Bonifatius von Fulda: Unterschied zwischen den Versionen

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Auch bei Bonifatius’ späteren Bemühungen, zuerst als Missionsbischof, später als Erzbischof und päpstlicher Legat, die von ihm gestärkte Kirche in den rechtsrheinischen Gebieten zu organisieren, blieb der fränkische Episkopat feindselig. Der Grund lag in der Problematik der fränkischen Kirche.  
Auch bei Bonifatius’ späteren Bemühungen, zuerst als Missionsbischof, später als Erzbischof und päpstlicher Legat, die von ihm gestärkte Kirche in den rechtsrheinischen Gebieten zu organisieren, blieb der fränkische Episkopat feindselig. Der Grund lag in der Problematik der fränkischen Kirche.  


Diese Kirche war seit dem 6. Jahrhundert, also seit durch die Taufe des Frankenherrschers Chlodwig (um 500) das Christentum zur Regierungssache und die Kirche zum Machtfaktor wurde, durch zwei sehr verschiedene Tendenzen bestimmt: es gab Klöster und stark monastisch geprägte Bischöfe auf der einen Seite. Auf der anderen Seite regierten die Frankenherrscher die Kirche autokratisch und setzten sie für ihre Herrschaftsinteressen ein. Damit erlangten diejenigen Bischöfe größeren Einfluß auf die Kirchenpolitik, die ihre Stellung ihrer Herkunft aus dem örtlichen Adel verdankten und eng mit dem Hof zusammenarbeiteten. Diese Bischöfe lebten nicht geistlich, sondern hielten am heidnischen Ethos der Germanen fest.  
Diese Kirche war seit dem 6. Jahrhundert, also seit durch die Taufe des Frankenherrschers Chlodwig (um 500) das Christentum zur Regierungssache und die Kirche zum Machtfaktor wurde, durch zwei sehr verschiedene Tendenzen bestimmt: es gab Klöster und stark monastisch geprägte Bischöfe auf der einen Seite. Auf der anderen Seite regierten die Frankenherrscher die Kirche autokratisch und setzten sie für ihre Herrschaftsinteressen ein. Damit erlangten diejenigen Bischöfe größeren Einfluss auf die Kirchenpolitik, die ihre Stellung ihrer Herkunft aus dem örtlichen Adel verdankten und eng mit dem Hof zusammenarbeiteten. Diese Bischöfe lebten nicht geistlich, sondern hielten am heidnischen Ethos der Germanen fest.  


Bonifatius Reform konzentrierte sich zuerst auf die neu-eroberten Gebiete des Frankenreichs
Bonifatius Reform konzentrierte sich zuerst auf die neu-eroberten Gebiete des Frankenreichs
rechts des Rheins,wo noch keine festen Kirchstrukturen bestanden. Als er sie aber auch auf die fränkische Kirche links des Rheins ausdehnte, bis ins heutige Frankreich hinüber, wo die geistliche Macht in festen Händen lag, fand er keine Gegenliebe.
rechts des Rheins,wo noch keine festen Kirchenstrukturen bestanden. Als er sie aber auch auf die fränkische Kirche links des Rheins ausdehnte, bis ins heutige Frankreich hinüber, wo die geistliche Macht in festen Händen lag, fand er keine Gegenliebe.


Wenn er sich also nach Rom wandte (auf insgesamt drei Reisen: 719, 722, 737/8), so geschah dies, um Rückhalt zu gewinnen gegen die Widerstände des fränkischen Episkopats.
Wenn er sich also nach Rom wandte (auf insgesamt drei Reisen: 719, 722, 737/8), so geschah dies, um Rückhalt zu gewinnen gegen die Widerstände des fränkischen Episkopats.
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Diesen Gehorsam und diese Hingabe an den Ruf Christi hielt Bonifatius sein ganzes Leben lang unter den allergrößten Schwierigkeiten und Prüfungen durch. Weder Misserfolge noch Widerstände konnten ihn von seinem Weg abschrecken.
Diesen Gehorsam und diese Hingabe an den Ruf Christi hielt Bonifatius sein ganzes Leben lang unter den allergrößten Schwierigkeiten und Prüfungen durch. Weder Misserfolge noch Widerstände konnten ihn von seinem Weg abschrecken.


Auch als bedeutendster Kirchenpolitiker seiner Zeit blieb er im Herzen, und wo er konnte auch in der Praxis, Mönch. Zumindest ab 743, als sein kirchenpolitischer Einfluß schon sehr abgeschwächt war, widmete er viel Zeit und Kraft dem Aufbau seines größten und Musterklosters unter seinem Schüler Sturmius im heutigen Fulda. Anders als in den zahlreichen Missionsklöstern, die durch ihre Aufgabe auf starken Außenkontakt angewiesen waren, wollte er hier das Mönchtum in seiner reinen benediktinischen Form pflegen. Hier verbrachte er darum jedes Jahr längere Zeit in einer Zelle, in der Stille des Gebets auf einem Berg, der darum lange Bischofsberg hieß.
Auch als bedeutendster Kirchenpolitiker seiner Zeit blieb er im Herzen, und wo er konnte auch in der Praxis, Mönch. Zumindest ab 743, als sein kirchenpolitischer Einfluss schon sehr abgeschwächt war, widmete er viel Zeit und Kraft dem Aufbau seines größten und Musterklosters unter seinem Schüler Sturmius im heutigen Fulda. Anders als in den zahlreichen Missionsklöstern, die durch ihre Aufgabe auf starken Außenkontakt angewiesen waren, wollte er hier das Mönchtum in seiner reinen benediktinischen Form pflegen. Hier verbrachte er darum jedes Jahr längere Zeit in einer Zelle, in der Stille des Gebets auf einem Berg, der darum lange Bischofsberg hieß.


Bonifatius hat zwischen seinem 40. und 70. Lebensjahr eine ungeheure Leistung vollbracht. Unermüdliche Reisen (3 nach Rom), Korrespondenzen, ununterbrochene Mühen beim Predigen auf Dörfern und in Hofsiedlungen, bei Verhandlungen mit Fürsten oder Streitereien mit widerspenstigen Klerikern. Dazu die Sorgen und Enttäuschungen. Bei alledem ist dieses Festhalten an der Askese und am Bemühen um die Stille bewundernswert.  
Bonifatius hat zwischen seinem 40. und 70. Lebensjahr eine ungeheure Leistung vollbracht. Unermüdliche Reisen (3 nach Rom), Korrespondenzen, ununterbrochene Mühen beim Predigen auf Dörfern und in Hofsiedlungen, bei Verhandlungen mit Fürsten oder Streitereien mit widerspenstigen Klerikern. Dazu die Sorgen und Enttäuschungen. Bei alledem ist dieses Festhalten an der Askese und am Bemühen um die Stille bewundernswert.  
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Kleinere Reliquien des Heiligen kann man in Mainz verehren, und zwar im Dom, und auch im Domschatz und Dommuseum.
Kleinere Reliquien des Heiligen kann man in Mainz verehren, und zwar im Dom, und auch im Domschatz und Dommuseum.


Dasselbe gilt eigentlich für alle Bonifatiuskirchen der Umgebung, denn seine Reliquien sind vollständig vorhanden. Das ist ungewöhnlich, denn die meisten Reliquien hiesiger Heiliger wurden durch die protestantische Reformation oder die napoleonischen Truppen zerstört. Jede dem Heligen Bonifatius geweihte Kirche könnte damit ein Ort sein, an dem er gegenwärtig ist. Leider gilt dies aber nur, wenn die Priester und Gemeinden (wie in St. Pius in Fulda-Edelzell geschehen) ihren Sinn für Reliquien bewahrt haben und sich aus dem Vorrat in Fulda versorgen lassen.  
Dasselbe gilt eigentlich für alle Bonifatiuskirchen der Umgebung, denn seine Reliquien sind vollständig vorhanden. Das ist ungewöhnlich, denn die meisten Reliquien hiesiger Heiliger wurden durch die protestantische Reformation oder die napoleonischen Truppen zerstört. Jede dem heiligen Bonifatius geweihte Kirche könnte damit ein Ort sein, an dem er gegenwärtig ist. Leider gilt dies aber nur, wenn die Priester und Gemeinden (wie in St. Pius in Fulda-Edelzell geschehen) ihren Sinn für Reliquien bewahrt haben und sich aus dem Vorrat in Fulda versorgen lassen.  


Seine Gegenwart ist aber sicherlich am deutlichsten in Fulda, wo er seinem eigenen Wunsch gemäß im größten der von ihm gegründeten Klöster beigesetzt wurde.
Seine Gegenwart ist aber sicherlich am deutlichsten in Fulda, wo er seinem eigenen Wunsch gemäß im größten der von ihm gegründeten Klöster beigesetzt wurde.

Version vom 31. Januar 2010, 01:40 Uhr


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Vortrag: Pilgerfahrten in der Umgebung von Offenbach: Drei Heilige der angelsächsischen Mission Deutschlands

Winfried von Crediton – Bonifatius von Fulda (675 – 754) Gedenktag 5. Juni

Die entscheidende Rolle bei der Christianisierung Hessens, kommt Winfried-Bonifatius zu. Winfried wurde 672/3 in Crediton im Südwesten Englands geboren. Er erhielt eine klösterliche Erziehung, ab 718 missionierte er in Nord- und Westdeutschland. Er gründete 8 neue Bischofssitze; durch ihn und seine Schüler entstanden weit über hundert Klöster. Er starb auf seiner letzten Missionsreise am 5. Juni 754 in Friesland bei einem Raubüberfall.

Die Bedeutung von Bonifatius für die Christianisierung von Friesland, Thüringen, Bayern und Hessen, also sein Apostolat für die Kirche, und damit auch der Grund für seine Verehrung als Heiliger, ist nicht ganz leicht zu greifen. Man muß zunächst einigen Mehltau abtragen, der sich auf seine historische Wahrnehmung, und dann auch auf seine Beurteilung bei orthodoxen Christen gelegt hat. Ich werde diese Hindernisse also zunächst beseitigen, bevor ich im zweiten Teil zu seiner Bedeutung komme.

Hindernisse bei der Wertschätzung des Heiligen Bonifatius

In der hier in Deutschland verbreiteten Literatur heißt es gewöhnlich, der vierzigjährige Missionar Winfried habe aus seiner englischen Heimat ein Christentum mitgebracht, das auf eine deutliche Rom-Orientierung ausgerichtet war.

Bei orthodoxen Christen, die „Rom“ als heterodox kennen, weckt dies zunächst Besorgnisse.

Aber diese Besorgnisse verschwinden, wenn man ein wenig genauer auf die historische Situation und die Bedingungen der westlichen Bonifatius-Rezeption blickt. Drei Überlegungen sollen helfen, die Hindernisse, die orthodoxe Christen daran hindern könnten, Bonifatius richtig einzuschätzen, zu beseitigen.

Der Zustand der fränkischen Kirche

Bei seinen Missionsbemühungen in Friesland fand Winfried Heiden vor, die sich gegen fränkische Eroberer wehrten. Das Christentum wurde als Religion der Eroberer verstanden. Die fränkische Kirche (seit 550 um Utrecht) hatte die Friesen nicht mit den neuen Herrn als Trägern eines überlegenen Glaubens versöhnen können. Das lag (Krumwiede, Kirchengeschichte Niedersachsens) daran, daß die fränkischen Missionare mit dem Glauben immer auch die Machtinteressen ihrer Fürsten vertraten.

Die Angelsächsischen Missionare hatten von Anfang an bei den Friesen größeren Erfolg, weil sie durch persönliche Askese und mit Liebe missionierten.

Auch bei Bonifatius’ späteren Bemühungen, zuerst als Missionsbischof, später als Erzbischof und päpstlicher Legat, die von ihm gestärkte Kirche in den rechtsrheinischen Gebieten zu organisieren, blieb der fränkische Episkopat feindselig. Der Grund lag in der Problematik der fränkischen Kirche.

Diese Kirche war seit dem 6. Jahrhundert, also seit durch die Taufe des Frankenherrschers Chlodwig (um 500) das Christentum zur Regierungssache und die Kirche zum Machtfaktor wurde, durch zwei sehr verschiedene Tendenzen bestimmt: es gab Klöster und stark monastisch geprägte Bischöfe auf der einen Seite. Auf der anderen Seite regierten die Frankenherrscher die Kirche autokratisch und setzten sie für ihre Herrschaftsinteressen ein. Damit erlangten diejenigen Bischöfe größeren Einfluss auf die Kirchenpolitik, die ihre Stellung ihrer Herkunft aus dem örtlichen Adel verdankten und eng mit dem Hof zusammenarbeiteten. Diese Bischöfe lebten nicht geistlich, sondern hielten am heidnischen Ethos der Germanen fest.

Bonifatius Reform konzentrierte sich zuerst auf die neu-eroberten Gebiete des Frankenreichs rechts des Rheins,wo noch keine festen Kirchenstrukturen bestanden. Als er sie aber auch auf die fränkische Kirche links des Rheins ausdehnte, bis ins heutige Frankreich hinüber, wo die geistliche Macht in festen Händen lag, fand er keine Gegenliebe.

Wenn er sich also nach Rom wandte (auf insgesamt drei Reisen: 719, 722, 737/8), so geschah dies, um Rückhalt zu gewinnen gegen die Widerstände des fränkischen Episkopats.

Der Zustand Roms

Wie Vater Andrew Philipps in seiner schönen (inzwischen auch auf Deutsch übersetzten) Bonifatius-Biographie mit Recht hervorhebt, war Rom im 8. Jahrhundert ein Hort der Orthodoxie. Von den vier Päpsten, mit denen Bonifatius im Verlauf seiner langen Tätigkeit zusammenarbeitete, war Gregor III ein Syrer, und Zacharias ein Grieche. Die Verbindung zur Einheit der Kirche war lebendig.

Aber noch wichtiger: Konstantinopel selbst stand unter der kaiserlichen Herrschaft eines Ikonoklasten. Die römischen Patriarchen blieben rechtgläubig. Damals stimmte die päpstliche Lehre mit der Lehre der Kirche zusammen.

Der einzige Schwachpunkt allerdings war der schon damals vertretene universale päpstliche Primatsanspruch und Hierarchismus, der das Kirchenverständnis Roms verzerrte. Hier fand sich Bonifatius durch die Widrigkeit der Umstände in seinen Missionsländern zu einem übertriebenen Verständnis von Gehorsam verführt. Aber immerhin, - für Bonifatius war der Gehorsam gegenüber seinem Patriarchen des Westens ein Ausdruck seiner Rechtgläubigkeit und monastischen Demut.

Der Zustand der Bonifatius-Rezeption

In Deutschland wird Bonifatius von der vatikanischen Christenheit als ihr Haupt-Heiliger für sich beansprucht. Man nimmt von seinen Anliegen nur wahr, was mit späteren häretischen Entwicklungen in Rom zusammenstimmt. Hierzu gehört die Überbewertung des intellektuellen Zugangs zum Christentum: Lehre, Studium, Schulmäßigkeit der Mission.

Auch wird nicht genug unterschieden zwischen den Machtinteressen der Karolinger, die für die Ersetzung der Merowinger Roms Autorität brauchten, und Bonifatius’ Seelsorger-Interessen, die ohne Rom nicht durchgesetzt werden konnten.

Leider hat Bonifatius auch selbst den Zwangszölibat für Priester durchgesetzt (eine Häresie die bei der Synode von Ankyra 314, bestätigt durch das erste Konzil von Nicaea 325, verurteilt worden war). Aber er tat das wohl in einem etwas übertriebenen Gehorsam gegen seinen Patriarchen, der einem Mönch wohl verziehen werden mag. Und sowieso haben viele Heilige theologische Irrtümer vertreten, - daran soll seine Verehrung also nicht scheitern.

Die Bedeutung des Heiligen Bonifatius für orthodoxe Christen

Wenn man all diese Verzerrungen und Irrtümer abzieht, wird Bonifatius als ein von Gott selbst verherrlichter Heiliger sichtbar. Ich möchte nun zuerst von einigen Zeichen sprechen, die seine Heiligkeit bekräftigen. Erst danach soll seine Vorbildlichkeit für uns heutige Christen in den Blick treten.

Zeichen seiner Heiligkeit

Hierzu gehören seine Missionserfolge, seine Wunder, und sein Martyrium.

Missionserfolge

Bereits zu Lebzeiten wurde Bonifatius von der Kirche in England als Missionar und Apostel verehrt. Sein Wirken im östlichen Frankenreich war gesegnet. Dort hat er – wie in Friesland und Hessen - von Grund das Christentum eingepflanzt, oder – wie in Thüringen und Bayern – eine sehr dünne Christianisierung seiner Vorläufer gereinigt und gefestigt. All dies wurde schon früh als ein Zeichen seiner göttlichen Verherrlichung erkannt. Gleich nach seinem Tode wurde er dort neben Gregor I und Anselm von Canterbury zum dritten Patron des Landes erklärt (Philipps).

Wunder

Daneben spielen die Berichte über von ihm gewirkte Wunder, besonders nach seinem Tode, eine wichtige Rolle.

Viele ereigneten sich bei der Übertragung der Reliquien des Heiligen von Mainz nach Fulda. Diese Wunder wurden an den Orten des Geschehens selbst bestätigt: dort, wo eine heilige Quelle entsprungen ist, als die Bahre des Heiligen den Boden berührte, oder wo ein Heilungswunder stattgefunden hat, sind die Brunnen gefasst und Kapellen erbaut worden. Seit 754 ist an diesen Stellen die Bonifatius-Verehrung lebendig geblieben.

Man hat darum heute sogar den Weg dieser Reliquien nachzeichnen können und – ihm folgend – einen für heutige Pilger gehbaren Pilgerweg eingerichtet.

Martyrium

Wenn somit Bonifatius ein Geist-Träger war, wird auch das Ungewöhnliche seines Ablebens weniger problematisch. Es geht um sein Martyrium.

Sie haben bemerkt, dass die englische Ikone des Heiligen ihn in weiß kleidet, also nicht im Rot der Martyrer. Auf anderen Ikonen trägt er einen roten Mantel.

Was hat es mit diesem Martyrium auf sich?

Gegen Ende seines Lebens übergab Bonifatius sein Bischofs-Amt in Mainz seinem Schüler Lullus, um noch einmal bei den Heiden in Friesland zu missionieren. Dort überfielen friesische Räuber sein Lager, nicht, weil sie etwas gegen seine Botschaft hatten, sondern weil sie bei ihm Geld vermuteten. Bonifatius hat um seines Zeugnisses für Christus willen auf Gegenwehr verzichtet. Er hat auch seine Gefährten angewiesen, keine Gegenwehr zu leisten und sie zum Martyrium ermutigt. Ich habe bisher keine Belege dafür gefunden, dass die Reliquien dieser Gefährten gesammelt oder erhoben worden wären. Aber immerhin, diese Gefährten wurden in die Heiligenkalender aufgenommen. Als geistlicher Vater konnte er seinen Priestern und Mönchen den Segen zum freiwilligen Martyrium durchaus geben. Auch haben sich nach seinem Tod die Friesen in großen Scharen zu Christus bekehrt.

Dennoch wurde zwar Bonifatius nach seinem Ableben zumindest von den Mönchen seines Fuldaer Klosters ausschließlich als heiliger Mönch, nicht aber als Martyrer verehrt. Die kirchliche Anerkennung seines Martyriums kam erst später. Auch wir können ihn als Martyrer ehren.

Nimmt man dies alles zusammen, so können orthodoxe Christen den heiligen Bischof Bonifatius in der Tat als einen verehrungswürdigen Fürbitter bei Gott ansehen.

Seine Bedeutung als Vorbild

Was ist es nun genauer an seiner Vorbildlichkeit als Mönch, das Bonifatius für nicht-Mönche zu einem hilfreichen Begleiter macht? Ich möchte mich auf seine geistliche Orientierung, seine Unerschrockenheit und seine geistlichen Führungsqualitäten beschränken.

Die geistliche Orientierung

Bonifatius soll schon in frühen Kinderjahren seine Gedanken auf Gott gerichtet haben.

Als kleiner Junge erlebte er mit, wie Wandermönche zum Predigen auf den Hof seines Vaters kamen. Von ihren Worten bezaubert bedrängte er seinen Vater so lange mit dem Wunsch nach einem klösterlichen Leben, bis dieser nachgab.

Erwachsen geworden, widersetzte er (nach Father Andrews Quellen) sich dem Plan des Vaters, mit den im Kloster erworbenen Kenntnissen das väterliche Gut weiterzuführen.

Auch später hat er große Opfer gebracht, um dem Missionsbefehl Christi zu gehorchen. Er war ein weit bekannter geistlicher Vater für zahlreich zu ihm hinstrebende Schüler. Er war ein allseits gerühmter und gesuchter Ratgeber seiner Kirche und der politischen Herrscher. Alles gab er auf, um den stammesverwandten Friesen und Sachsen jenseits des Kanals Christus zu bringen. Auch als er nach seiner ersten (aus politischen Gründen erfolglosen) Friesenreise nach England zurückgekommen war, legte er die ihm übertragene Stellung eines Abtes in seinem Kloster ab, um erneut als Missionar zu wirken.

Diesen Gehorsam und diese Hingabe an den Ruf Christi hielt Bonifatius sein ganzes Leben lang unter den allergrößten Schwierigkeiten und Prüfungen durch. Weder Misserfolge noch Widerstände konnten ihn von seinem Weg abschrecken.

Auch als bedeutendster Kirchenpolitiker seiner Zeit blieb er im Herzen, und wo er konnte auch in der Praxis, Mönch. Zumindest ab 743, als sein kirchenpolitischer Einfluss schon sehr abgeschwächt war, widmete er viel Zeit und Kraft dem Aufbau seines größten und Musterklosters unter seinem Schüler Sturmius im heutigen Fulda. Anders als in den zahlreichen Missionsklöstern, die durch ihre Aufgabe auf starken Außenkontakt angewiesen waren, wollte er hier das Mönchtum in seiner reinen benediktinischen Form pflegen. Hier verbrachte er darum jedes Jahr längere Zeit in einer Zelle, in der Stille des Gebets auf einem Berg, der darum lange Bischofsberg hieß.

Bonifatius hat zwischen seinem 40. und 70. Lebensjahr eine ungeheure Leistung vollbracht. Unermüdliche Reisen (3 nach Rom), Korrespondenzen, ununterbrochene Mühen beim Predigen auf Dörfern und in Hofsiedlungen, bei Verhandlungen mit Fürsten oder Streitereien mit widerspenstigen Klerikern. Dazu die Sorgen und Enttäuschungen. Bei alledem ist dieses Festhalten an der Askese und am Bemühen um die Stille bewundernswert.

Seine Unerschrockenheit

Bonifatius lebte so sehr im Glauben, dass er für persönliche Gefahren keinen Sinn hatte. Dieser Mut lag natürlich schon seinem Entschluss zur Heidenmission zugrunde.

Bei seiner ersten Ankunft in Friesland fand er die vom Heiligen Willibrord erbauten Kirchen zerstört, seinen Vorläufer weit weg im fränkischen Exil. Unbekümmert setzte Bonifatius eine Audienz beim heidnischen Fürsten Radbod durch.

Ähnlich kühn begab er sich zu heidnischen Fürsten in Hessen, um sie durch seine Überzeugungskraft zu bekehren. Dann wagte er – und das wurde zum spektakulärsten Akt seiner Mission, das zentrale Heiligtum der örtlichen Bevölkerung, die Donar-Eiche in Geismar, zu zerstören.

Oft wird gesagt, dass Bonifatius hier nicht viel riskiert hätte, weil in der nahen Garnison auf dem Büraberg fränkische Truppen zur Hilfe bereit standen. Aber das finde ich schwer nachvollziehbar: Wären die Germanen vor Ort wütend geworden, hätten die fränkischen Krieger auch nur noch seine sterblichen Überreste einsammeln können.

Dieselbe Rücksichtslosigkeit zeigte er im Umgang mit den Mächtigen aller Art. In den bereits oberflächlich christianisierten Thüringen und Bayern drängte er kompromisslos Herrschern und Klerus seine geistliche Reform auf. Ebenso kompromisslos konfrontierte er den fränkischen Episkopat mit seiner Kritik an ihrer unkanonischen Lebensweise. Selbst als sein großer Förderer, der Franken-Hausmeier Karl Martell, seine Unterstützung für diesen im fränkischen Adel so unbeliebten Missionar zurückfuhr, wich Bonifatius kein Stück von seinen Forderungen ab. Sogar seinen Patriarchen Papst Zarachias tadelte er, weil dieser heidnische Gebräuche in Rom duldete und für Bischofsernennungen in Neustrien hohe Gebühren verlangte.

Bei all diesen Konfrontationen ging es ihm um die geistliche Ausrichtung der Kirche, und um die Integrität des christlichen Glaubens und der christlichen Lebensführung. Mit dieser Entschiedenheit stellt Bonifatius ein deutliches Gegenbild gegen die Versuchung dar, um jeden Preis nach Anerkennung und Beliebtheit zu streben. In unserer weit gehend kulturell reduzierten christlichen Umgebung hier in Deutschland ist diese Versuchung, so scheint mir, für uns orthodoxe Christen besonders gefährlich: Im Bestreben nach Zugehörigkeit neigen wir dazu, uns anzupassen. Ich meine, wir könnten bei aller Höflichkeit und Freundlichkeit gegenüber denen, die sich wie wir Christen nennen, ein wenig deutlicher die Wahrheit des Evangeliums einfordern und uns gegen seine Verfälschungen wehren.

Seine geistlichen ‚Führungsqualitäten’

Schon als Priestermönch im englischen Kloster Nursling zog seine Lehrtätigkeit Scharen von Schülern aus anderen Klöstern im ganzen Land an. Er muss ein faszinierender Lehrer und geistlicher Mentor gewesen sein.

Dies wird besonders anschaulich an der Geschichte mit Gregor. Bonifatius hatte mit dem Heiligen Willibrord, ebenfalls einem Engländer, bei dessen Mission der Friesen mitgearbeitet. Als dieser ihn aber als seinen Suffraganbischof dauernd an sich binden wollte, reiste er weiter, um auch im Binnenland zu missionieren. Er machte Station im Kloster Pfalzl bei Trier. Dort las ein 14-jähriger Junge im Refektorium auf Lateinisch aus der Bibel vor, und dies so fehlerlos, dass Bonifatius erstaunte. Er fragte ihn hinterher, ob er auch in fränkischer Sprache erzählen könne, was er da gelesen hatte. Da stockte der Junge, und Bonifatius erklärte ihm den Inhalt und Sinn der vorgelesenen Schriftstellen, - zur Bewunderung aller Anwesenden. Der Junge, Gregor, war so begeistert, dass er bei seiner Großmutter, der Äbtissin Adela, durchsetzte, mit Bonifatius reisen zu dürfen. So wurde Gregor ein wichtiger Helfer für den Heiligen, der später als Abt das Bistum Utrecht verwaltete und schließlich selbst von Gott verherrlicht wurde.

Die Beredsamkeit und persönliche Überzeugungskraft des Bonifatius erlaubten es ihm, die ganz oder halb heidnischen örtlichen Herren und überregionalen Fürsten zu gewinnen. Nicht nur konnte er die Heiden von der höheren Wahrheit des Christentums überzeugen. Auch die örtlichen Herrscher in den bereits christianisierten Ländern (Thüringen und Bayern) gewann er für die – ja stets mit schmerzhaften Entscheidungen verbundene - Reform ihrer Kirchen.

Diese geistliche Ausstrahlung des Heiligen hat – neben seinem großartigen Organisationstalent –überdies dazu geführt, dass seine Mission durch Heerscharen von Mit-Missionaren aus England unterstützt wurde. Sein jahrelang aufrecht erhaltener Briefkontakt hatte große Hilfsbereitschaft in der Heimat geweckt. In den englischen Klöstern wurden all jene zahlreichen Handschriften angefertigt, mit denen Bonifatius seine Missionszentralen und Kirchen ausstattete. Und dann kamen die besten Mönche auch selbst auf seinen Ruf. Sie unterstellten sich bereitwillig seiner geistlichen und bischöflichen Leitung. Viele von ihnen wurden ihrerseits später heilig gesprochene Bischöfe und Äbte.

Auch bei seiner dritten Romreise zu Papst Gregor III schlossen sich ihm in Italien neben britannischen Pilgern große Mengen von Sachsen, Franken und Bayern an, die bereit waren, mit ihm zusammenzuarbeiten.

Die Früchte seiner Arbeit sind eindrucksvoll: Obwohl er im Frankenreich nur einer Provinzkirche vorstand, übertraf diese in geistlicher Hinsicht die fränkische Kirche weit. Allein Bayern entstanden durch ihn und seine Schüler fast 100 Klöster.

Es ist bemerkenswert, dass der Mann, der als Kirchenführer äußerst undiplomatisch und oftmals harsch Missstände bloßstellte und mit Kritik nicht sparte, wenn es um die Treue zum Evangelium ging, doch zugleich im persönlichen Umgang mit seinen Brüdern im Stande war, eine große Menge von Mitstreitern zu gewinnen. Seine Fähigkeit zur persönlichen Nähe und Freundschaft zeigte sich besonders in der Beziehung zu seiner Nichte Lioba. Bonifatius hatte, anders als die Missionare vor ihm, begriffen, dass eine dauerhafte Christianisierung nur mit Hilfe der Ehefrauen, Mütter, und Töchter gelingen kann. Darum forderte und förderte er auch die Ankunft besonders qualifizierter englischer Nonnen. Zu ihnen gehörten auch Verwandte, wie Lioba. In ihr fand er eine geistliche Tochter, die im Verlauf ihrer Tätigkeit immer mehr zur geistlichen Schwester wurde. Er fühlte sich ihr so nahe, dass er sie in seinem letzten Willen sogar neben sich in seinem eigenen Sarg bestattet haben wollte, damit sie gemeinsam auf die Auferstehung warten können.

Für uns: Bonifatius hat sein Leben lang nicht aufgehört, geistliche Freundschaften zu pflegen, immer im Gedanken daran, wie andere sie ermutigen und ermächtigen könnte, selbst zu Lehrern und Ermutigern für andere zu werden.

Fassen wir zusammen: Seine Liebe zur Askese, seine Unerschrockenheit in der Verteidigung der Wahrheit Christi, und dieser Sinn für die Gemeinschaft der orthodoxen Mitstreiter sind, so scheint mir, Züge, die nachzuahmen sich lohnt.

Reliquien

Gleich nebenan in Frankfurt gibt es in Kalbach eine Quelle, die nach Bonifatius benannt wurde, - wie es heißt als Erinnerung an die Station, die hier bei der Übertragung seiner Reliquien gemacht wurde. Diese Quelle soll entsprungen sein, wo sein Haupt den Boden Berührte. (Sie wurde inzwischen neu gefasst, Haltestelle U2, Riedwiese). Historiker bezweifeln das Quellwunder und meinen, der Leichenzug habe an dieser Stelle wegen der schon vorhandenen Quelle haltgemacht. Dem sei nun wie ihm wolle. Immerhin wurde gleich nach dem Weiterzug der Reliquien an dieser Quelle ein Holzkirchlein erbaut, was zeigt, wie Bonifatius von seinen Zeitgenossen als Heiliger verehrt wurde. Die Besitzerin des Ackers, eine Walpraht von Nitaha, schenkte diesen dem Kloster Fulda, das um 1000 das Holzkirchlein durch eine steinerne Heiligkreuzkirche ersetzte (ad crucem, die Krutzenkirche). Ein geistlicher Konvent bildete sich im „Kreuzerfeld“, der die ganze Umgebung bis zur Reformationszeit betreute. Wie immer es also mit dem Wunder der Quelle stehen mag, - das Wunder einer jahrhundertelangen geistlichen Blüte kann man Bonifatius sicher zurechnen.

Kleinere Reliquien des Heiligen kann man in Mainz verehren, und zwar im Dom, und auch im Domschatz und Dommuseum.

Dasselbe gilt eigentlich für alle Bonifatiuskirchen der Umgebung, denn seine Reliquien sind vollständig vorhanden. Das ist ungewöhnlich, denn die meisten Reliquien hiesiger Heiliger wurden durch die protestantische Reformation oder die napoleonischen Truppen zerstört. Jede dem heiligen Bonifatius geweihte Kirche könnte damit ein Ort sein, an dem er gegenwärtig ist. Leider gilt dies aber nur, wenn die Priester und Gemeinden (wie in St. Pius in Fulda-Edelzell geschehen) ihren Sinn für Reliquien bewahrt haben und sich aus dem Vorrat in Fulda versorgen lassen.

Seine Gegenwart ist aber sicherlich am deutlichsten in Fulda, wo er seinem eigenen Wunsch gemäß im größten der von ihm gegründeten Klöster beigesetzt wurde.

Quelle und Copyright

Bogoslov.ru, Cornelia Delkeskamp-Hayes