Die Stellung der Frau in der Kirche: Unterschied zwischen den Versionen

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Bei Fragen an den Autor zum Artikel und dem orthodoxen Glauben: nothhaas@googlemail.com
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Version vom 25. März 2011, 16:43 Uhr

Artikel: Die Stellung der Frau in der Kirche nach 1. K 11,2 – 16

Die Zulassung der Frau zum geistlichen Amt hat ihren Ursprung im Protestantismus und erforderte zwei Bedingungen:

1. die Abschaffung der theologischen Begründung des geistlichen Amtes,

2. die politische Emanzipation der Frau.

Ersteres ergab sich aus der Entwicklung der reformatorischen Kirchen hin zum Protestantismus. Zweites ergab sich nach dem ersten Weltkrieg, als die Frauen in den demokratischen Staaten das Wahlrecht und den Zugang zu den Universitäten erstritten hatten. Nachdem diese beiden Bedingungen erfüllt waren, konnte die Forderung erhoben, auch Frauen zum geistlichen Amt zuzulassen. Voraussetzung war die Reduktion des geistlichen Amtes auf eine innerweltliche, organisatorische Größe.

Der wegen seiner Schleier- bzw. Verhüllungsproblematik unscheinbare Abschnitt 1. Kor. 11,2 -16 darf in seiner Aussage zur Stellung der Frau in der Kirche nicht unterschätzt werden. Er steht in dem Teil des Briefes an die Korinther, in dem Paulus die Fragen des Gottesdienstes klärt. Im 11. Kapitel spiegelt sich dessen Ablauf insofern, als der Apostel in der ersten Hälfte auf Fragen im katechetischen Teil und in der zweiten auf solche im eucharistischen Teil eingeht. Wir beschränken uns auf die erste Hälfte des Kapitels.

An der Oberfläche des Konflikts um die Kopfbedeckung scheint es um eine rein kulturelle Frage zu gehen. Doch bei genauerem Hinsehen ergibt sich, dass die korinthischen Frauen sich weigern, den Kopf zu bedecken, weil sie sich nicht von den Männern und deren Funktion im Gottesdienst unterscheiden wollen. Nimmt man noch hinzu, dass sie auch die Redefreiheit, fordern (1. Kor 14,34), dann ist hier eine emanzipatorische Tendenz zu erkennen. Sie opponieren gegen Einschränkungen für Frauen, vielleicht sogar mit Berufung auf die Joelprophetie, dass der Geist auf Söhne und Töchter in gleicher Weise ausgegossen sei (Joel 3,1). Dies ist natürlich ein starkes theologisches Argument, das der Apostel nicht einfach mit einer Aufforderung zur Ordnung abtun kann. Er ist gefordert diese Provokation, die gegen die Tradition der jungen Kirche verstößt, mit einem noch stärkeren theologischen Argument zu überwinden. Das Erste, was solch eine Konfrontation erfordert, ist der Hinweis auf die Kompetenz, dem dann die inhaltlichen Argumente folgen. Genau dies geschieht hier. In den Versen 2 – 3a klärt der Apostel seine Kompetenz und lässt dann eine Reihe von Argumenten folgen, mit dem gewichtigsten beginnend.

Bei einer Übersicht über 1. Kor 11,2 - 16 fällt auf, dass von Vers 2 - 12 ein strenger unterweisender Stil vorherrscht, der von Vers 12 - 16 in eine lockere Diskussion übergeht. Schon die Einleitung bestätigt diesen Stilunterschied. Das Verb am Anfang ist im Griechischen nicht einfaches, sondern ein verstärktes Loben, im Sinne von. „ich belobige euch ..“ Gemeint ist nicht das Loben auf gleicher Ebene, sondern ein solches von einer übergeordneten Person an seine Mitarbeiter. Das „gedenken in allen Stücken“ bezieht sich auf bestimmte Inhalte der Verkündigung des Apostels (wie das „alles“ in Mt 28,20). Die Phrase „dass ihr ...an den Überlieferungen festhaltet, wie ich sie euch überliefert habe“, ist von gravierender Bedeutung. Allein schon der gleiche Wortstamm bei „Überlieferungen überliefern“, ist ein stilistisches Mittel, um diesem Ausdruck höchstes Gewicht zu verleihen. Außerdem handelt es sich bei dem Wort „Überlieferung“ oder „Tradition“ um den Ausdruck, der im Neuen Testament die Glaubensinhalte steht. „Überlieferung überliefern“ ist paulinische Traditionsterminologie, die hier wie an den Stellen 1. K 11,23 – 26, (die Einsetzung des Herrnmahles) und 1. K 15,3 – 4, ( Bekenntnis zur Erscheinungen des Auferstandenen ) kurze Glaubensformeln einleitet. „Überlieferung“ oder „Tradition“ bezeichnet das heilsnotwendige Glaubensgut der Kirche. Auch das Wort „festhalten“ gehört zu diesem Wortkreis. Die oben genannte Phrase in 1. Kor 11,2 leitet auch hier solch eine kurze Bekenntnisformel ein, die von gleichem Rang ist wie die Einsetzung des Herrnmahles und das Bekenntnis zum Auferstandenen. Voran steht noch eine Unterweisungsformel: „Ich will dass ihr wisst, ..“ Sie ist die stärkste unter ähnlichen Formeln wie :

„Wisst ihr nicht, ..“ oder „Ich will nicht, dass ihr nicht wisst“. Sie ist einmalig im paulinischen Briefkorpus.

Nach dieser Einleitung, die den Briefempfängern die Kompetenz des Apostels für das nun Folgende, deutlich machen soll, folgt das Bekenntnis: „Christus ist eines jeden Mannes Haupt; der Mann aber ist das Haupt der Frau; Gott aber ist das Haupt Christi“. Durch die vorgesetzte Einleitung (Kompetenzerklärung und Traditiosterminologie) ist deutlich gesagt, dass es sich hier um eine theologische Aussage handelt, d. h. die zeitlose Gültigkeit hat. Hier handelt es sich weder um eine persönliche Idee des Apostels, noch um eine zeitgebundene soziale Denkstruktur, wie in allen liberalen und feministischen Auslegungen dieser Stelle behauptet wird, sondern um die Heilsordnung des Neuen Bundes, verbindliche Glaubensaussage der jungen Kirche.

Auf dieses erste und gewichtigste Argument folgt das zweite, mit dem sich Paulus auf die Schöpfung von Mann und Frau beruft. Es sind drei Unterargumente:

1. Der Mann als Bild und Glanz Gottes, und als Vermittler des Glanzes Gottes an die Frau (Gen. 1,27)

2. der Mann als Erstgeschaffener (Gen 2,22)

3. „Die Frau um des Mannes willen geschaffen (1. Moses 2,18).

Mit diesen drei Argumenten aus der Schöpfungsordnung bestätigt Paulus die Heilsordnung des Neuen Bundes. Diesen Schriftbeweisen, für wie zeitbedingt man sie auch halten mag, kann man ihre theologische Intention nicht absprechen. Eine theologische Aussage des Textes zu annullieren, heißt: Der Ausleger oder die Wissenschaft überschreitet ihre Kompetenzen.

Die Feststellung des Unterschieds zwischen Mann und Frau von der Schöpfungsordnung her, könnte als Wertminderung der Frau verstanden werden. Deswegen schafft Paulus sofort ein Gegengewicht mit der Betonung der Gleichwertigkeit beider Geschlechter:

„Jedoch ist weder die Frau ohne den Mann, noch der Mann ohne die Frau im Herrn. Denn wie die Frau aus dem Manne, so ist auch der Mann durch die Frau; ..“ (1. Kor 11,12). Paulus hält an dem Nebeneinander von Unterschied und Gleichwertigkeit der Geschlechter fest. Dass beide Feststellungen aus dem Schöpfungsbericht, der Unterschied, sowie die Gleichwertigkeit beider Geschlechter, kein Widerspruch in sich sind, drückt Paulus in der kurzen Zusammenfassung:...'dieses aber alles aus Gott aus' (V12c). Der bestimmte Artikel 'dies' vor dem 'alles' fasst die ganze Argumentation, sowohl die Unterschiede zwischen den Geschlechtern, als auch ihre Gleichwertigkeit in beiden Bünden zusammen und begründet sie in Gott. Nach diesen beiden theologischen Argumenten folgen ein philosophisch begründetes mit Berufung auf die stoische Naturauffassung und ein ironisch formuliertes Ordnungsargument, wenn alle Einsicht in die bisherigen Argumente fehlt.

Mit dieser Argumentenkette will Paulus den Frauen sagen, dass ihr Anliegen, Einforderung der gleichen Rechte wie die der Männer, gegen die Heilsordnung des Neuen Bundes und gegen die Schöpfungsordnung verstößt. Die Verweigerung der Kopfbedeckung, die sonst nur ein kulturelles Anliegen ist, wird in der christlichen Gemeinde von Korinth zum Zeichen einer Häresie. Im Zusammenhang mit der Herstellung der Ordnung im Gottesdienst kann die Frau analog der Unterordnung des Mannes unter Christus und dessen Unterordnung unter den Ratschluss Gottes keine Vorsteherfunktion übernehmen, wie sie hinter der Aussage von 1. Kor 14,34 gefordert wird. Wie absurd es ist, hier den Vorwurf der Unterprivilegierung zu erheben, wird deutlich, wenn man sich vorstellt, dass der Apostel oder Vorsteher der Gemeinde den gleichen Vorwurf der Unterprivilegierung gegen Christus und Christus gegen den göttlichen Vater erheben würde.

Fragen zur Vorbereitung des Themas: Stellung der Frau in der Kirche nach 1. Kor 11,2 –16

1. Inwiefern spiegelt sich in 1. Kor 11,1-16 und 11,17-34 der Ablauf des christlichen Gottesdienstes?
2. Was drückt die verstärkte Verbform „epainoo“ („ich lobe“) im Verhältnis des Autors zu den Adressaten aus?
3. Vergleiche 1. Kor 11,2 „gedenken in allen Stücken“ mit Mt 28,20! Welches Wort ist beiden Stellen gemeinsam?
4. An welchen Stellen finden sich die Termini „Überlieferung“ (paradosis), „überliefern“ (paradidonai) und „festhalten“ (katechein) im 1. Kor?
5. Welche Inhalte bezeichnen die „Überlieferungen“ dort?
6. Welche Bedeutung kommt der paulinischen Traditionsterminologie zu?
7. Was folgt auf diese Terminologie (empfangen, festhalten, überliefern ...) stilistisch?
9. Vergleichen Sie die Einleitungen zu einem Thema in 1. Kor 7,1; 7,8; 8,1; 10, 1! Welchen Charakter hat der Vers 11,3a im Vergleich mit: 1. Kor 7,1; 7,8; 8,1; 10, 1...?
10. Welchen Charakter vom Stil her hat der Vers 11,3b? (siehe Frage 8 !)
11. Wie unterscheiden sich vom Tonfall her die Verse 11,2-12 von den Versen 11,13-16?
12. Erkennen Sie die Gegensatzbegriffe in V3 und in V16? Für welche Aussage steht jeder der beiden? Haben sie etwas mit den Tonfall der beiden Abschnitte (siehe 9) zu tun?
13. Wie viele Argumente stellt Paulus gegen das Ablegen der Verhüllung auf? Welches ist das 1., 2., 3. ... Argument?
14. Welche Argumente sind theologischer Natur und welche nicht?
15. Wie ist die Reihung der Argumente von ihrem Gewicht her aufgebaut?
16. Wenn die Korintherinnen sich auf die Prophezeiung Joel 3 (Geistausgießung auf Söhne und Töchter, d.h. ein Argument aus dem Alten Testament) berufen haben, welches stärkere Argument muss Paulus vorbringen, um zu überzeugen?
17. Wie lässt sich die aufgebrochene Reihenfolge der drei Glieder in Vers 3 erklären?
18. Welche Korrektur des alttestamentlichen (synagogalen) Gottesdienstes vollzieht Paulus in den Versen 4 und 5 bezüglich der Teilnahme der Frauen? Was kommt da im liturgischen Vollzug zum Ausdruck?
19. Wie erklärt sich der Gegensatz in der Argumentation der Verse 7-10 und 11-12?
20. Was fasst der Ausdruck in Vers 12 c zusammen?
21. Welche beiden Ausdrücke/ Worte in Vers 2 und Vers 16 stehen sich gegenüber? Welche inhaltliche Unterscheidung deuten sie an?

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Autor und Copyright

Priester Johannes R. Nothhaas
Orthodoxe Gemeinde des Hl. Christophorus, Mainz Bei Fragen an den Autor zum Artikel und dem orthodoxen Glauben: nothhaas@googlemail.com