Gedenken

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Orthodoxes Glaubensbuch - Das Gedenken der Lebenden und Verstorbenen in den Gebeten zu Hause

Das Gebot Gottes, die Eltern zu ehren, ist nicht nur auf ihr Leben beschränkt, es gilt auch nach ihrem Tod. Jetzt brauchen wir uns nicht mehr um ihr materielles und körperliches Wohlergehen zu sorgen, dafür benötigen nun unsere Eltern das Gebet mehr als jemals zuvor. Das Gebet für die Verstorbenen ist sehr wichtig, nicht nur für die Eltern, sondern auch für alle anderen Verwandten und überhaupt für alle Vorfahren. Das von Gott für die Achtung der Eltern verheißene Wohlergehen und lange Leben wird auch jenen zuteil, die der Verstorbenen gedenken.

Für das Totengedenken wurden von der Kirche besondere Tage bestimmt, obwohl wir jeden Tag bei den Morgen- und Abendgebeten ihrer unter Nennung der Taufnamen gedenken und Gott bitten sollten, dass Er ihnen ein Leben in Ruhe in Seinem Reich schenke, wo es keine Krankheit, kein Leid und kein Seufzen gibt. Gewöhnlich geschieht dieses Gedächtnis am Ende der Morgengebete, darauf wird auch im Gebetbuch hingewiesen.

Am bedeutendsten ist jedoch das Gedächtnis der Verstorbenen bei der Liturgie (siehe “Die kirchliche Frömmigkeit”).

Außer dem Gedächtnis bei der Liturgie können wir auch einen besonderen Totengedächtnisgottesdienst (panichida) an bestimmten Tagen bestellen, z. B. am Todestag unserer Verwandten und Bekannten. Diese Andachten werden gewöhnlich nach der Liturgie gefeiert. Für die Verstorbenen werden Kerzen auf den Panichidentisch (kanun) gestellt. “Kanoun” ist ein griechisches Wort und bedeutet Korb. In solchen Körben wurden früher Brot und andere Lebensmittel für die gemeinsame Tafel gebracht. Diejenigen, die diese Gaben aßen, gedachten der Verstorbenen, zu deren Gedächtnis man diese Lebensmittel mitgebracht hatte. In Russland gibt es bis heute den Brauch, Kekse, Konfekt, Brot, Eier u.a. zum Totengedächtnis zu bringen. Hier werden ebenfalls Kerzen aufgestellt. Dazu dient ein Kerzenständer, der vor einem großen Kreuz steht und sich in Größe und Form oft von anderen Kerzenständern unterscheidet – er ist größer und nicht rund, sondern quadratisch. Neben dem kirchlichen Gedächtnis gibt es auch ein persönliches Gedenken. Ältere Frauen, welche die orthodoxe Tradition gut kennen, bitten oft Bekannte und auch Unbekannte, in der Kirche für jemanden zu beten. Dabei nennen sie den Taufnamen des Verstorbenen und übergeben ein kleines Geschenk zum Essen, z. B. ein Konfekt, Keks o. ä. Wenn man es isst, wird man sich bestimmt an diese Bitte erinnern und das Gebet nicht vergessen.

Auch die Armen, die es fast vor jeder Kirche gibt sind, wenn sie eine milde Gabe erhalten, verpflichtet, für diejenigen zu beten, deren Namen wir ihnen nennen. Für Tote kann man auch gute Taten vollbringen – Kranke und alte Manschen besuchen, sie pflegen, Notleidenden helfen, milde Gaben geben, Barmherzigkeit üben oder karitative Tätigkeiten verrichten. Dabei sollte man Gott bitten, dass Er diese guten Taten unseren verstorbenen Nächsten und allen, derer wir gedenken, anrechnen möge.

Die Kirche hat einen besonderen Tag festgelegt, an dem die orthodoxen Gläubigen auf die Friedhöfe gehen sollen. Es ist dies der Dienstag der zweiten Woche nach Ostern, der auch “Radonica” heißt. An diesem Tag bringen wir die Freude der Lichten Auferstehung Christi zu unseren Verstorbenen und geben ihnen im Geiste den Osterkuss, eingedenk, dass auch wir früher oder später in jene andere Welt hinübergehen werden. Obwohl wir Lebenden die Größe der Auferstehung Christi von den Toten und die allgemeine Auferstehung noch nicht ganz fassen können, begreifen unsere verstorbenen Verwandten dieses Glaubensgeheimnis jedoch vollständig. Deshalb gibt es kein größeres Frohlocken bei ihnen als zu Ostern.

Selbstverständlich ist es schlecht, wenn ein Friedhofsgang nicht dem Gebet dient und manchmal sogar in ein gemeines Trinkgelage ausartet. Nicht das erwarten die Verstorbenen von uns.

Man sollte jedoch den Friedhof nicht nur am Tag des österlichen Totengedenkens besuchen. Es ist immer gut, zum Grab eines nahen Menschen zu gehen und an diesem Ort für die Ruhe seiner Seele zu beten. Hier ist das Gebet, wie viele Gläubige bemerken, irgendwie anders, nicht so wie zu Hause. Hier scheint es auch leichter zu sein, für die Verstorbenen zu beten. Das Entscheidende ist, dass nicht nur sie das Totengedächtnis brauchen, sondern auch wir. Für uns ist es ein Anlass, bereitwilliger auch an unser eigenes Ende zu denken, und nicht umsonst sagt man: “Denke an den Tod und du wirst in Ewigkeit nicht sündigen.” Wir sollen den bevorstehenden Tod stets vor Augen haben, um ein frommes Leben zu führen.


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