Leidenschaft

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Leidenschaft (griech. πάθος; russ. страсть) ist ein naturwidriger Trieb (Regung) der menschlichen Seele, die sich von etwas Anderes statt Gott mitreißen lässt.

In der Übersetzung aus dem kirchenslawischen bedeutet dieses Wort „Leiden“. Diese Bedeutung verwenden wir auch für die Stationen des Kreuzweges Jesu (auch Passion Christi genannt). Im Kirchenslawischen/Russischen wird also für die Passion Christi und die menschliche Leidenschaft dasselbe Wort benutzt. Im seiner zweiten Bedeutung bedeutet es aber die sündigen Triebe und Gewohnheiten des Menschen, die ihn zur Verletzung der Gebote Gottes verleiten – häufig sogar gegen seinen Willen und sein Bewusstsein – eine Sünde zu begehen.

«Leidenschaft ist des Tadels wert als eine naturwidrige Regung der Seele“, lehrt der Hl. Maximus der Bekenner. Nach den Worten des Hl. Clemens von Alexandrien ist Leidenschaft ein Verbrechen gegen die Natur. Der Hl. Isaak der Syrer nennt die Leidenschaft ein „Gebrechen der Seele“, und der Hl. Jesaja der Einsiedler nennt sie einen krankhaften Zustand der seelischen Kräfte. Der Hl. Johannes von Damaskus nennt Leidenschaft eine Energie gegen die Natur.

Die Naturwidrigkeit der Leidenschaft besteht darin, dass der Mensch in ihr auf die für seine Natur natürliche Einigung mit dem Schöpfer verzichtet, DER dem Menschen die höchste spirituelle Seligkeit gibt. Anstatt der Wonne der Gemeinschaft mit dem ewigem Gott sucht der Mensch die Wonne in seinem vorübergehenden irdischen Dasein, unter der verweslichen und vergänglichen Welt. Solche Wonnen können Geld (Habsucht) oder übermäßiges Essen (Völlerei) sein, gesetzwidrige geschlechtliche Berauschung (Unzucht), Erniedrigung anderer Menschen, Behauptung der eigenen Überlegenheit über sie (Zorn, Stolz, Eitelkeit), übermäßiger Verdruss anlässlich des Mangels oder des Entnehmens der materiellen Güter oder der Nicht-Verwirklichung leidenschaftlicher Wünsche (Schwermut, Trauer).

Indem die christlichen Asketen den acht Hauptleidenschaften (Stolz, Eitelkeit, Habsucht, Zorn, Unzucht, Völlerei, Schwermut und Trauer) abschwören, verdeutlichen sie, dass die Leidenschaften tatsächlich seelische Zustände und nicht Bedürfnisse des Körpers sind. Obwohl sie körperlichen (Völlerei, Unzucht) und seelische Leidenschaften unterscheiden, sehen sie die Ursache jeder Leidenschaft nicht im Leben des Körpers, sondern in der Entfernung der menschlichen Seele von Gott.

Grundlage der Leidenschaften ist die Selbstliebe, die der Liebe zu Gott und zu den Nächsten entgegensteht. Im Grunde genommen entstammen alle Leidenschaften der verzerrten und übermäßigen Liebe zu sich selbst. Die Hauptleidenschaften, die auch am gefährlichsten sind, sind Stolz und Eitelkeit. Diese Leidenschaften haben einen Teil der Engel in gefallene Geister verwandelt; deshalb verwandeln deren Verführungen die Menschen in Feinde Gottes; sie öffnen den Weg für alle anderen Leidenschaften in den Verstand und das Herz. Durch die Leidenschaften wirken die gefallenen Geister auf das Verhalten der Menschen ein, indem sie sich bemühen, sie zu Sklaven ihrer sündigen Gewohnheiten zu machen. Dadurch, dass der Mensch sich den sündigen Leidenschaften unterordnet, verähnlicht er sich den gefallenen Geistern und macht sich zum Feind Gottes.

Der Entstehung einer Leidenschaft geht die Verführung des Menschen durch den Gedanken voraus, der das sündige Bild beinhaltet. Wenn der Mensch während der Verführung beginnt, das sündige Bild zu genießen, dann ist das das erste Anzeichen für die Entstehung der Leidenschaft. Die Erpichtheit zur Leidenschaft, die sich in die Seele einnistet, wandelt sich in eine innere sündige Gewohnheit um, die zu den äußeren sündigen Taten führt.

Um eine Leidenschaft auszurotten, soll der Mensch Hilfe bei Gott suchen, DER dem Menschen die Kraft gibt, die Leidenschaft zu überwinden. Die Göttliche Hilfe kommt zu uns als Gnade des Heiligen Geistes, welche die spirituelle Wonne bringt und so die Wirkungen der Leidenschaften auslöscht. Um diese Gnade zu erhalten, muss der Mensch den durch Gebete verstärkten Kampf (Podwig) aufnehmen und den Widerstand gegen die sündigen Gedanken einüben. Als Antwort auf die Gebetsübungen und Kampfbemühungen kommt die Gnade auf den Menschen, die ihm die persönliche Erfahrung und Erkenntnis der Liebe Gottes beschert.

Siehe auch

Weblins