebracht, bald darauf gefolgt von seiner verzweifelten Großmutter Sophia Pilenko. Der Vernehmungsbeamte befahl ihr, Vater Dimitri mitzubringen. Sobald der Priester da sei, so der Vernehmungsbeamte, würden sie Yura gehen lassen. Seine Großmutter Sophia durfte Yura in die Arme nehmen und ihn segnen. Es war das letzte Mal, dass sie ihn in dieser Welt sah.
Am nächsten Morgen, nachdem er die Göttliche Liturgie gefeiert hatte, machte sich Vater Dimitri auf den Weg zum Gestapo-Büro, wo er vier Stunden lang verhört wurde, wobei er keinen Versuch unternahm, seine Überzeugungen zu verbergen. Am nächsten Tag, dem 10. Februar, wurde Mutter Maria verhaftet, und ihre Wohnung wurde durchsucht. Mehrere andere Frauen wurden zum Verhör vorgeladen und dann von der Gestapo festgehalten. Sie wurde mit 34 anderen Frauen im Gestapo-Hauptquartier in Paris eingesperrt. Ihr Sohn Yura, Vater Dimitri und ihr langjähriger Mitarbeiter Fjodor Pianow wurden im selben Gebäude festgehalten. Pianov erinnerte sich später daran, dass er Zeuge wurde, wie Vater Dimitri von einem SS-Offizier gestoßen und geschlagen wurde, während Jura daneben stand und weinte. Vater Dimitri „begann ihn zu trösten und sagte, dass Christus größeren Spott als diesen ertragen hätte“.
Im April wurden die Gefangenen nach Compiegne verlegt, wo Mutter Maria mit einem letzten Treffen mit Yura gesegnet wurde, der sagte, seine Mutter „war in einem bemerkenswerten Geisteszustand und sagte mir ..., dass ich auf ihre Fähigkeit, die Dinge zu ertragen, vertrauen und mich im Allgemeinen nicht um sie sorgen sollte. Jeden Tag gedenken [Vater Dimitri und ich] ihr in der Proskomidia ... Wir feiern die Eucharistie und empfangen jeden Tag die Kommunion“. Nur Stunden nach ihrem Treffen wurde Mutter Maria nach Deutschland transportiert.
Vater Dimitri und Yura im KZ Buchenwald
Am 16. Dezember wurden Jura und Pater Dimitri in das Konzentrationslager Buchenwald in Deutschland deportiert, Pianov folgte einige Wochen später. Im Januar 1944 wurden Pater Dimitri und Jura in ein anderes Lager, Dora, deportiert. Innerhalb von zehn Tagen nach ihrer Ankunft erkrankte Jura an Furunkulose. Am 6. Februar wurde er „zur Behandlung abgefertigt“ - ein Euphemismus für „zum Tode verurteilt“. Vier Tage später starb Pater Dimitri, auf dem Boden liegend, an einer Lungenentzündung. Sein Leichnam wurde im Krematorium von Buchenwald entsorgt.
Mutter Maria im KZ Ravensbrück
In der Zwischenzeit wurde Mutter Maria - jetzt „Häftling 19.263“ - in einem versiegelten Viehwaggon in das Lager Ravensbrück in Deutschland gebracht, wo sie zwei Jahre lang aushielt, was zum Teil auf ihre lange Erfahrung im asketischen Leben zurückzuführen war. Sie wurde dem Block 27 zugewiesen und freundete sich mit den vielen russischen Häftlingen an, die mit ihr zusammen waren. Da sie nicht mit Freunden korrespondieren konnte, sind nur wenige Zeugnisse in ihren eigenen Worten überliefert, aber Häftlinge, die den Krieg überlebten, erinnerten sich an sie. Eine von ihnen, Solange Perichon, erinnert sich: „Sie war nie niedergeschlagen, niemals. Sie hat sich nie beklagt.... Sie war voller guter Laune, wirklich guter Laune. Wir hatten Appelle, die sich sehr lange hinzogen. Wir wurden um drei Uhr morgens geweckt und mussten mitten im Winter im Freien stehen, bis die Baracken gezählt waren. Sie nahm das alles gelassen hin und sagte: „So, das war's. Schon wieder ein Tag vorbei. Und morgen wird es wieder so sein.' ... Sie ließ es zu, dass nichts Nebensächliches ihren Kontakt zu den Menschen behinderte.“
In der Erwartung, dass sie selbst das Lager über die Krematorien verlassen würde, bat Mutter Maria eine Mitgefangene, von der sie hoffte, dass sie überleben würde, eine Botschaft aufzuschreiben, die sie schließlich an Vater Sergej Bulgakow, Metropolit Evlogy und ihre Mutter weitergeben sollte: „Mein gegenwärtiger Zustand ist so, dass ich das Leiden völlig akzeptiere, weil ich weiß, dass es für mich so sein soll, und wenn ich sterben muss, sehe ich das als einen Segen von oben an.“ Ihre Arbeit im Lager war unterschiedlich. Es gab eine Zeit, in der sie zu einem Team von Frauen gehörte, die 12 Stunden am Tag eine schwere Eisenwalze über die Wege des Lagers schleppten. In einem anderen Zeitraum arbeitete sie in einer Strickerei. Ihre Beine begannen nachzugeben. Als sich ihr Gesundheitszustand verschlechterte, erlaubten ihr ihre Freunde nicht mehr, Teile ihres eigenen Essens zu verschenken, wie sie es in der Vergangenheit getan hatte, um andere am Leben zu erhalten.
Mit dem Herannahen der Roten Armee aus dem Osten reduzierte die Verwaltung des Konzentrationslagers die Essensrationen weiter und erhöhte gleichzeitig die Zahl der Häftlinge pro Block von 800 auf 2.500. In ihrer Not akzeptierte Mutter Maria eine rosa Karte, die jedem Häftling ausgestellt wurde, der aus Alters- oder Krankheitsgründen von der Arbeit befreit werden wollte. Im Januar 1945 wurden diejenigen, die eine solche Karte erhalten hatten, in ein so genanntes Jugendlager verlegt, in dem laut Behörden jede Person ihr eigenes Bett und reichlich Essen haben sollte. Mutter Marias Verlegung erfolgte am 31. Januar. Hier wurde die Essensration weiter gekürzt und das stundenlange Stehen zum Appell verlängert. Obwohl es mitten im Winter war, wurden Decken, Mäntel und Jacken beschlagnahmt, und dann sogar Schuhe und Strümpfe. Die Sterberate lag bei mindestens fünfzig pro Tag. Als Nächstes wurden alle medizinischen Hilfsmittel abgezogen. Diejenigen, die noch überlebten, mussten nun mit dem Tod durch Erschießen und Gas rechnen. Letzteres wurde durch den Bau einer Gaskammer im März 1945 ermöglicht, in der täglich 150 Menschen hingerichtet wurden. Erstaunlicherweise überlebte Mutter Maria fünf Wochen im „Jugendlager“, bevor sie am 3. März in das Hauptlager zurückgebracht wurde. Obwohl sie abgemagert und von Läusen befallen war und ihre Augen eiterten, glaubte sie, dass sie nach Paris zurückkehren oder sogar nach Russland zurückkehren könnte. Dies sollte nicht der Fall sein.
Martyrium
Am 30. März 1945 - dem Großen und Heiligen Freitag jenes Jahres - wurde Mutter Maria für die Gaskammern ausgewählt, in denen sie am folgenden Tag, dem Großen und Heiligen Samstag, umkam. Die Berichte über die Geschehnisse sind widersprüchlich. Einem zufolge war sie eine von vielen, die an diesem Tag für den Tod ausgewählt wurden. Nach einer anderen Darstellung nahm sie den Platz eines anderen Häftlings, eines Juden, ein, der ausgewählt worden war. Obwohl sie in der Gaskammer umkam, ist sie im Gedächtnis der Kirche nicht untergegangen. Überlebende des Krieges, die sie gekannt hatten, wiesen immer wieder auf die Ideen, Einsichten und Aktivitäten der ungewöhnlichen Nonne hin, die so viele Jahre damit verbracht hatte, Menschen in verzweifelter Lage zu helfen.
Verherrlichung und Nachwirken
Am 18. Januar 2004 kanonisierte der Heilige Synod des Ökumenischen Patriarchats von Konstantinopel Mutter Maria Skobtsova, zusammen mit ihrem Sohn Yuri, dem Priester, der eng mit ihr zusammenarbeitete, Vater Dimitri Klépinin, und ihrem engen Freund und Mitarbeiter Ilya Fondaminsky. Ihre Verherrlichung fand in der Pariser Kathedrale des hl. Alexander Newski statt.
Der Film „Мать Мария“ („Mutter Maria“) von 1982 mit Ljudmila Kassatkina behandelt ihr Leben. Tony Stratton Smith verfasste ein biografisches Werk über Maria Skobzowas antifaschistisches Wirken als Nonne: The Rebel Nun, London: Pan Books Ltd 1965. Es gibt eine Übersetzung in französischer Sprache: Mère Marie nonne et rebelle.
Mutter Maria wird in Yad Vashem als „Gerechte unter den Völkern“ geehrt.
Gebete
Troparion (4. Ton)
Du wurdest Braut Christi, o ehrwürdige Mutter, und deinen Leib und deine Seele hast du Ihm als lebendiges Opfer dargebracht. Durch das Licht der Auferstehung Christi unseres Gottes, das durch dich strahlte, hast du das Böse überwunden. Wir feiern dein Gedächtnis in Liebe, o Märtyrerin und Bekennerin Mutter Maria. Bitte Christus Gott, dass Er unsere Seelen errette!
Kondakion (6. Ton)
Ein Instrument der göttlichen Liebe wurdest du, o heilige Märtyrerin Maria, und lehrtest uns, Christus zu lieben mit unserem ganzen Sein. Das Böse überwandest du, denn du gabst dich nicht in die Hände des Zerstörers der Seelen. Du trankst aus dem Kelch des Leidens, und der Schöpfer nahm deinen Tod an über jedes andere Opfer und krönte dich mit dem Lorbeer des Sieges mit Seiner mächtigen Hand. Bitte flehentlich, dass nichts uns hindern möge, den Willen Gottes zu erfüllen, denn du bist ein heller Stern, leuchtend in der Finsternis!