Bonifatius von Fulda: Unterschied zwischen den Versionen

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=Lebensgeschichte der geistlichen Märtyrern Bonifatius, Apostel der Deutschen=
=Lebensgeschichte des geistlichen Märtyrers Bonifatius, Apostel der Deutschen=


''Die erste Lebensbeschreibung des Hl. Bonifatius wurde sechs Jahre nach dessen Tod auf Anregung des Hl. Bischofs Lullus von Mainz von einem dortigen Priester namens Willibald im Jahre 760 verfasst.''
''Die erste Lebensbeschreibung des Hl. Bonifatius wurde sechs Jahre nach dessen Tod auf Anregung des Hl. Bischofs Lullus von Mainz von einem dortigen Priester namens Willibald im Jahre 760 verfasst.''

Version vom 15. März 2010, 06:56 Uhr


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Vortrag: Pilgerfahrten in der Umgebung von Offenbach: Drei Heilige der angelsächsischen Mission Deutschlands

Winfried von Crediton – Bonifatius von Fulda (675 – 754) Gedenktag 5. Juni

Die entscheidende Rolle bei der Christianisierung Hessens, kommt Winfried-Bonifatius zu. Winfried wurde 672/3 in Crediton im Südwesten Englands geboren. Er erhielt eine klösterliche Erziehung, ab 718 missionierte er in Nord- und Westdeutschland. Er gründete 8 neue Bischofssitze; durch ihn und seine Schüler entstanden weit über hundert Klöster. Er starb auf seiner letzten Missionsreise am 5. Juni 754 in Friesland bei einem Raubüberfall.

Die Bedeutung von Bonifatius für die Christianisierung von Friesland, Thüringen, Bayern und Hessen, also sein Apostolat für die Kirche, und damit auch der Grund für seine Verehrung als Heiliger, ist nicht ganz leicht zu greifen. Man muss zunächst einigen Mehltau abtragen, der sich auf seine historische Wahrnehmung, und dann auch auf seine Beurteilung bei orthodoxen Christen gelegt hat. Ich werde diese Hindernisse also zunächst beseitigen, bevor ich im zweiten Teil zu seiner Bedeutung komme.

Hindernisse bei der Wertschätzung des Heiligen Bonifatius

In der hier in Deutschland verbreiteten Literatur heißt es gewöhnlich, der vierzigjährige Missionar Winfried habe aus seiner englischen Heimat ein Christentum mitgebracht, das auf eine deutliche Rom-Orientierung ausgerichtet war.

Bei orthodoxen Christen, die „Rom“ als heterodox kennen, weckt dies zunächst Besorgnisse.

Aber diese Besorgnisse verschwinden, wenn man ein wenig genauer auf die historische Situation und die Bedingungen der westlichen Bonifatius-Rezeption blickt. Drei Überlegungen sollen helfen, die Hindernisse, die orthodoxe Christen daran hindern könnten, Bonifatius richtig einzuschätzen, zu beseitigen.

Der Zustand der fränkischen Kirche

Bei seinen Missionsbemühungen in Friesland fand Winfried Heiden vor, die sich gegen fränkische Eroberer wehrten. Das Christentum wurde als Religion der Eroberer verstanden. Die fränkische Kirche (seit 550 um Utrecht) hatte die Friesen nicht mit den neuen Herrn als Trägern eines überlegenen Glaubens versöhnen können. Das lag (Krumwiede, Kirchengeschichte Niedersachsens) daran, dass die fränkischen Missionare mit dem Glauben immer auch die Machtinteressen ihrer Fürsten vertraten.

Die Angelsächsischen Missionare hatten von Anfang an bei den Friesen größeren Erfolg, weil sie durch persönliche Askese und mit Liebe missionierten.

Auch bei Bonifatius’ späteren Bemühungen, zuerst als Missionsbischof, später als Erzbischof und päpstlicher Legat, die von ihm gestärkte Kirche in den rechtsrheinischen Gebieten zu organisieren, blieb der fränkische Episkopat feindselig. Der Grund lag in der Problematik der fränkischen Kirche.

Diese Kirche war seit dem 6. Jahrhundert, also seit durch die Taufe des Frankenherrschers Chlodwig (um 500) das Christentum zur Regierungssache und die Kirche zum Machtfaktor wurde, durch zwei sehr verschiedene Tendenzen bestimmt: es gab Klöster und stark monastisch geprägte Bischöfe auf der einen Seite. Auf der anderen Seite regierten die Frankenherrscher die Kirche autokratisch und setzten sie für ihre Herrschaftsinteressen ein. Damit erlangten diejenigen Bischöfe größeren Einfluss auf die Kirchenpolitik, die ihre Stellung ihrer Herkunft aus dem örtlichen Adel verdankten und eng mit dem Hof zusammenarbeiteten. Diese Bischöfe lebten nicht geistlich, sondern hielten am heidnischen Ethos der Germanen fest.

Bonifatius Reform konzentrierte sich zuerst auf die neu-eroberten Gebiete des Frankenreichs rechts des Rheins,wo noch keine festen Kirchenstrukturen bestanden. Als er sie aber auch auf die fränkische Kirche links des Rheins ausdehnte, bis ins heutige Frankreich hinüber, wo die geistliche Macht in festen Händen lag, fand er keine Gegenliebe.

Wenn er sich also nach Rom wandte (auf insgesamt drei Reisen: 719, 722, 737/8), so geschah dies, um Rückhalt zu gewinnen gegen die Widerstände des fränkischen Episkopats.

Der Zustand Roms

Wie Vater Andrew Philipps in seiner schönen (inzwischen auch auf Deutsch übersetzten) Bonifatius-Biographie mit Recht hervorhebt, war Rom im 8. Jahrhundert ein Hort der Orthodoxie. Von den vier Päpsten, mit denen Bonifatius im Verlauf seiner langen Tätigkeit zusammenarbeitete, war Gregor III ein Syrer, und Zacharias ein Grieche. Die Verbindung zur Einheit der Kirche war lebendig.

Aber noch wichtiger: Konstantinopel selbst stand unter der kaiserlichen Herrschaft eines Ikonoklasten. Die römischen Patriarchen blieben rechtgläubig. Damals stimmte die päpstliche Lehre mit der Lehre der Kirche zusammen.

Der einzige Schwachpunkt allerdings war der schon damals vertretene universale päpstliche Primatsanspruch und Hierarchismus, der das Kirchenverständnis Roms verzerrte. Hier fand sich Bonifatius durch die Widrigkeit der Umstände in seinen Missionsländern zu einem übertriebenen Verständnis von Gehorsam verführt. Aber immerhin, - für Bonifatius war der Gehorsam gegenüber seinem Patriarchen des Westens ein Ausdruck seiner Rechtgläubigkeit und monastischen Demut.

Der Zustand der Bonifatius-Rezeption

In Deutschland wird Bonifatius von der vatikanischen Christenheit als ihr Haupt-Heiliger für sich beansprucht. Man nimmt von seinen Anliegen nur wahr, was mit späteren häretischen Entwicklungen in Rom zusammenstimmt. Hierzu gehört die Überbewertung des intellektuellen Zugangs zum Christentum: Lehre, Studium, Schulmäßigkeit der Mission.

Auch wird nicht genug unterschieden zwischen den Machtinteressen der Karolinger, die für die Ersetzung der Merowinger Roms Autorität brauchten, und Bonifatius’ Seelsorger-Interessen, die ohne Rom nicht durchgesetzt werden konnten.

Leider hat Bonifatius auch selbst den Zwangszölibat für Priester durchgesetzt (eine Häresie die bei der Synode von Ankyra 314, bestätigt durch das erste Konzil von Nicaea 325, verurteilt worden war). Aber er tat das wohl in einem etwas übertriebenen Gehorsam gegen seinen Patriarchen, der einem Mönch wohl verziehen werden mag. Und sowieso haben viele Heilige theologische Irrtümer vertreten, - daran soll seine Verehrung also nicht scheitern.

Die Bedeutung des Heiligen Bonifatius für orthodoxe Christen

Wenn man all diese Verzerrungen und Irrtümer abzieht, wird Bonifatius als ein von Gott selbst verherrlichter Heiliger sichtbar. Ich möchte nun zuerst von einigen Zeichen sprechen, die seine Heiligkeit bekräftigen. Erst danach soll seine Vorbildlichkeit für uns heutige Christen in den Blick treten.

Zeichen seiner Heiligkeit

Hierzu gehören seine Missionserfolge, seine Wunder, und sein Martyrium.

Missionserfolge

Bereits zu Lebzeiten wurde Bonifatius von der Kirche in England als Missionar und Apostel verehrt. Sein Wirken im östlichen Frankenreich war gesegnet. Dort hat er – wie in Friesland und Hessen - von Grund das Christentum eingepflanzt, oder – wie in Thüringen und Bayern – eine sehr dünne Christianisierung seiner Vorläufer gereinigt und gefestigt. All dies wurde schon früh als ein Zeichen seiner göttlichen Verherrlichung erkannt. Gleich nach seinem Tode wurde er dort neben Gregor I und Anselm von Canterbury zum dritten Patron des Landes erklärt (Philipps).

Wunder

Daneben spielen die Berichte über von ihm gewirkte Wunder, besonders nach seinem Tode, eine wichtige Rolle.

Viele ereigneten sich bei der Übertragung der Reliquien des Heiligen von Mainz nach Fulda. Diese Wunder wurden an den Orten des Geschehens selbst bestätigt: dort, wo eine heilige Quelle entsprungen ist, als die Bahre des Heiligen den Boden berührte, oder wo ein Heilungswunder stattgefunden hat, sind die Brunnen gefasst und Kapellen erbaut worden. Seit 754 ist an diesen Stellen die Bonifatius-Verehrung lebendig geblieben.

Man hat darum heute sogar den Weg dieser Reliquien nachzeichnen können und – ihm folgend – einen für heutige Pilger gehbaren Pilgerweg eingerichtet.

Martyrium

Wenn somit Bonifatius ein Geist-Träger war, wird auch das Ungewöhnliche seines Ablebens weniger problematisch. Es geht um sein Martyrium.

Sie haben bemerkt, dass die englische Ikone des Heiligen ihn in weiß kleidet, also nicht im Rot der Martyrer. Auf anderen Ikonen trägt er einen roten Mantel.

Was hat es mit diesem Martyrium auf sich?

Gegen Ende seines Lebens übergab Bonifatius sein Bischofs-Amt in Mainz seinem Schüler Lullus, um noch einmal bei den Heiden in Friesland zu missionieren. Dort überfielen friesische Räuber sein Lager, nicht, weil sie etwas gegen seine Botschaft hatten, sondern weil sie bei ihm Geld vermuteten. Bonifatius hat um seines Zeugnisses für Christus willen auf Gegenwehr verzichtet. Er hat auch seine Gefährten angewiesen, keine Gegenwehr zu leisten und sie zum Martyrium ermutigt. Ich habe bisher keine Belege dafür gefunden, dass die Reliquien dieser Gefährten gesammelt oder erhoben worden wären. Aber immerhin, diese Gefährten wurden in die Heiligenkalender aufgenommen. Als geistlicher Vater konnte er seinen Priestern und Mönchen den Segen zum freiwilligen Martyrium durchaus geben. Auch haben sich nach seinem Tod die Friesen in großen Scharen zu Christus bekehrt.

Dennoch wurde zwar Bonifatius nach seinem Ableben zumindest von den Mönchen seines Fuldaer Klosters ausschließlich als heiliger Mönch, nicht aber als Martyrer verehrt. Die kirchliche Anerkennung seines Martyriums kam erst später. Auch wir können ihn als Martyrer ehren.

Nimmt man dies alles zusammen, so können orthodoxe Christen den heiligen Bischof Bonifatius in der Tat als einen verehrungswürdigen Fürbitter bei Gott ansehen.

Seine Bedeutung als Vorbild

Was ist es nun genauer an seiner Vorbildlichkeit als Mönch, das Bonifatius für nicht-Mönche zu einem hilfreichen Begleiter macht? Ich möchte mich auf seine geistliche Orientierung, seine Unerschrockenheit und seine geistlichen Führungsqualitäten beschränken.

Die geistliche Orientierung

Bonifatius soll schon in frühen Kinderjahren seine Gedanken auf Gott gerichtet haben.

Als kleiner Junge erlebte er mit, wie Wandermönche zum Predigen auf den Hof seines Vaters kamen. Von ihren Worten bezaubert bedrängte er seinen Vater so lange mit dem Wunsch nach einem klösterlichen Leben, bis dieser nachgab.

Erwachsen geworden, widersetzte er (nach Father Andrews Quellen) sich dem Plan des Vaters, mit den im Kloster erworbenen Kenntnissen das väterliche Gut weiterzuführen.

Auch später hat er große Opfer gebracht, um dem Missionsbefehl Christi zu gehorchen. Er war ein weit bekannter geistlicher Vater für zahlreich zu ihm hinstrebende Schüler. Er war ein allseits gerühmter und gesuchter Ratgeber seiner Kirche und der politischen Herrscher. Alles gab er auf, um den stammesverwandten Friesen und Sachsen jenseits des Kanals Christus zu bringen. Auch als er nach seiner ersten (aus politischen Gründen erfolglosen) Friesenreise nach England zurückgekommen war, legte er die ihm übertragene Stellung eines Abtes in seinem Kloster ab, um erneut als Missionar zu wirken.

Diesen Gehorsam und diese Hingabe an den Ruf Christi hielt Bonifatius sein ganzes Leben lang unter den allergrößten Schwierigkeiten und Prüfungen durch. Weder Misserfolge noch Widerstände konnten ihn von seinem Weg abschrecken.

Auch als bedeutendster Kirchenpolitiker seiner Zeit blieb er im Herzen, und wo er konnte auch in der Praxis, Mönch. Zumindest ab 743, als sein kirchenpolitischer Einfluss schon sehr abgeschwächt war, widmete er viel Zeit und Kraft dem Aufbau seines größten und Musterklosters unter seinem Schüler Sturmius im heutigen Fulda. Anders als in den zahlreichen Missionsklöstern, die durch ihre Aufgabe auf starken Außenkontakt angewiesen waren, wollte er hier das Mönchtum in seiner reinen benediktinischen Form pflegen. Hier verbrachte er darum jedes Jahr längere Zeit in einer Zelle, in der Stille des Gebets auf einem Berg, der darum lange Bischofsberg hieß.

Bonifatius hat zwischen seinem 40. und 70. Lebensjahr eine ungeheure Leistung vollbracht. Unermüdliche Reisen (3 nach Rom), Korrespondenzen, ununterbrochene Mühen beim Predigen auf Dörfern und in Hofsiedlungen, bei Verhandlungen mit Fürsten oder Streitereien mit widerspenstigen Klerikern. Dazu die Sorgen und Enttäuschungen. Bei alledem ist dieses Festhalten an der Askese und am Bemühen um die Stille bewundernswert.

Seine Unerschrockenheit

Bonifatius lebte so sehr im Glauben, dass er für persönliche Gefahren keinen Sinn hatte. Dieser Mut lag natürlich schon seinem Entschluss zur Heidenmission zugrunde.

Bei seiner ersten Ankunft in Friesland fand er die vom Heiligen Willibrord erbauten Kirchen zerstört, seinen Vorläufer weit weg im fränkischen Exil. Unbekümmert setzte Bonifatius eine Audienz beim heidnischen Fürsten Radbod durch.

Ähnlich kühn begab er sich zu heidnischen Fürsten in Hessen, um sie durch seine Überzeugungskraft zu bekehren. Dann wagte er – und das wurde zum spektakulärsten Akt seiner Mission, das zentrale Heiligtum der örtlichen Bevölkerung, die Donar-Eiche in Geismar, zu zerstören.

Oft wird gesagt, dass Bonifatius hier nicht viel riskiert hätte, weil in der nahen Garnison auf dem Büraberg fränkische Truppen zur Hilfe bereit standen. Aber das finde ich schwer nachvollziehbar: Wären die Germanen vor Ort wütend geworden, hätten die fränkischen Krieger auch nur noch seine sterblichen Überreste einsammeln können.

Dieselbe Rücksichtslosigkeit zeigte er im Umgang mit den Mächtigen aller Art. In den bereits oberflächlich christianisierten Thüringen und Bayern drängte er kompromisslos Herrschern und Klerus seine geistliche Reform auf. Ebenso kompromisslos konfrontierte er den fränkischen Episkopat mit seiner Kritik an ihrer unkanonischen Lebensweise. Selbst als sein großer Förderer, der Franken-Hausmeier Karl Martell, seine Unterstützung für diesen im fränkischen Adel so unbeliebten Missionar zurückfuhr, wich Bonifatius kein Stück von seinen Forderungen ab. Sogar seinen Patriarchen Papst Zarachias tadelte er, weil dieser heidnische Gebräuche in Rom duldete und für Bischofsernennungen in Neustrien hohe Gebühren verlangte.

Bei all diesen Konfrontationen ging es ihm um die geistliche Ausrichtung der Kirche, und um die Integrität des christlichen Glaubens und der christlichen Lebensführung. Mit dieser Entschiedenheit stellt Bonifatius ein deutliches Gegenbild gegen die Versuchung dar, um jeden Preis nach Anerkennung und Beliebtheit zu streben. In unserer weit gehend kulturell reduzierten christlichen Umgebung hier in Deutschland ist diese Versuchung, so scheint mir, für uns orthodoxe Christen besonders gefährlich: Im Bestreben nach Zugehörigkeit neigen wir dazu, uns anzupassen. Ich meine, wir könnten bei aller Höflichkeit und Freundlichkeit gegenüber denen, die sich wie wir Christen nennen, ein wenig deutlicher die Wahrheit des Evangeliums einfordern und uns gegen seine Verfälschungen wehren.

Seine geistlichen ‚Führungsqualitäten’

Schon als Priestermönch im englischen Kloster Nursling zog seine Lehrtätigkeit Scharen von Schülern aus anderen Klöstern im ganzen Land an. Er muss ein faszinierender Lehrer und geistlicher Mentor gewesen sein.

Dies wird besonders anschaulich an der Geschichte mit Gregor. Bonifatius hatte mit dem Heiligen Willibrord, ebenfalls einem Engländer, bei dessen Mission der Friesen mitgearbeitet. Als dieser ihn aber als seinen Suffraganbischof dauernd an sich binden wollte, reiste er weiter, um auch im Binnenland zu missionieren. Er machte Station im Kloster Pfalzl bei Trier. Dort las ein 14-jähriger Junge im Refektorium auf Lateinisch aus der Bibel vor, und dies so fehlerlos, dass Bonifatius erstaunte. Er fragte ihn hinterher, ob er auch in fränkischer Sprache erzählen könne, was er da gelesen hatte. Da stockte der Junge, und Bonifatius erklärte ihm den Inhalt und Sinn der vorgelesenen Schriftstellen, - zur Bewunderung aller Anwesenden. Der Junge, Gregor, war so begeistert, dass er bei seiner Großmutter, der Äbtissin Adela, durchsetzte, mit Bonifatius reisen zu dürfen. So wurde Gregor ein wichtiger Helfer für den Heiligen, der später als Abt das Bistum Utrecht verwaltete und schließlich selbst von Gott verherrlicht wurde.

Die Beredsamkeit und persönliche Überzeugungskraft des Bonifatius erlaubten es ihm, die ganz oder halb heidnischen örtlichen Herren und überregionalen Fürsten zu gewinnen. Nicht nur konnte er die Heiden von der höheren Wahrheit des Christentums überzeugen. Auch die örtlichen Herrscher in den bereits christianisierten Ländern (Thüringen und Bayern) gewann er für die – ja stets mit schmerzhaften Entscheidungen verbundene - Reform ihrer Kirchen.

Diese geistliche Ausstrahlung des Heiligen hat – neben seinem großartigen Organisationstalent –überdies dazu geführt, dass seine Mission durch Heerscharen von Mit-Missionaren aus England unterstützt wurde. Sein jahrelang aufrecht erhaltener Briefkontakt hatte große Hilfsbereitschaft in der Heimat geweckt. In den englischen Klöstern wurden all jene zahlreichen Handschriften angefertigt, mit denen Bonifatius seine Missionszentralen und Kirchen ausstattete. Und dann kamen die besten Mönche auch selbst auf seinen Ruf. Sie unterstellten sich bereitwillig seiner geistlichen und bischöflichen Leitung. Viele von ihnen wurden ihrerseits später heilig gesprochene Bischöfe und Äbte.

Auch bei seiner dritten Romreise zu Papst Gregor III schlossen sich ihm in Italien neben britannischen Pilgern große Mengen von Sachsen, Franken und Bayern an, die bereit waren, mit ihm zusammenzuarbeiten.

Die Früchte seiner Arbeit sind eindrucksvoll: Obwohl er im Frankenreich nur einer Provinzkirche vorstand, übertraf diese in geistlicher Hinsicht die fränkische Kirche weit. Allein Bayern entstanden durch ihn und seine Schüler fast 100 Klöster.

Es ist bemerkenswert, dass der Mann, der als Kirchenführer äußerst undiplomatisch und oftmals harsch Missstände bloßstellte und mit Kritik nicht sparte, wenn es um die Treue zum Evangelium ging, doch zugleich im persönlichen Umgang mit seinen Brüdern im Stande war, eine große Menge von Mitstreitern zu gewinnen. Seine Fähigkeit zur persönlichen Nähe und Freundschaft zeigte sich besonders in der Beziehung zu seiner Nichte Lioba. Bonifatius hatte, anders als die Missionare vor ihm, begriffen, dass eine dauerhafte Christianisierung nur mit Hilfe der Ehefrauen, Mütter, und Töchter gelingen kann. Darum forderte und förderte er auch die Ankunft besonders qualifizierter englischer Nonnen. Zu ihnen gehörten auch Verwandte, wie Lioba. In ihr fand er eine geistliche Tochter, die im Verlauf ihrer Tätigkeit immer mehr zur geistlichen Schwester wurde. Er fühlte sich ihr so nahe, dass er sie in seinem letzten Willen sogar neben sich in seinem eigenen Sarg bestattet haben wollte, damit sie gemeinsam auf die Auferstehung warten können.

Für uns: Bonifatius hat sein Leben lang nicht aufgehört, geistliche Freundschaften zu pflegen, immer im Gedanken daran, wie andere sie ermutigen und ermächtigen könnte, selbst zu Lehrern und Ermutigern für andere zu werden.

Fassen wir zusammen: Seine Liebe zur Askese, seine Unerschrockenheit in der Verteidigung der Wahrheit Christi, und dieser Sinn für die Gemeinschaft der orthodoxen Mitstreiter sind, so scheint mir, Züge, die nachzuahmen sich lohnt.

Reliquien

Gleich nebenan in Frankfurt gibt es in Kalbach eine Quelle, die nach Bonifatius benannt wurde, - wie es heißt als Erinnerung an die Station, die hier bei der Übertragung seiner Reliquien gemacht wurde. Diese Quelle soll entsprungen sein, wo sein Haupt den Boden Berührte. (Sie wurde inzwischen neu gefasst, Haltestelle U2, Riedwiese). Historiker bezweifeln das Quellwunder und meinen, der Leichenzug habe an dieser Stelle wegen der schon vorhandenen Quelle haltgemacht. Dem sei nun wie ihm wolle. Immerhin wurde gleich nach dem Weiterzug der Reliquien an dieser Quelle ein Holzkirchlein erbaut, was zeigt, wie Bonifatius von seinen Zeitgenossen als Heiliger verehrt wurde. Die Besitzerin des Ackers, eine Walpraht von Nitaha, schenkte diesen dem Kloster Fulda, das um 1000 das Holzkirchlein durch eine steinerne Heiligkreuzkirche ersetzte (ad crucem, die Krutzenkirche). Ein geistlicher Konvent bildete sich im „Kreuzerfeld“, der die ganze Umgebung bis zur Reformationszeit betreute. Wie immer es also mit dem Wunder der Quelle stehen mag, - das Wunder einer jahrhundertelangen geistlichen Blüte kann man Bonifatius sicher zurechnen.

Kleinere Reliquien des Heiligen kann man in Mainz verehren, und zwar im Dom, und auch im Domschatz und Dommuseum.

Dasselbe gilt eigentlich für alle Bonifatiuskirchen der Umgebung, denn seine Reliquien sind vollständig vorhanden. Das ist ungewöhnlich, denn die meisten Reliquien hiesiger Heiliger wurden durch die protestantische Reformation oder die napoleonischen Truppen zerstört. Jede dem heiligen Bonifatius geweihte Kirche könnte damit ein Ort sein, an dem er gegenwärtig ist. Leider gilt dies aber nur, wenn die Priester und Gemeinden (wie in St. Pius in Fulda-Edelzell geschehen) ihren Sinn für Reliquien bewahrt haben und sich aus dem Vorrat in Fulda versorgen lassen.

Seine Gegenwart ist aber sicherlich am deutlichsten in Fulda, wo er seinem eigenen Wunsch gemäß im größten der von ihm gegründeten Klöster beigesetzt wurde.

Quelle und Copyright

Bogoslov.ru, Cornelia Delkeskamp-Hayes


Lebensgeschichte des geistlichen Märtyrers Bonifatius, Apostel der Deutschen

Die erste Lebensbeschreibung des Hl. Bonifatius wurde sechs Jahre nach dessen Tod auf Anregung des Hl. Bischofs Lullus von Mainz von einem dortigen Priester namens Willibald im Jahre 760 verfasst.

Kindheit

Der Hl. Bonifatius wurde um das Jahr 673 in Crediton, dreißig Kilometer norwestlich von Exeter, in der Grafschaft Devonshire in England in einer freien, wohlhabenden Bauernfamilie geboren. Die Bevölkerung dieses Gebietes war erst 50 Jahre zuvor zum Christentum bekehrt worden. Bei der Taufe erhielt er den Namen Winfrid. Schon als Kind zeigte er großes Interresse an theologischen Fragen, indem er anhaltend über Gott und die himmlischen Dinge nachzudenken sich bemühte.

Eintritt ins Kloster

Bereits als Knabe von sechs Jahren trat er, zunächst gegen den Willen seines Vaters, welcher erst nach einer plötzlichen Erkrankung seine Einwilligung gab, in das vom Hl. Abt Wolphard geleitete Kloster Adescancastre (Exeter) ein. Mit 20 Jahren wurde er zur Weiterbildung in das Kloster von Nutcell (Nursling) im Bistum Winchester geschickt, wo er unter der Leitung des Abtes Winbert seine Ausbildung vervollkommnete und schließlich als Lehrer angestellt wurde. In dieser Zeit verfasste er zusammen mit seinem Schüler Dudd eine lateinische Gramatik und eine Verslehre. Zehn Jahre später empfing er dort die Priesterweihe, und sein Ruf als Seelsorger, Asket und Mann von Bildung war überall so gut, dass er von den Bischöfen zu allen Synoden eingeladen und vom König mit wichtigen Geschäften betraut wurde. Winfrid stand eine glänzende geistliche Karriere in Aussicht. Gegen Ende des 7. Jahrhunderts bestand in Britannien bereits eine selbstständige Landeskirche, welche sich wegen ihrer Herkunft von Gregor dem Großen eng mit Rom verbunden fühlte. Danneben existierte aber auch noch die ältere irische Tradition der Wanderbischhöfe und Wanderprediger, welche das Land durchzogen und ihre eigene Tradition pflegten. Durch die letzteren war Winfrid zuerst mit dem Christentum in Berührung gekommen. Dementsprechend gingen die Gedanken Winfrids über den Kreis seiner irdischen Heimat und eine sichere geistliche Karriere hinaus. Sein Wunsch war es, die noch im Heidentum verstrickten germanischen Völker, von welchen die Sachsen seine Blutsverwandten waren, zum wahren Glauben zu bekehren.

Erste Missionierungsversuche

Mit diesem Wunsch wandte sich Winfrid zu Beginn des Jahres 716 schließlich an seinen geistlichen Vater Winbert, und nachdem dieser schließlich seinen Segen gegeben hatte, reiste Winfrid in Begleitung zweier Gefährten von London aus nach Dorsta in Friesland und von dort weiter nach Utrecht. Hier hatte der friesische König Radbot gerade große Gebiete seines Landes aus der fränkischen Vorherrschaft zurückerobert, und obwohl er dem ihm unerschrocken entgegetretenden Winfrid die Erlaubnis zu predigen erteilte, erwiesen sich dessen Bemühungen als vergeblich, da das Christentum als fränkisches Knechtungsmittel angesehen wurde. So sah sich Winfrid bereits im Herbst des Jahres 716 genötigt, nach England zurückzukehren.

Erneuter Aufbruch nach Germanien

Bald darauf starb Abt Winbert vom Nutcell-Kloster, und Winfrid sollte sein Nachfolger werden. Da dieses Amt jeden Gedanken an die Mission in Germanien ausschloss, bemühte sich Winfrid um Anerkennung seiner Abdankung, welche er nach einem Jahr von Bischof Daniel von Winchester erhielt, der die Ernennung eines anderen Abtes gestattete. Im Jahre 718 brach Winfrid, versehen mit zwei Empfehlungsschreiben von Bischof Daniel an den Bischof von Rom und den fränkischen Herrscher, erneut zur Mission auf. Um seiner Missionstätigkeit bei den ganz am Rande der damaligen Welt unter fränkischer Vorherrschaft lebenden Germanen größtmögliche geistliche Autorität zu verschaffen, sah sich Winfrid gezwungen, eng mit den weltlichen Herrschern zusammenzuarbeiten und sich um die moralische Unterstützung durch den anerkanntesten Bischofsstuhl seiner Zeit zu bemühen, welcher durch das nicht lange zurückliegende heroische Bekennertum von Papst Martin bei der Auseinandersetzung mit der Häresie des Monophysitismus der römische Bischofsstuhl war. Der römische Bischof war damals lediglich Metropolit von Italien und dem oströmischen Kaiser unterstellt.

Segen des Papstes

Nachdem Papst Gregor II. Winfrid kennengelernt hatte, verlieh er ihm am 15. Mai des Jahres 719, einen Tag nach dem Gedächtnis des Hl. Märtyrers Bonifatius von Tarsos, die förmliche Missionsvollmacht zur Bekehrung der Heiden, schenkte ihm Reliquien und gab ihm Empfehlungsschreiben mit. In der Urkunde Gregors II. wird Winfrid das erste mal Bonifatius genannt, was darauf schließen läßt, das sich Winfrid bereits bei diesem ersten Besuch in Rom nicht nur die offizielle Anerkennung, sondern darüber hinaus die freundschaftliche Hochachtung des Bischofs von Rom erworben hatte.

In Bayern, Thüringen und Friesland

Zuerst wirkte Winfrid in Bayern, wo das Christentum schon verbreitet war und das Heidentum nur noch in Resten bestand, und bald darauf in Thüringen, wo im Gegensatz zu Bayern das Heidentum noch verbreitet und das Christentum wieder vom Heidentum überwuchert war. So wie nur wenige Priester gemäß den kirchlichen Kanones lebten, war auch das Wissen um den Inhalt des christlichen Glaubens sehr zurückgegangen. Bonifatius konnte zwar einige thüringische Adelige und Priester von der Notwendigkeit einer Reform überzeugen; da aber für die Durchsetzung seiner Vorstellungen die Autorität eines Bischofs notwendig war, verließ er noch im Herbst 719 Thüringen wieder. Auf dem Weg ins innere Frankenreich erfuhr Bonifatius, dass König Radebot gestorben war. Gleichzeitig hatte er, wie er in einem Brief in die Heimat schrieb, einen Traum, welcher ihm anzeigte, dass in Friesland eine reiche Ernte einzubringen sei. Deshalb begab er sich nach Urtecht zu Bischof Willibrord. Drei Jahre arbeitete er zusammen mit dem Hl. Bischof von Utrecht, der seine Kathedralkirche wie ein Kloster führte; diese Zeit wird von seinen Biografen als die Lehrjahre des Hl. Bonifatius bezeichnet. Dabei lernte er auch die fränkische Sprache zu beherrschen. Unter dem Schutz des Hausmeiers Karl Martell machte die Mission rasche Fortschritte, für welche Bonifatius von seinen Landsleuten in England Bücherspenden, Altargeräte, Kleider und Geld bekam. Auf die zuversichtlichen Briefe des Bonifatius schloß sich ihm aus England der Gehilfe Denewald an, der einer seiner wichtigsten Mitarbeiter wurde. Als Bischof Willibrord Bonifatius dazu bestimmen wollte, sein Nachfolger zu werden lehnte dieser mit dem Hinweis ab, das er das kanonische Alter von 50 Jahren noch nicht erreicht habe, und begab sich im Frühjahr 721 nach Hessen.

Ein treuer Schüler

Auf der Reise übernachtete Bonifatius im Kloster Pfalzel bei Trier, welches von seiner Gründerin, der Äbtissin Adela, geleitet wurde. Als nach der Feier der göttlichen Liturgie, welche Bonifatius auch auf seinen Reisen täglich zelebrierte, alle im Refektorium zum Essen versammelt waren, las dort ein 14jähriger Junge, zum Erstaunen des Gastes, aus der lateinischen Hl. Schrift, ohne einen Fehler zu machen. Nach der Lesung fragte er den Jungen, ob er auch in der eigenen Muttersprache wiedergeben könne, was er gelesen habe. Als dieser mit dem Fränkischen ins Stocken geriet, vollendete Bonifatius die Wiedergabe der Bibelstelle und legte sie zur Erbauung der Anwesenden aus, was den Jungen so sehr beeindruckte, das er vom Fleck weg erklärte, er werde mit diesem Manne Gottes ziehen, um sein Schüler zu werden und die göttlichen Bücher kennenzulernen. Dieser Junge hieß Gregor und war der Enkel der Äbtissin. Diese hielt das Vorhaben des Jungen natürlich für eine jugendliche Marotte; aber da dieser mit Beharrlichkeit auf seinem Wunsch, mit Bonifatius zu ziehen, bestanden, willigte sie schließlich ein und stattete die Reisenden mit Dienern und Pferden aus. Bonifatius aber hatte einen treuen Schüler gewonnen.

Missionstätigkeit in Hessen

Danach missionierte er mit Erfolg in Hessen, wo durch die Siege Karl Martells die Verhältnisse ruhiger geworden waren. Von allen Ländern des fränkischen Reiches, welche Bonifatius bereiste, war Hessen, das Land der Chatten, noch am stärksten vom Heidentum geprägt. Als Bonifatius dort eintraf, wurde der Wettergott Donar als Stammesgottheit verehrt. Bonifatius wandte sich zuerst an die Verwalter der Festung Amöneburg im oberen Lahngau, einem fränkischen Stützpunkt zum Schutz vor Sachsenüberfällen, die zu den wenigen Christen des Landes gehörten, die beiden Brüder Dettic und Deorulf. Nachdem er sie in der Religion unterwiesen hatte, erkannten sie die Nichtigkeit des Götzendienstes, dem sie aus Unwissenheit noch angehangen hatten. Bonifatius erhielt daraufhin ihre Unterstützung bei der Gründung eines Mönchsklosters in Amöneburg, welches er mit einigen seiner Begleiter besetzte, um die frisch Bekehrten nicht ganz ohne geistliche Stütze zu lassen. Auf die Predigten des Hl. Bonifatius bekehrten sich nämlich trotz der Nähe zur sächsischen Grenze, viele Tausende zum Christentum und ließen sich taufen. Die erfolgreiche Missionierung festigte auch die fränkische Herrschaft im Land, die sich nun neben ihrer militärischen Macht auch auf das Christentum stützen konnte.

Bei Papst Gregor II. in Rom

Nach dem Erfolg der Mission in Hessen schickte Winfrid seinen Vertrauten Vinnan zu Papst Gregor II. mit der Bitte um die Bischofweihe, die für das Fortbestehen seiner Missionserfolge notwendig geworden war. Dieser lud Winfrid persönlich zu sich ein. Im Herbst 722 kam Bonifatius mit einer großen Pilgergruppe nach Rom, und am 30. November 722, dem Tag des Hl. Apostels Andreas, weihte Bischof Gregor II. Bonifatius - nachdem er ihn auf das rechtgläubige Glaubensbekenntnis und den Gehorsam gegenüber dem Papst hatte schwören lassen, sowie keine Gemeinschaft mit Bischöfen zu haben, die gegen die hergebrachten Satzungen der heiligen Väter verstießen - zum Bischof der Deutschen, allerdings ohne ihm einen festen Sitz zuweisen zu können. Bonifatius wurde keinem anderen Bischof oder Erzbischof unterstellt als nur dem Bischof von Rom. Er sollte Missstände abstellen, soweit es in seiner Macht stünde, und alles, was darüber hinaus gehe, sofort dem Papst berichten. Außerdem erklärte ihn Gregor in einem eigenen Dokument zum Familiarius oder Hausgenossen; eine Stellung, die sonst nur den Mitgliedern des päpstlichen Hofes zukam. Der Grund hierfür war, das man Widerstand gegen die von Bonifatius geplanten Reformen erwartete. Deshalb sollte die geistliche Autorität des neugeweihten Bischofs gegenüber den anderen Bischöfen hervorgehoben werden.

Unterstützung durch Karl Martell

Mit Briefen an Karl Martell und die fränkischen Bischöfe versehen kehrte Bonifatius Anfang des Jahres 724 nach Deutschland zurück. Karl Martell war mit den Vorhaben des neuen Bischofs einverstanden, denn die Festigung der fränkischen Herrschaft in den neueroberten Gebieten konnte sich neben der militärischen Stärke nur auf die Religion stützen. Durch die Unterstützung der Missionare aber vermied Karl Martell, das diese gegen ihn auftraten. So wurden Bonifatius und seine Mitarbeiter von nun ab durch Karl Martells Beamte und Vasallen mit allem zum Leben Notwendigen versorgt. Zu dieser Zeit wütete in Konstantinopel, zu dessen Herrschaftsbereich Rom und ein großer Teil Italiens gehörte, die Häresie des Ikonoklasmus. Dies führte im damals noch rechtgläubigen Italien zu Aufständen gegen die byzantinische Herrschaft, was wiederum die arianischen Langobarden im Norden Italiens zur Ausweitung ihres Einflusses auszunutzen suchten. Um das Jahr 740 wandte sich der Bischof von Rom deshalb das erste Mal in der Geschichte um Unterstützung an die Germanen in Gestalt von Karl Martell, der 732 die Araber geschlagen hatte. Im Frankenreich, wo die Herrschaft der Merowinger zu Ende ging und die Hausmeier die faktische Herrschergewalt innehatten, war man dazu übergegangen, Verdienste des Adels durch den Verleih von Bistümern zu vergelten, welche nun nicht mehr die seelsorgerisch Fähigsten bekamen, sondern diejenigen, die gerade belohnt werden mussten. So kam es, dass die Bistümer sehr häufig von Bischöfen geleitet wurden, welche die Jagd und das Kriegshandwerk pflegten oder auch in Vielweiberei lebten.

Die Donar-Eiche von Geismar

Von Karl Martells Hof begab sich Bonifatius wieder nach Hessen, wo die Neugetauften zu seiner Freude hatten den Glauben bewahrt hatten, so dass er sie nun mit dem Hl. Myron salben konnte. Dannach begab er sich in die Grenzgebiete zu Sachsen, wo das Heidentum noch stark und der Widerstand gegen das Christentum größer war. Der Hl. Willibald berichtet, das man dort teils heimlich, teils offen Wahrsagerei, Zauberei und sonstigen Aberglauben betrieb. Die mächtigsten Bäume waren dem Gott Donar geweiht und dienten als Orte seiner Verehrung. Die Heiden prahlten, dass über die Eiche von Geismar bei Fritzlar auch der Christengott keine Macht habe, und dass Thor selbst jeden, der es wage, Hand an sie zu legen, mit dem Hammer zerschmettern würde. Um ein Zeichen für die Irrigkeit dieses Glaubens zu setzen, begab sich Bonifatius, nachdem er davon gehört hatte, nach Geismar. Eine große Menge hatte sich zur festgelegten Stunde an der Eiche versammelt – einige wenige mit einem Gebet auf den Lippen, der Plan möge gelingen, eine vielfach gewaltigere Anzahl von Heiden aber, die den Bischof kräftig verwünschten und nur darauf warteten, dass ihn die Rache Donars ereile. Aber kaum hatte Bonifatius den Stamm der Eiche nur ein wenig angehauen, da wurde die gewaltige Masse der Eiche durch höheres göttliches Walten zu Fall gebracht und stürzte mit gebrochener Krone zur Erde. Wie durch die Kraft eines höheren Willens zerbarst sie sofort in vier Teile, und ohne dass die umstehenden Brüder etwas dazu beigetragen hätten, boten sich den Augen vier ungeheuere Spaltstücke von gleicher Länge dar. Als dies die vorher fluchenden Heiden sahen, wurden sie wie umgewandelt, verwarfen selbst ihre früheren Lästerungen, priesen Gott und glaubten an Ihn. Darauf erbaute der hochheilige Bischof, nachdem er sich mit den Brüdern beraten hatte, aus dem Holz dieses Baumes eine Kapelle und weihte sie zu Ehren des Hl. Apostels Petrus.

Missionstätigkeit in Thüringen

Im Jahre 724 war die Mission in Hessen so weit fortgeschritten, das Bonifatius die weitere Arbeit seinen Schülern überließ und nach Thüringen weiterzog. Zu diesem Zeitpunkt versuchte sich Bischof Gerold von Mainz der geistlichen Autorität des neubekehrten Landes zu bemächtigen. Nachdem Bonifatius Papst Gregor davon unterrichtet hatte, wurde Bischof Gerold von diesem zurückgerufen, und Hessen blieb in Bonifatius’ Amtsgewalt. Mir einem neuen Empfehlungsschreiben von Gregor II. setzte Bonifatius seine Arbeit in Thüringen fort, wo das Christentum zwar bereits heimisch geworden, aber durch die Unachtsamkeit der Geistlichen völlig verwahrlost war.

Klosterbau zu Oredruf

Mit der Unterstützung wohlhabender Grundherren, bei denen er mit der Neubelebung des Glaubens begann, errichtete Bonifatius in Thüringen mehrere Kirchen und ein Kloster in Oredruf, in dem nicht nur missioniert, sondern auch Ackerbau, Viehzucht und Gartenwirtschaft gelehrt wurden. Der Überlieferung nach hatte Bonifatius vor der Gründung des Klosters an diesem Ort eine Erscheinung des Hl. Erzengels Michael. Am folgenden Tag, als der für das Essen zuständige Begleiter nach der göttlichen Liturgie dem Bischof nichts vorzusetzen hatte, sagte Bonifatius: "Der, Welcher das Volk Israel vierzig Jahre in der Wüste wunderbar ernährte, sollte seinem unwürdigen Knecht nicht für einen einzigen Tag Speise verschaffen können?" Und gleich darauf kam ein großer Vogel vom nahen Fluß herbeigeflogen und brachte einen großen Fisch, den er vor dem Bischof fallen ließ. Daraufhin schenkte der Grundherr dieses Gebietes, ein Thüringer namens Hugo, das für die Gründung eines Klosters nötige Gelände. Bonifatius kam so oft es ging zur Erholung in dieses Kloster.

Widerstände bei den Germanen

Um in allen geistlichen Fragen und Angelegenheiten wie zum Beispiel in Fragen zu den kanonischen Regeln für die Sakramente der Taufe und der Eheschließung in größtmöglicher Übereinstimmung mit der römischen Kirche zu bleiben, wandte sich Bonifatius mit Hilfe seines Begleiters Denewald immer wieder an den Bischof von Rom, welcher Bonifatius als treuen Sachverwalter lobte und in seiner Arbeit ermunterte. Bezüglich des kirchlichen Brauches der Eheschließung traf Bonifatius bei den germanischen Völkern auf hartnäckiges Unverständnis, da diese von je her gewohnt waren, dass Ehen auch unter Verwandten zweiten Grades geschlossen werden durften. In den Briefen des bereits über sechzigjährigen Bonifatius an seine Freunde in England erfährt man etwas von der Enttäuschung, die er zu dieser Zeit erfahren musste. Mehrfach schreibt er, dass das Schifflein seines Geistes durch mancherlei Sturmfluten seitens der germanischen Völker leckgeschlagen sei, und dass er müde geworden sei über den Stürmen des germanischen Meeres, die ihn von allen Seiten trafen. Dabei gab er die Schuld für die vielen ihn treffenden Drangsale niemand anderem als seinen eigenen Sünden oder seiner persönlichen Unzulänglichkeit.

Zwist mit Karl Martell

Im Jahre 731 wandte sich Bonifatius an den neuen Papst Gregor III. und bat ihn um Unterstützung seiner Vorhaben. Der neue Bischof von Rom versicherte Bonifatius seiner Unterstützung und erhob ihn in den Rang eines Erzbischofs, was ihn dazu autorisierte, selber Bischöfe zu weihen. Dies verstärkte allerdings das Misstrauen der fränkischen Bischöfe gegen Bonifatius, welche ihn als Fremden betrachteten und eine rückhaltlose Unterstellung unter die Führung der römischen Kirche, wie Bonifatius sie propagierte, schlicht als unzumutbar empfanden. Seit der Taufe ihres Hl. Königs Chlodwig hatten sich die christlichen Franken nicht nur ihrer militärischen, sondern auch ihrer sittlichen Überlegenheit gegenüber den Römern gerühmt, welche die Christen einst verfolgt hatten, während die Franken Christus wunderschöne Kirchen errichteten. Durch den Einfluss der fränkischen Bischöfe kühlte nun auch das Verhältnis zwischen Bonifatius und Karl Martell merklich ab, was gerade jetzt sehr schädlich war, da Bonifatius seine Missionserfolge mit einer Reform der Organisation der Kirche festigen musste, wenn diese nicht wieder verlohren gegen sollten. Karl Martell befand sich zu dieser Zeit gerade im Kampf mit den Arabern und durfte seine militärische Gefolgschaft, welche die beherrschende Schicht des fränkischen Adels ausmachte, einschließlich des verweltlichten Episkopats, nicht gegen sich aufbringen. Diese aber fühlten sich durch die Reformvorhaben von Bonifatius um ihre Gewalt über die von der Kirche entliehenen Pfründe bedroht. Deßhalb blieb die Arbeit von Bonifatius ohne Unterstützung seitens der weltlichen Macht und musste aufgeschoben werden.

Verdienstvolle Mitarbeiter

So wandte sich Bonifatius nun der Gründung und Ausgestaltung neuer Klostergründungen zu und setzte mit Hilfe von Mitarbeitern, die er aus England kommen ließ, seine apostolische Arbeit in Hessen, Thüringen und Sachsen fort, wobei er nun auch Frauenklöster gründete. Seine bekanntesten Mitarbeiter waren; der Abt Wigbert vom Kloster in Fritzlar; die Äbtissin Lioba von Tauberbischofsheim, die durch ihre geistliche Persönlichkeit bei allen gemanischen Völkern bekannt war und sich die Freundschaft mit Königin Hildegard, einer Gattin König Karls, erwarb; die Äbtissin Thekla von Bad Kitzingen; sein Nachfolger auf dem Bischofssitz zu Mainz, Lull oder Lullus; sowie die Geschwister Wunibald, Willibals, Walburga, Witta und Burkhart. Neben neuen Mitarbeitern erbat sich Bonifatius auch immer wieder Bücher aus seiner Heimat und bat um Abschriften, um sie in seinen Predigten zu verwenden. Die von Bonifatius hinterlassenen Bücher waren der Grundstock für die Bibliothek von Fulda, die bis zu ihrer Zerstörung im Dreißigjährigen Krieg eine geistige Schatzkammer des heidnischen und christlichen Altertums darstellte. Erzbischof Cuthbert von Canterbury nannte Bonifatius gleich nach dessen Tod einen "Großen Erforscher der himmlischen Bibliotek".

Missionstätigkeit in Bayern

In den Jahren 733 bis 735 hielt sich Bonifatius auf Einladung Herzog Hukberts in Bayern auf, wo er die kirchliche Neuorganisation des Landes vorbereitete, welche wenige Jahre später durchgeführt wurde. Während dieser Zeit schloss sich ihm ein junger adeliger Bajuware namens Sturmin an, welchen er im Kloster Fritzlar ausbilden ließ. Die Einrichtung von Diözesen in Deutschland, die er mit würdigen Bischöfen besetzte, wodurch er der Willkür und dem Zufall bei der Ausbreitung des Christentums in Germanien Einhalt gebot, konnte er zunächst nur vorbereiten.

In Rom

Im Jahre 737 befand sich Bonifatius wieder in Rom. Der Überlieferung nach wollte er auf Grund seines fortgeschrittenen Alters, seiner abnehmenden Kräfte und des sich mehrenden Widerstandes gegen seine Arbeit seinen Rücktritt anbieten. Papst Gregor III. untersagte ihm strikt solche Gedanken und stattete ihn statt dessen mit größeren Vollmachten aus, die Bonifatius’ Stellung über den anderen Bischöfen noch untersteichen sollte. Er wurde zum päpstlichen Legaten ernannt, wodurch er überall als besonderer Bevollmächtigter des Bischofs von Rom behandelt werden musste. Außerdem durfte er bereits jetzt seinen Nachfolger selbst bestellen, was allerdings unter dem folgenden römischen Bischof wieder rückgängig gemacht wurde. Mit einer Anzahl neuer Mitarbeiter, welche er sich während seines fast einjährigen Romaufenthaltes dank seiner Popularität dazuerworben hatte, kehrte Bonifatius im Mai des Jahre 737 zu seinem Aufgabenfeld nördlich der Alpen zurück.

Missionstätigkeit in Sachsen

Zunächst bemühte er sich um die Bekehrung der Sachsen, welche durch einen neuen Feldzug Karl Martells zurückgedrängt worden waren. Da aber die Siege Karl Martells über die Sachsen die eigentlichen Kernländer Sachsens unberührt gelassen hatten, blieb die Mission trotz einer großen Zahl von Neugetauften undurchführbar, so dass Bonifatius sich auch später nicht mehr darum bemühte. Stattdessen begab er sich wieder nach Bayern zu Herzog Odilo, der mit Hilfe der Ordnung der Kirchenorganisation und der daran sich anschließenden Erschließung des Landes durch neugegründete Klöster die Entwicklung seines Landes vorantreiben wollte.

Zurück in den Stammländern

Bonifatius grenzte in Bayern die vier Bistümer Salzburg, Regensburg, Freising und Passau genau von einander ab und besetzte sie mit Bischöfen seiner Wahl. Im Jahre 741 stiftete er die Kloster Niederalteich bei Passau, Benediktbeuren, und Mondsee im heutigen Östereich, so dass insgesamt 29 Klöster im bayerisch-österreichischen Raum auf seine Initiative zurückgehen. Durch das Beispiel der Mönche lernte auch die ansässige Bevölkerung allmählich, sich selbst durch regelmäßige eigene Arbeit ihr Brot zu verdienen. Im Sommer 741 kehrte Bonifatius in seine Stammländer zurück und gründete die Bistümer Erfurt für Thüringen, Buraburg für Hessen, welches später nach Paderborn verlegt wurde, und Eichstätt für den sogenannten Nordgau. Im Jahre 746 ließ er durch seinen Schüler Sturminus auf einem ihm von Karlmann geschenkten Waldgrundstück die Abtei Fulda gründen, welche er direkt dem Bischof von Rom unterstellte. Sturminus, der in Monte Cassino die Klosterregeln der Benediktiner kennengelernt hatte, wurde der erste Abt von Fulda.

Bündnis mit Pippin und Karlmann

Als im Jahre 741 der Hausmeier Karl Martell starb und sein Reich kampflos an seine beiden Söhne Pippin und Karlmann weitergeben konnte, änderten sich die Verhältnisse zu Bonifatius’ Gunsten. Um ihre staatsrechtliche Position abzusichern, mussten sich die neuen Hausmeier enger an die Kirche als der einzigen Autorität neben der weltlichen Herrschaft, anschließen, da ihre Gegner - die das Königtum anstrebenden anderen Hausmeier - nun dieselben waren wie die, welche die dringend notwendigen kirchlichen Reformen von Bonifatius behinderten, nämlich die Nutznießer der verpfändeten Kirchengüter. So fanden sich Pippin, Karlmann und Bonifatius in ihren Zielsetzungen vereint. Dennoch gelang deren Durchsetzung nur schleppend.

Papst Zacharias

Im Jahre 741/742 erhielt Bonifatius von Karlmann die Unterstützung für den kanonischen Ausbau der Missionskirche und wurde beauftragt, eine Synode einzuberufen, um die austrasische Landeskirche neu zu ordnen. Bonifatius hatte sich hierfür die Rückendeckung durch den neuen römischen Bischof Zacharias, den letzten Griechen auf dem römischen Bischofsstuhl, erbeten, indem er ihm einen Bericht über den Zustand der fränkischen Landeskirche durch den Priester Denehard überbringen ließ. Darin schrieb er, dass die fränkische Kirche bereits seit über 80 Jahren keine Synode abgehalten habe, und dass ein großer Teil der Bischofssitze Laien überlassen worden sei, die nach Besitz trachteten, oder unwürdigen Geistlichen, welche der Unzucht und dem Wucher oder der Trunkenheit frönten, streitsüchtig seien und sich der Jagd und des Kriegshändels erfreuten und mit eigenen Händen Menschenblut vergossen hätten. Bischof Zacharias versicherte Bonifatius seiner Unterstützung, erlaubte ihm aber nur, einen Helfer und keinen Nachfolger zu bestellen, und befahl, dass Bonifatius bis zu seinem Lebensende auf seinem Posten auszuharren habe.

Das fränkische Konzil

743 wurde das fränkische Konzil an einem unbekannten Ort eröffnet. Diejenigen, die von der Notwendigkeit einer Reform überzeugt waren, erschienen zum Konzil, während diejenigen, welche den Verlust ihrer bisherigen Machtstellungen befürchteten, fern blieben. So wurden die Beschlüsse des Konzils, welches den Namen „Concilium Germanicum“ erhielt, mit großer Einmütigkeit getroffen. Neben den Bischöfen waren auch weltliche Größen am Konzil beteiligt, die sogenannten Optimaten, welche die Durchsetzung der Beschlüsse, an denen sie auch selbst mitgearbeitet hatten, garantierten. An erster Stelle stand die Rückführung der durch Karl Martell enteigneten Kirchengüter in die Hände der Kirche, an zweiter die Amtsenthebung unehrenhaft lebender Priester und Bischöfe. Außerdem wurden die Benediktinerregeln für alle austrasischen Klöster verbindlich gemacht, und es wurde beschlossen, jährlich ein Konzil einzuberufen. Die Konzilsbeschlüsse wurden von Karlmann, dem "Dux et princeps Francorum", als sogenannte "Kapitulare" verkündet und erlangten so staatliche Gesetzeskraft. Bonifatius besetzte nun die von ihm gegründeten neuen Bistümer mit Bischöfen seiner Wahl, in der Mehrzahl seine Landsleute, und erhielt auch materielle Unterstützung durch Karlmann. Daneben bemühte er sich weiter um neue Klostergründungen, vor allem um ein Kloster im Mittelpunkt seiner ersten Missionsländer, das spätere Kloster Fulda, die aber wegen des Widerstandes der anliegenden Grundherren nicht sogleich durchgeführt werden konnten. 744 fanden unter seinem Einfluss als päpstlichem Legaten nicht nur in Austrasien seinem ursprünglichen Wirkungsbereich, sondern auch im Herrschaftsgebiet Pippins in Neustrien, dem heutigen Frankreich, weitere Synoden statt. Auf diesen Synoden wurden die Beschlüsse der vorjährigen Synode bestätigt, ihre Durchsetzung, besonders die Rückführung von Kirchengütern, allerdings auf friedlichere Zeiten verschoben. Im Jahre 744 erfolgte auch die Gründung des Klosters Fulda, welches Bonifatius als Musterkloster anlegte und direkt dem Bischof von Rom unterstellte, welcher dies auch annahm.

Das Kloster Fulda

Nach langem Suchen war der Schüler von Bonifatius, Sturmin, an eine Stelle gelangt, welche mitten zwischen den vier Völkern lag, welchen Bonifatius die frohe Botschaft verkündet hatte, und von seiner natürlichen Beschaffenheit für die Gründung eines Klosters geeignet war; dort, wo das Tal der Fulda sich zu einer Ebene öffnete und von einer ausgedehnten Hügelkette umgeben war. Bonifatius bat auf den begeisterten Bericht Sturmins hin Karlmann um seine Unterstützung beim Erwerb dieses Ortes und bat ihn, ihm diesen, der auf königlichem Gebiet lag, zu schenken. Karlmann stimmte dem Wunsch Bonifatius zu und schenkte ihm urkundlich allen Besitz um den Ort Eichenloh an der Fulda im Umkreis von vier Meilen, um dort ein Kloster zu gründen. Am 12. März des Jahres 744 erfolgte die Gründung des Klosters durch Sturmin in Begleitung von sieben Mönchen. Bonifatius selbst beobachtete den Fortgang der Errichtung des Klosters vom nahen Bischofsberg, dem heutigen Frauenberg aus, wo er sich eine Zelle für geistliche Lesungen und Gebete hatte errichten lassen.

Ernennung zum Erzbischof von Mainz

Im Jahre 745 wurde vor einem gemeinsamen Feldzug der beiden Hausmeier Pippin und Karlmann gegen Aquitanien ein gesammtfränkisches Konzil abgehalten. Dabei wurde der Anführer der Gegner von Bonifatius, der Mainzer Bischof Gewilib, der bei einem Feldzug Karl Martells gegen die Sachsen den Soldatentod seines Vaters mit eigener Hand gerächt hatte, einstimmig abgesetzt. Außerdem wurde Bonifatius das Erzbistum Köln versprochen, das er allerdings wegen des Einflusses der Opposition nicht antreten konnte. Schließlich blieb Köln Bistum und wurde mit dem fränkischen Bischof Agilolf, einem Anhänger der Reform, besetzt. Im Jahr 746, als Karlmann sich in ein Kloster zurückgezogen hatte, wurde keine Synode einberufen. Im Jahre 751 wurde Bonifatius von Papst Zacharias und dem neuen fränkischen König Pippin, welcher sich von Bonifatius hatte krönen lassen, das Erzbistum Mainz übertragen, das von nun an als Metropolitensitz galt und welchem die Bistümer Köln, Togern, Utrecht, Augsburg, Chur, Konstanz, Straßburg, Speier und Worms untergeordnet waren und welches damit kirchlicher Mittelpunkt der Mission Gemaniens wurde. Zunächst hatte Bonifatius daran gedacht, darauf zu verzichten, da ihm bereits früher vom Papst das viel ältere Köln zugesprochen worden war. Aber im Jahre 748 bestätigte der Papst die Verfügung Pippins auf der Synode von 745, und Bonifatius musste sich der Verfügung beugen.

Primas von ganz Deutschland

Bonifatius war nun „Primas von ganz Deutschland“. Durch die Festigung der Christianisierung Deutschlands mit der Hilfe vieler durch Tugend und Bildung ausgezeichneter Männer und Frauen vollbrachte Bonifatius ein Werk, welches vor und nach ihm kein anderer Bischof in Deutschland getan hat. Bonifatius rottete Tausende von Abgöttern aus und bekehrte Heiden und Halbheiden, die an einem Gemisch von Christentum und Heidentum hingen, zum wahren Glauben und bemühte sich, mit Hilfe der von ihm gegründeten Klöster die rauhen Sitten der verschiedenen germanischen Völker zu besänftigen. Auf von Bonifatius angeregten Synoden in Austrasien bemühte er sich um die Erneuerung des geistlichen Standes im untadeligen christlichen Lebenswandel, die Überführung der Verwaltung von Kirchengütern aus den Händen von Laien an die Kirche und die Hebung des Ansehens der römischen Kirche, welche von den Franken als ehemaligen Siegern über die Römer verachtet wurde. Diese Reformen gingen nur langsam voran, was Bonifatius viel Kummer bereitete. Als er sich mit Erfolg für die Bischöfe von Reims, Rouen und Sens beim Bischof von Rom um Pallien (Metropolitengewänder) bemüht hatte, schlugen diese die Annahme derselben aus, und der Papst machte dafur Bonifatius verantwortlich. 

Zurück in Friesland

So sehr Bonifatius im Alter von manchen seiner Amtsbrüder bekämpft wurde, so wenig minderte dies seinen Eifer bei der Verbreitung des Gotteswortes unter den Heiden. Mit etwa 75 Jahren trat er den Bischofssitz an seinen Nachfolger Lullus ab und reiste, nachdem er von Papst Stefan die Erlaubnis dazu erhalten hatte, noch einmal in jugendlicher Begeisterung für die Rettung der Seelen zum einstigen Ausgangspunkt seiner Mission in Germanien, nach Friesland, wo das Missionswerk seit Willibrords Tod ins Stocken geraten war. Seinen Gehilfen Eoban setzte er als neuen Bischof von Utrecht ein, wo er auch den Winter 753/754 verbrachte. Der Friese Luidger, der spätere Bischof von Münster, erzählte noch lange begeistert von seiner Begegnung mit Bonifatius im Kloster zu Utrecht und auch, dass sein Haar silberweiß und sein Leib abgezehrt und vom Alter gebeugt gewesen sei.

Als der Frühling gekommen war, brachen Bonifatius und seine Begleiter erneut nach Norden auf, um in den äußersten Randgebieten Frieslands zu predigen und zu taufen. Er wandelte heidnische Opferstätten in christliche Kirchen um und bekehrte eine große Anzahl von Männern, Frauen und Kindern. Im Gehöft Dockinga (heute Stadt Dockum) am Flüsschen Bordau erwartete er wenige Tage nach Pfingsten, am 5. Juni des Jahres 755, die Ankunft von Neugetauften, um ihnen die Myronsalbung zu spenden.

Martyrium durch heidnische Hand

Die Predigt des Hl. Bonifatius war von den nordischen Völkern mit Argwohn aufgenommen worden, und sie planten, ihn zu ermorden und so der Christianisierung des Landes ein Ende zu machen. Die Nacht zum 5. Juni hatte der greise Erzbischof in Gebet und Betrachtung verbracht, um sich auf die bevorstehende Myronsalbung vorzubereiten. Da erklang plötzlich statt der zu erwartenen Hymnen und Loblieder wildes Geschrei, und statt der Neugetauften sah er eine Rotte blutgieriger Feinde nahen, welche aus dem heidnischen Teil Frieslands kamen und - teils aus Haß gegen das Christentum, teils aus Hoffnung, reiche Beute zu machen - auf den Lagerplatz der Missionare eindrangen. Bonifatius untersagte seinen Begleitern jeden Widerstand und ermunterte sie, dem Martyrium nicht zu entfliehen. Dann wurde er zusammen mit seinen 52 Begleitern von den Ungläubigen mit dem Schwert erschlagen. Leidensgefährten des Hl. Bonifatius waren u.a. Bischof Coban, die Priester Wintrun, Walter und Adalariua, die Diakone Hamundus, Scirbaldus und Sosa, die Mönche Waccarus, Gundecarus, Elleherus und Hathevulfus, sein Diener Hiltebrandus, ein Bruder des Diakon Hamunt und 40 Laien.

Nach der Niedermetzelung drang die Rotte in die Zelte und nahm alles, was sie an Kleidungsstücken, Büchern, Reliquien und sonstigen Sachen vorfand, mit sich fort. Dann gingen die Räuber auf die Schiffe, in welchen die Nahrungsmittel aufbewahrt wurden, plünderten auch diese und berauschten sich an dem vorgefundenen Wein. In den mit Büchern bepackten Kisten aber glaubten sie reiche Schätze zu finden, und nun entspann sich über die Verteilung der Beute ein Streit, in dessen Folge die von Mord und Wein Erhitzten mit den noch vom Blut der Friedensboten dampfenden Waffen aufeinander losgingen und ein großer Teil der Rotte getötet wurde. Nachdem sich die Überlebenden über die Verteilung der Beute geeinigt hatten, aber in den Kisten, in denen sie noch immer materielle Reichtümer glaubten, nur Bücher entdeckten, gerieten sie vor Wut außer sich und warfen die Bücher teils achtlos zu Boden, teils suchten sie dieselben im Schilf, in den Sümpfen und in den Gräben zu verbergen. In der Folge wurde einiges davon wiedergefunden, unter anderem drei Bücher, die noch heute in Fulda in der Landesbibliotek aufbewahrt werden. Der erste Band ist eine Abschrift des Evangeliums, welches Bonifatius eigenhändig abgeschrieben haben soll, der zweite Band eine Evangelienharmonie, das älteste Manuskript und in ganz kleinem Folio gebunden; der dritte Band ist mit dem Blut des Hl. Bonifatius besprengt und enthält Abhandlungen verschiedener hll. Väter, welche dem Hl. Bonifatius wahrscheinlich als Kathechismus gedient haben. Eine Augenzeugin erzählte später, Bonifatius habe zum Schutz gegen den Schwertstreich ein Buch auf sein Haupt gelegt, welches sein Mörder durchgehauen habe.

Als die erwarteten Neugetauften endlich ankamen und Bonifatius mit gespaltenem Haupt und seine Begleiter um ihn herum in ihrem Blute liegen sahen, erhoben sie ein großes Wehgeschrei über diese Greueltat. Die Nachricht von der Ermordung des Bonifatius und seiner Begleiter ging wie ein Blitz durch Deutschland. Nach weniger als drei Tagen hatte sich eine zahlreiche Kriegsschar versammelt, welche eine Strafexpedition in die heidnischen Gebiete Frieslands durchführte. Ein Teil derjenigen, welche den christlichen Glauben nicht annehmen wollten, floh daraufhin in entferntere Gebiete, der andere Teil wurde in Gebiete mit christlicher Bevölkerung umgesiedelt, so dass Friesland von diesem Zeitpunkt an christlich war. Die Mörder des Hl. Bonifatius aber sollen zum christlichen Glauben bekehrt worden sein.

Überführung und Bestattung

Sein Leib wurde mit dem Schiff über die Zuidersee nach Utrecht gebracht. Es wird überliefert, das die Utrechter, die den Leib des Heiligen gerne bei sich behalten hätten, diesen trotz aller Kraftanstrengung nicht von der Stelle bewegen konnten. Bischof Lullus von Mainz überführte mit einer Gesandtschaft den Leib des Hl. Bonifatius nach Mainz, wo er am 4. Juli ankam. Auch die Mainzer erhoben Anspruch auf die Reliquien des Hl. Erzbischofs, der ja ihr örtlicher geistlicher Hirte gewesen war, und erst nachdem der Hl. Bonifatius einem Diakon namens Otpert erschienen war und den sich daran anschließenden ermahnenden Worten von Bischof Lullus wurde der Leib des Hl. Bonifatius weiter über den Main stromaufwärts über Hochheim und Kolbach bei Frankfurt bis nach Fulda überführt, wo er am 9. Juli nach fünf Tagen ankam und gemäß dem letzten Willen des Heiligen von Bischof Lullus in der Klosterkirche beisetzt wurde. So wie in Dokkum am Ort seines Martyriums sogleich eine Kirche errichtet wurde, so erinnern Kapellen und Steinkreuze an die Raststätten des Leichenzugs des Hl. Bonifatius. In Mainz wurde an seiner ehemaligen Kathedralkirche zu Ehren des Hl. Apostels Johannes die St.-Bonifatius-Kapelle angebaut, in welcher Bischof Lullus das mit Wasser vermischte Blut des Heiligen, mit dem der Leichnam gewaschen worden war, vergrub. Von einem der Erinnerungskreuze erhielt das im 17. Jahundert aufgegebene Dorf Crutzen bei Kolbach seinen Namen. Den Acker, auf dem das Kreuz und später eine Kirche errichtet wurden, hatte bald nach dem Tod des Heiligen ein gewisser Walprath von Nidda dem Kloster Fulda geschenkt. In der Schenkungsurkunde wir erwähnt, dass es jener Acker war, auf dem als Zeichen desen, dass hier der Leichnam eine Nacht geruht hatte, eine Quelle entsprang. Diese wurde später in Stein eingefasst und trägt heute den Namen Bonifatiusbrunnen. Ebensolche Bonifatiusquellen werden zu Windecken und bei Ilbeshausen im Vögelsberg genannt, mit der Bezeichnung Münchsborn. Die letzte Rast vor Fulda war die heutige Wallfahrtskapelle Kleinheiligkreuz. Zunächst wurde Bonifatius in einem Felsengrab beigesetzt, später dann mehrere Male umgebettet. Heute ruhen die Reste seiner Reliquien in der Krypta, wo sie im Spätmittelalter erneut beigesetzt wurden. Das Grab des Heiligen wurde zu allen Zeiten von Gott durch Gebetserhörungen verherrlicht.