Lioba: Unterschied zwischen den Versionen

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===Geduld in Schwierigkeiten===
===Geduld in Schwierigkeiten===
Zahlreiche Wunder der Heiligen machten ihr Kloster schon zu ihren Lebzeiten in Deutschland berühmt. Viele edle und mächtige Männer vertrauten ihr ihre Töchter an, und viele Witwen oder andere Frauen verließen die Welt und wurden Nonnen. Trotzdem standen dem Kloster Bischofsheim – trotz der vielen Geschenke, aber vielleicht wegen der dort geübten großzügigen Gastlichkeit - nur geringe Mittel für den Lebensunterhalt zur Verfügung. Im Klartext: das Kloster war mangelhaft ausgestattet. Wie aus einem Trostbrief des Hl. Lullus, wahrscheinlich im Auftrag des Hl. Bonifacius an sie geschrieben, hervorgeht, wurde sie nur ermahnt, nach Christi Weisung diese Armut geduldig zu ertragen.
Zahlreiche Wunder der Heiligen machten ihr Kloster schon zu ihren Lebzeiten in Deutschland berühmt. Viele edle und mächtige Männer vertrauten ihr ihre Töchter an, und viele Witwen oder andere Frauen verließen die Welt und wurden Nonnen. Trotzdem standen dem Kloster Bischofsheim – trotz der vielen Geschenke, aber vielleicht wegen der dort geübten großzügigen Gastlichkeit - nur geringe Mittel für den Lebensunterhalt zur Verfügung. Im Klartext: das Kloster war mangelhaft ausgestattet. Wie aus einem Trostbrief des Hl. Lullus, wahrscheinlich im Auftrag des Hl. Bonifatius an sie geschrieben, hervorgeht, wurde sie nur ermahnt, nach Christi Weisung diese Armut geduldig zu ertragen.


Lioba hat trotz solcher Sorgen und Schwierigkeiten ihren Mut, ihre Fröhlichkeit, ihre Hilfsbereitschaft und Herzlichkeit nie verloren.
Lioba hat trotz solcher Sorgen und Schwierigkeiten ihren Mut, ihre Fröhlichkeit, ihre Hilfsbereitschaft und Herzlichkeit nie verloren.

Version vom 19. Dezember 2009, 23:33 Uhr


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700/10 + 782 Gedenktag 28.September

Vortrag: Pilgerfahrten in der Umgebung von Offenbach: Drei Heilige der angelsächsischen Mission Deutschlands

In eine englische Adelsfamilie geboren wurde sie auf den Namen Truthgeba getauft. Aber schon früh nannte man sie „Lioba“, die geliebte.

Erziehung und hervorragende Ausbildung genoss sie im Kloster Winburn in Dorsetshire ganz am südlichen Rande Englands, - ein Kloster das kurz vorher von der königlichen Heiligen Kuthburga gegründet worden war.

Später lebte Lioba als Nonne in Klöstern in Kent und Wessex. Hier arbeiteten die Äbtissinnen eng mit Liobas Verwandten, dem Heiligen Bonifatius zusammen.

732/5/8 folgte sie dem Ruf ihres Onkels Bonifatius nach Germanien, um im mainfränkischen Gebiet Nonnenklöster zu gründen. Sie wurde sogleich als Äbtissin in Bischofsheim eingesetzt und gründete auch die Klöster Kitzingen und Ochsenfurt, sowie viele andere. Leider sind alle diese Klöster inzwischen verschwunden.

Ihre Heiligkeit

Anders als beim Heiligen Bonifatius ist Liobas Heiligkeit niemals von kirchlichen Schriftstellern angezweifelt worden. Die vielen von ihr – anders als im Falle Bonifatius - schon bei Lebzeiten gewirkten Wunder sprachen eine überzeugende Sprache.

Die besondere Art ihrer Heiligkeit erschließt sich vielleicht am besten durch eine Vision, die sie als Novizin erlebte.

Als junge Nonne sah Lioba einmal nachts im Traum einen Purpurfaden aus ihrem Mund hervorgehen. Sie wollte ihn herausziehen, aber er wurde immer länger, als wenn er aus ihren Eingeweiden hervorkäme. Sie wickelte ihn zu einem runden Knäuel. Aufgewacht, bat sie eine Mitschwester, über diesen Traum eine alte Nonne zu befragen, die prophetische Erleuchtung erlangt hatte. Die alte Nonne erkannte sogleich, dass Lioba die Träumerin war und deutete den Purpurfaden, „der durch ihren Mund aus ihrem Innern hervorkam“ als „die Lehre der Weisheit, die im Dienst des Wortes aus ihrem Herzen entspringt“. Der aufgewickelte Knäuel in ihrer Hand bedeute in seiner Rundheit und leichten Beweglichkeit, „das Geheimnis des göttlichen Wortes, das durch der Predigenden Rat und Tat geformt, bald im tätigen Leben sich auf der Erde bewegt, bald durch fromme Beschauung zur Höhe strebt, bald indem es für den Nächsten duldet, sich erniedrigt, bald durch die Liebe zu Gott sich erhöht“. Und die Nonne deutete weiter, Lioba werde durch ihre Lehren in Wort und Beispiel bei fremden Völkern großen Nutzen stiften.

Diese Vision zeigt uns Lioba als einen Menschen, der im Dienst Christi, des Wortes, und auch als Lehrerin durch das Wort ihrer Lehre, die Weisheit des Herzens vermittelt hat.

In den Worten der Kirchenväter ist das die Weisheit des Heiligen Geistes, der in ihrem tiefen Herzen wohnte.

Die Vision betont zum einen die Einheit von Theorie und Praxis, vom Weg Marthas und Marias, oder Leas und Rahels. Zum anderen macht sie ein besonders umfassendes Verständnis von „Lehre“ oder, wie wir sagen würden, geistlicher Vaterschaft, deutlich: ein Lehrer des göttlichen Wortes macht die Weisheit Christi, des Wortes Gottes, durch sein eigenes Leben auf der Erde lebendig.

Die Bedeutung der heiligen Lioba für orthodoxe Christen

Wenn wir nun wieder nach dem Vorbild Liobas auch bei ihr nach Wesenszügen und Tugenden suchen, die uns selbst auf unserem Weg weiterhelfen können, so stechen drei ins Auge: Ihre mit Maßhalten verbundene Milde, ihre Geduld in Schwierigkeiten, und die christliche Qualität ihrer Liebenswürdigkeit

Milde und Maß

Lioba entwickelte für ihre Klöster eine eigene Version der Benediktinerinnenregel. Sie selbst lebte sehr genügsam und ließ sich auch während ihres nächtlichen Schlafes von den jüngeren Schwestern die Bibel vorlesen. Dabei war ihr das Geschenk eines leichten Schlafs und eines wachen Herzens verliehen worden, denn jeden Lesefehler korrigierte sie sofort.

Als Äbtissin jedoch waren ihre Entscheidungen von Takt und Sinn für praktische Durchführbarkeit geprägt. Bei den Mitschwestern sorgte sie für großzügigere Essensregeln. Auch erlegte sie ihnen auf, nach der Hauptmahlzeit etwas schlafen, damit ihre Aufnahmefähigkeit für die geistliche Lektüre nicht abgestumpft werde.

Für sich selbst, aber in höherem Maße für andere, hatte sie ein behutsames Auge auf die Grenzen der menschlichen Kraft. Auf diese Weise zog sie viele geistliche Töchter heran, von denen einige als Äbtissinnen oder geistliche Mütter selbst heilig wurden. Es wurde überhaupt das Besondere an den von ihr gegründeten Klöstern, dass sie – hierin ihrem Vater Bonifatius folgend - all ihre Schülerinnen zu künftigen Lehrerinnen heranzog.

Mit ihrem Sinn für die Realitäten, und das heißt, ihrer verständnisvollen Großzügigkeit für andere und ihrem guten Urteil auch bei der Einrichtung ihrer eigenen Askese, scheint die Nonne Lioba mir auch für weltliche Christen, und dies besonders während der Fastenzeit, ein hilfreiches Vorbild.

Wir sollen ja einerseits immer mit zweierlei Maß messen, d.h. von anderen wenig, von uns selbst aber viel verlangen. Dabei aber erfordert es die richtige Demut, auch uns selbst gegenüber mit unserer Schwäche zu rechnen und nicht durch Selbstüberforderung in Versuchung zu geraten.

Geduld in Schwierigkeiten

Zahlreiche Wunder der Heiligen machten ihr Kloster schon zu ihren Lebzeiten in Deutschland berühmt. Viele edle und mächtige Männer vertrauten ihr ihre Töchter an, und viele Witwen oder andere Frauen verließen die Welt und wurden Nonnen. Trotzdem standen dem Kloster Bischofsheim – trotz der vielen Geschenke, aber vielleicht wegen der dort geübten großzügigen Gastlichkeit - nur geringe Mittel für den Lebensunterhalt zur Verfügung. Im Klartext: das Kloster war mangelhaft ausgestattet. Wie aus einem Trostbrief des Hl. Lullus, wahrscheinlich im Auftrag des Hl. Bonifatius an sie geschrieben, hervorgeht, wurde sie nur ermahnt, nach Christi Weisung diese Armut geduldig zu ertragen.

Lioba hat trotz solcher Sorgen und Schwierigkeiten ihren Mut, ihre Fröhlichkeit, ihre Hilfsbereitschaft und Herzlichkeit nie verloren.

Ihre Liebenswürdigkeit

Bereits im englischen Heimatkloster, aber auch später in Franken, liebten die Mitschwestern Lioba. Neben ihrem gewinnenden Naturell hatte daran auch die Demut großen Anteil, mit der sie sich trotz ihrer anerkannten Heiligkeit und später als Äbtissin den anderen gleichstellte. Ebenso liebten sie die vielen Notleidenden und Armen, denen sie ihre Mildtätigkeit und Gastfreundschaft zukommen ließ. Dabei hat sie nicht nur selbst für diese Pilger und Hungernden gekocht, sondern auch nach Jesu Vorbild jedem mit eigenen Händen die Füße gewaschen. Dieselbe Liebe weckte sie aber auch bei Fürsten (einschließlich der Frankenherrscher) und Bischöfen. Sie alle luden sie ein, beschenkten sie und suchten ihren Rat. Eine besonders enge geistliche Mutterschaft verband Lioba mit der zweiten Gemahlin des damaligen Frankenkönigs, und späteren Kaisers Karl.

Diese Frau muss wohl schon mit 13 Jahren verheiratet worden sein, denn bis zu ihrem Tod mit 25 Jahren hat sie 9 Kinder geboren. Sie gilt als bedeutende Förderin von Klöstern, und es nimmt nicht wunder, dass dieses halbe Kind (später selbst als Selige verehrt) sich in großer Verehrung Lioba anschloss und sie am liebsten immer um sich gehabt hätte. Lioba andererseits hasste das Leben am Hof.

Als nun Liobas Kräfte im hohen Alter nachließen, erhielt sie die Erlaubnis, sich aus Bischofsheim in ein kleines Kloster in Schornsheim bei Mainz zurückzuziehen, wo Karl der Große ihr einen Alterssitz geschenkt hatte. Anlässlich dieses Umzugs und „Ruhestands“ flehte die Königin sie sogleich an, von dort aus (wo sie ja viel näher sei) zu ihr zu kommen, um sie noch einmal zu sehen. Auch Hildegard hatte damals nur noch ein Jahr zu leben, und wer weiß, in welchen Kindsnöten sie sich gerade wieder befand. Obwohl diese Reise Lioba sehr beschwerlich fiel (sie selbst starb nur kurze Zeit nach der Rückkehr), nahm sie die Anstrengung auf sich. Gleich bei der Ankunft in Aachen wurde ihr jedoch klar, dass Hildegard gar kein besonderes geistliches Anliegen hatte sondern nur den Trost ihrer Gegenwart suchte. Da wies sie diese streng, wenn auch mit großer Liebe zurecht und reiste sofort wieder ab. Man sieht hier, wie Liobas sich selbstverleugnende Opferbereitschaft doch zugleich immer dem Rahmen ihres Mönchtums verpflichtet blieb. Ihre Liebenswürdigkeit war frei von Sentimentalität.

Ich vermute, dass dieser harte, asketische Kern in ihrem Gehorsam gegen Christus es war, der es Bonifatius überhaupt ermöglichte, diese unter Mönchen nicht gewöhnliche Herzens-Freundschaft zu einer Nonne zu pflegen.

Mir scheint, dass für uns orthodoxe Laien, und besonders die Frauen und Mütter unter ihnen, obwohl wir, anders als Lioba in der Welt leben, diese Qualität ihrer Liebe bedeutsam ist. Der harte Kern des Christusgehorsams in Liobas Liebenswürdigkeit erinnert uns daran, dass wir bei all unserem Lieben und Geliebt Werden nicht unsere Gefühle, sondern Christus an die erste Stelle setzen, - was, zumindest für mein Empfinden, eine sehr schwierige Lehre ist.

Reliquien

Die wichtigsten Reliquien der Heiligen liegen auf dem Petersberg bei Fulda. Um in der wunderbar ausgemalten Krypta Zugang zu ihrem Haupt-Reliquar zu erhalten, muss man sich vorher mit den Liobaschwestern in Verbindung setzen.

Was ich in meiner Tabelle nicht erwähnte: über dem Steinsarkophag (der leer sein soll) befindet sich eine verglaste Nische mit Resten ihres Holzsargs. Daneben ein Behälter, der ebenfalls eine Reliquie der Heiligen, wie auch von Bonifatius und Sturmius, enthält.

Zwei weitere Reliquienbehälter finden sich in Fulda im Dommuseum (wo auch Hildegard vertreten ist).

Normalerweise wird Lioba nicht nur „von Bischofsheim“ genannt, sondern von Tauberbischofsheim.

Dort gibt es in zwei Kirchen Reliquien der Heiligen St. Martin und St. Lioba. Weitere Reliquien finden sich in einigen entfernteren Kirchen, zum Beispiel in der St. Liobakirche in Nürnberg.

Die Sache mit Tauberbischofsheim allerdings beruht offenbar (und hier folge ich einer Abhandlung über die Geschichte der Stadt Bischofsheim von Friedrich Stein, im Internet googlebar) auf einem Missverständnis eines Kopisten der Vita der Heiligen. Es wird vermutet, dass ihr Hauptkloster in Bischofsheim in der Rhön lag, und zwar unter dem jetzigen Rentamt gestanden haben müsste. Hierzu passt, neben vielen anderen Umständen, dass in Tauberbischofsheim trotz aller Grabungen nie Spuren ihres Klosters gefunden wurden, und dass die dortige Liobaverehrung erst im 17. Jh. losging, als die Vita mit dem Zusatz „Tauber“ gedruckt vorlag. Erst dann haben die Franziskaner am Ort sich Lioba-Reliquien verschafft und die Verehrung gefördert. Leider hat Bischofsheim keine Reliquien der Heiligen, dafür allerdings eine russisch orthodoxe Kirche des Moskauer Patriarchats, mit vielen herrlichen Ikonen, die einen Besuch lohnt. Vater Fjodor freut sich sehr.

Quelle und Copyright

Bogoslov.ru, Cornelia Delkeskamp-Hayes