Kirchenslawisch: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 29. September 2009, 20:45 Uhr

Orthodoxes Glaubensbuch - Die kirchenslawische Sprache

Die kirchenslawische Sprache ist ein kostbares Erbe, das wir durch die Tradition von unseren Vorfahren zusammen mit den Gnadengaben der Heiligen Orthodoxen Kirche empfangen haben. Sie ist die russische Variante der altkirchenslawischen Sprache, in die in der Mitte des IX. Jahrhunderts die ersten gottesdienstlichen Bücher aus dem Griechischen übersetzt und die dann mit der Taufe der Rus’ von der Russischen Kirche übernommen wurde. Das System der kirchenslawischen Schrift wurde von den heiligen apostelgleichen Brüdern Kyrill (= 869) und Method (= 885) geschaffen. Ihr Gedächtnis wird von der Orthodoxen Kirche am 24. Mai (am 11. Mai nach altem Kalender) begangen.

Die Brüder wurden in der griechischen Stadt Thessaloniki geboren und beherrschten von Kindheit an den örtlichen slawischen Dialekt, den ein beachtlicher Teil der Bevölkerung der Stadt und ihrer Umgebung sprach. Der jüngere Bruder Konstantin (Kyrill ist sein Mönchsname) erhielt eine glänzende Ausbildung in der Hofschule von Konstantinopel, war einige Zeit Bibliothekar in der Bibliothek des Patriarchen, zog aber die Hingabe an Gott dem hohen Dienst bei Hof vor. Er ging heimlich in ein Kloster am Marmarameer und befasste sich mit dem Studium des Schrifttums. Aber bald wurde sein Aufenthaltsort entdeckt, und Konstantin musste in die Hauptstadt zurückkehren, wo ihn die Stelle eines Lehrers der Philosophie an der Universität von Konstantinopel erwartete. Schon in jungen Jahren wurde Konstantin als herausragender Philosoph und Polemiker bekannt. Er siegte im Gelehrtenstreit mit dem ehemaligen Patriarchen Johannes, einem Anhänger des Ikonoklasmus, nahm an Missionsreisen zu den Sarazenen und Chazaren teil, wo er die Dogmen der christlichen Glaubenslehre glänzend verteidigte. Als der großmährische Fürst Rostislav im Jahre 862 mit der Bitte an den byzantinischen Kaiser Michael III. herantrat, ihm eine geistliche Person für die Predigt des Wortes Gottes unter den Slawen in ihrer Muttersprache zu senden, fiel die Wahl auf Konstantin und seinen älteren Bruder Method*, der zu jener Zeit Mönch in einem Kloster auf dem Berg Olymp lebte. Noch vor Ankunft der Gesandtschaft aus Mähren hatte Konstantin mit der Arbeit der Schaffung eines slawischen Alphabets begonnen. Damit die neubekehrten Christen den Gottesdienst und die erhabenen Gesänge und Gebete verstehen konnten, war es notwendig, die wichtigsten gottesdienstlichen Bücher in ihre Muttersprache zu übersetzen, die bis dahin keine eigene Literaturtradition hatte. In Mähren predigten Konstantin und Method das Christentum den Slawen, die teilweise noch Heiden waren, und lehrten ihre Kinder das Alphabet. Der Herr segnete das edle Wirken der Brüder aus Saloniki, im Laufe einiger Jahre wurden Mähren, Bulgarien, Pannonien und andere Länder von der Lehre des Evangeliums erleuchtet*. Nach dem Tod Konstan¬tins, der kurz zuvor das Mönchtum und den Namen Kyrill angenommen hatte, wurde Method zum Erzbischof von Mähren und Pannonien ernannt, wo er bis zu seinem Tod im Jahre 885 unter vielen Schwierigkeiten – einmal wurde er sogar vom lateinisch-deutschen Klerus gefangen genommen – mit seinen Schülern das Wort Gottes in der slawischen Sprache verkündete. 100 Jahre später kamen das slawische Alphabet und die heiligen Bücher zu den Slawen der Kiever Rus’. Mit der Annahme des Christentums und der Übernahme dieser Bücher begann in unserem Vaterland die Alphabetisierung.

Das russische Alphabet trägt den Namen seines Begründers, des heiligen apostelgleichen Kyrill. Die Grundlage der kyrillischen Schrift bildet die byzantinische Unzialschrift (eine Zierschrift, in der die gottesdienstlichen Bücher geschrieben wurden). Da es im Slawischen Laute gab, die in der griechischen Sprache fehlten, wurden für sie Buchstaben verwendet, die aus anderen Alphabeten übernommen wurden. Einige Buchstaben sind offensichtlich hebräischen, samaritanischen oder sogar koptischen Ursprungs. Die kirchenslawische Sprache formte sich langsam im Laufe von Jahrhunderten und nahm verschiedene orthographische Besonderheiten an. Sie entwickelte sich unter dem Einfluss der russischen Sprache. Ihre endgültige Gestalt erhielt die Sprache unserer gottesdienstlichen Bücher in der Mitte des XVII. Jahrhunderts.

Die Kenntnis der Sprache, in welcher der orthodoxe Gottesdienst gefeiert, das Wort Gottes in der Kirche verkündet wird, die täglichen Gebete zu Hause gelesen und Bitt- und Dankgottesdienste gefeiert werden, ist für jeden russisch-orthodoxen Christen unumgänglich. Es ist eine machtvolle, bilderreiche und erhabene Sprache, die für uns heilig ist und niemals im Alltag zum Ausdruck der Nöte des Lebens gebraucht wird. In ihr vollzieht sich nur die geheimnisvolle Verbindung jedes wahrhaft gläubigen orthodoxen Christen mit Gott. Täglich ertönt die Sprache unserer Vorfahren und der heiligen Gerechten des russischen Landes im Munde von Millionen von Menschen, und verbindet damit die lebenden und verstorbenen Mitglieder der Kirche in dem einen Gebet zum Herrn.

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