Myronsalbung

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Myronsalbung

Die Myronsalbung (manchmal auch als “Firmung” bezeichnet) ist ein heiliges Sakrament, bei dem einer getauften Person durch eine Salbung mit Öl die Gabe des Heiligen Geistes gewährt wird. So wie die Taufe die persönliche Teilhabe an Tod und Auferstehung Christi bedeutet, so ist die Myronsalbung die persönliche Teilhabe an der Niederkunft des Heiligen Geistes zu Pfingsten.

Theologie und Praxis

Anders als in den westlichen Kirchen (etwa der Römisch-Katholischen oder der Anglikanischen Kirche), wo die Firmung denen vorbehalten ist, die eine bestimmte “geistige Reife” erreicht haben, wird die Myronsalbung in der Orthodoxen Kirche normalerweise unmittelbar im Anschluss an die Taufe vollzogen und unmittelbar (oder jedenfalls nur kurz) vor der ersten Teilnahme an der Heiligen Kommunion.

Bei der Myronsalbung wird der neue Christ mit Chrisam, einem Heiligen Öl (gr.myron), gesalbt. Es handelt sich dabei um eine “Mischung aus 40 süß duftenden Substanzen und reinem Olivenöl” (Gialopsos, 35). Dem Christen werden mit diesem Öl und im Zeichen des Kreuzes die Stirn, die Augen, die Nasenlöcher, der Mund, die Ohren, die Brust, die Hände und die Füße eingerieben (gesalbt). Dabei spricht der Priester, der das Sakrament spendet, jedes Mal die Worte: “Siegel der Gabe des Heiligen Geistes”. Durch das heilige Myron wird ihm die Gabe des Heiligen Geistes gegeben, der hilft, im geistlichen Leben zu wachsen und stark zu werden.

Die Myronsalbung wird sofort nach dem Untertauchen in das Taufbecken und der Übergabe des Taufkreuzes und -kleides vollzogen. Der Priester liest ein Gebet, in dem er dem Herrn für die Reinigung und Heiligung des neuen Mitglieds der Kirche dankt, für seine Geburt aus dem Wasser und dem Geist, und in dem er um das Siegel des Heiligen Geistes durch die Myronsalbung bittet. Dieses Siegel des Herrn bewahrt und beschützt uns.

Das Sakrament der Myronsalbung ist eine Erweiterung des Pfingsttages, an dem der Heilige Geist sich über die Apostel ergoss. Durch die Myronsalbung wird eine Person zum Laien — einem Mitglied des laós (gr. für “Volk, Gemeinde”), dem Volk Gottes. Bischof Kallistos (Ware) von Diokleia führt aus: “Durch die Myronsalbung wird jedes Kirchenmitglied zum Propheten und nimmt Teil an der königlichen Priesterschaft Christi; so sagt man, dass alle Christen gleichsam, weil sie gesalbt sind, bewusste Zeugen der Wahrheit sind. ‘Und ihr habt die Salbung von dem Heiligen und wisset alles.’ (2 Joh 2:20)” (Ware, 279)

Obwohl die Myronsalbung normalerweise zusammen mit der Taufe vollzogen wird, kann sie auch alleine dazu dienen, um Konvertiten nach der Regel der Oikonomia aufzunehmen. Allerdings variiert die diesbezügliche Praxis; meist (vor allem in Nordamerika) kann ein Konvertit, der aus einer anderen christlichen Kirche zur Orthodoxie übertreten will und vorher die Taufe durch die Trinitätsformel (“Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes”) empfangen hat, durch Myronsalbung aufgenommen werden und danach die Heilige Eucharistie empfangen. Wenn der Konvertit aber von einem christlichen Bekenntnis herkommt, das nur im Namen von “Jesus allein” tauft (wie einige Pfingstgemeinden) oder sogar aus einer Kirche, die überhaupt keine Taufe praktiziert (wie die Quäker oder die Salvation Army), muss vor der Myronsalbung eine Taufe erfolgen. Die jeweilige Anwendung der Oikonomia geschieht nach dem Ermessen und den entsprechenden Richtlinien des lokalen Bischofs.

Apostolischer Ursprung

Obwohl einige nicht-orthodoxe Christen den Vorwurf erheben, dass alle Sakramente außer der Taufe und der Eucharistie nicht bibelfundiert, sondern lediglich menschliche Überlieferungen seien, ist dem nicht so. Das Sakrament der Myronsalbung wird im Neuen Testament erwähnt.

Die Apostelgeschichte zeigt uns, dass es schon in der frühesten Kirche eine Art Firmung gab. Als die christliche Gemeinde sich zahlenmäßig und geographisch immer weiter ausbreitete, sowohl innerhalb als auch außerhalb der jüdischen Welt, waren die Apostel bald nicht mehr die Einzigen, die die Evangelien predigten und die Menschen zu Christen tauften.

Die Werke des Hl. Paulus werden berichtet in Apg 19:1-12. Dort lesen wir, dass einige, die die “Taufe des Johannes (des Täufers)” erhalten hatten, begierig waren, auf den Namen Jesu getauft zu werden: “Als sie es aber gehört hatten, wurden sie auf den Namen des Herrn Jesus getauft; und als Paulus ihnen die Hände aufgelegt hatte, kam der Heilige Geist auf sie, und sie redeten in Sprachen und weissagten.“(Apg. 19:5-6) Ein anderes Zeugnis der Konfirmation in der frühen Kirche lesen wir in Kapitel 8: „Als aber die Apostel, welche in Jerusalem waren, gehört hatten, daß Samaria das Wort Gottes angenommen habe, sandten sie Petrus und Johannes zu ihnen; welche, als sie hinabgekommen waren, für die beteten, damit sie den Heiligen Geist empfangen möchten; denn er war noch nicht auf einen von ihnen gefallen, sondern sie waren allein getauft auf den Namen des Herrn Jesus. Dann legten sie ihnen die Hände auf, und sie empfingen den Heiligen Geist.“(Apg 8:14-18)

Bruder Philip Gialopsos erklärt die weitere Entwicklung des Sakraments wie folgt: “Später, als das Christentum zu wachsen begann, war es den Aposteln unmöglich, überall selbst im Sakrament die Hand aufzulegen, so dass sie die Aufgabe, die Getauften mit Myrrhe (Myronöl) zu salben, an ihre Nachfolger übertrugen.” (Gialopsos, 35)

Der Ritus des Sakraments

Nachdem der Priester den Pinsel in das Gefäß mit Myron getaucht hat, salbt er Stirn, Augen, Nase, Lippen, Ohren, Brust, Hände und die Füße in Kreuzesform und spricht dabei jedesmal: “Siegel der Gabe des Heiligen Geistes. Amen.” Das Wort “Amen” sprechen auch die Taufpaten und die Täuflinge mit dem Priester mit. Danach gehen die Täuflinge und Taufpaten hinter dem Priester dreimal um das Taufbecken, wobei der Vers gesungen wird: “Alle, die ihr in Christus getauft seid, habt Christus angezogen. Alleluja” (dreimal). Während der Prozession um das Taufbecken tragen alle brennende Kerzen in der Hand.

Sofort nach der Prozession werden die Epistel und das Evangelium gelesen. In frühchristlicher Zeit trug der Neugetaufte das helle Gewand, das ihm nach der Taufe angezogen wurde, eine ganze Woche. Auch das heilige Myron blieb eine ganze Woche auf seinem Körper, an den Stellen, an denen er damit gesalbt worden war. In dieser Zeit hörte er die Erklärungen über das Sakrament der heiligen Eucharistie und bereitete sich auf den Empfang der Heiligen Gaben Christi vor. Nach Ablauf einer Woche kam er zum Bischof, und das Myron wurde abgewaschen.

Jetzt geschieht alles an einem Tag. Nach der Lesung der Epistel und des Evangeliums und einiger Gebete nimmt der Priester einen speziellen Schwamm, taucht ihn in das Taufbecken und wäscht damit die Stellen auf dem Körper des Täuflings, die mit dem heiligen Myron gesalbt worden sind. Die Besiegelung durch der Gabe des Heiligen Geistes, die sichtbar durch die Salbung mit Myron vollzogen worden ist, bleibt nun im Herzen des Christen.

Während der Waschung spricht der Priester zum Täufling: “Du bist gerechtfertigt, bist erleuchtet, bist geheiligt, bist abgewaschen durch den Namen unseres Herrn Jesus Christus und durch den Geist unseres Gottes...

– Du bist getauft, bist erleuchtet, bist gesalbt, bist geheiligt, bist gewaschen im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.” Das Schneiden der Haare, das nun folgt, ist seit alter Zeit ein Symbol für Gehorsam und Opfer. Zum Beispiel heißt der Ritus des Eintretens in den Mönchsstand “Abschneiden der Haare” (postrig – Tonsur).

In einem vorangehenden Gebet preist der Priester Gott dafür, dass Er den Menschen nach Seinem Ebenbild geschaffen hat und mit einem wohlgestalteten Körper und einer Seele ausgestattet hat. Jeder seiner Teile ist voll von Schönheit und Sinn. Obenan aber hat Gott das Haupt gesetzt und darin eine Vielzahl von Gefühlen, die einander nicht hinderlich sind.

Der Priester schneidet einige Haarsträhnen vom Kopf des Neugetauften als Opfer und Weihe an Gott. Dies macht er mit einer besonderen Schere an vier Stellen in Form eines Kreuzes: auf dem Hinterkopf, an der Stirn und der rechten und linken Seite des Kopfes.

Dabei spricht er die Worte: “Geschoren wird der Diener (die Dienerin) Gottes (hier wird der Name genannt) im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.”

Währenddessen bereitet der Taufpate oder der Altardiener Wachs für die abgeschnittenen Haare vor. Das Wachs wird dann zusammen mit den Haaren zu einer Kugel geformt und in das Taufbecken getaucht. Dies tut der Priester oder bisweilen auch jemand, der ihm hilft.

Damit endet die Feier des Sakramentes der Taufe, der Myronsalbung (Firmung) und der sie begleitenden Riten.

Eingliederung in die Kirche und Gebet zum vierzigsten Tag

Gewöhnlich werden heutzutage die Neugetauften sofort nach der Feier der Myronsalbung mit einem eigenen Ritus in die Kirche eingegliedert, und für die Mutter wird das Reinigungsgebet am vierzigsten Tag nach der Geburt gelesen. Sowohl das Taufkind als auch seine Mutter können danach die Heiligen Gaben Christi empfangen.

Die Mutter steht mit dem Kind vor der Königstür und hat das Haupt gebeugt, der Priester spricht folgendes Gebet: “Herr, Gott, Allherrscher, Vater unseres Herrn Jesus Christus, der Du alle vernünftige und unvernünftige Kreatur durch Dein Wort erschaffen und alles aus dem Nichtsein ins Dasein gerufen hast, wir bitten Dich und rufen Dich an: reinige diese Deine Dienerin (Name der Mutter), welche Du nach Deinem Willen wieder aufgerichtet hast, und welche jetzt in Deine Kirche gekommen ist, von allen Sünden und von jedem Makel, auf dass sie gewürdigt werde, ohne Verurteilung teilzunehmen an Deinen heiligen Geheimnissen.”

Der zweite Teil des Gebetes betrifft das Kind: “Segne auch das aus ihr geborene Kind; lasse es aufwachsen; heilige es und mache es verständig, züchtig, klug und gut: weil Du es hervorgebracht und ihm das Licht der Erde gezeigt hast, auf dass ihm in der von Dir bestimmten Zeit auch das geistliche Licht geschenkt werde, und es zugezählt werde zu Deiner heiligen Herde, durch Deinen eingeborenen Sohn, mit welchem Du gebenedeit bist, mit Deinem allheiligen und guten und lebenspendenden Geiste, jetzt und immerdar und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.”

Danach nimmt der Priester das Kind von der Mutter, macht mit ihm ein Kreuz vor der Königstür mit den Worten: “In die Kirche eingegliedert wird der Diener (die Dienerin) Gottes (Name des Kindes) im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.” Danach spricht er: “Er wird eingehen in Dein Haus, anbeten vor Deinem heiligen Tempel. Mitten in der Versammlung wird er Dich preisen.” Buben werden vom Priester durch die südliche Tür in den Altarraum hineingetragen, um den Altartisch herum und bei der nördlichen Tür wieder heraus. Dabei spricht der Priester das Gebet des greisen Simeon, der das Jesuskind in seine Arme genommen hat, als es die Gottesmutter in den Tempel von Jerusalem gebracht hat.

Danach reicht der Priester allen Anwesenden das Kreuz zum Küssen.

Es ist möglich, dass das Kind schon stirbt, bevor die vierzig Tage nach der Geburt vergangen sind. Dann kommt die Mutter dennoch in die Kirche, und der Priester liest nur den ersten Teil des Gebetes, der sich auf sie bezieht. Es kommt vor, dass die Mutter aus verschiedenen Gründen abwesend ist. Dann liest der Priester nur den Teil des Gebets, der sich auf das Kind bezieht. Dasselbe geschieht, wenn Erwachsene getauft werden. Ihre Mütter sind oft ungläubig, sonst hätten sie ihre Kinder schon in der Kindheit taufen lassen, und deshalb wird das Gebet mit der Bitte, Gott möge sie der heiligen Kommunion als würdig erweisen, nicht gelesen.

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