Johannes von Damaskus

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Ikone des Hl. Johannes von Damaskus

Gedächtnis: 4. Dezember

Der heilige Johannes von Damaskus lebte in der Zeit des Bilderstreits. Seine Heimatstadt war Damaskus in Syrien. Sein Vater besetzte einen hohen Posten beim Herrscher von Damaskus und erlangte großen Wohlstand. Zusammen mit seiner Frau zeichneten sie sich durch Frömmigkeit und Hingabe zum wahren Glauben aus.

Als Johann heranwuchs, wendete sein Vater viel Energie und Mittel auf, um ihm die bestmögliche Bildung zu verschaffen. Der Herr selbst half hierbei - ER schickte ihm den weisen und vielbekannten Mönchstarez mit dem Namen Kosmas.

Dieser Mönch kannte die griechische Philosophie, die Weisen Aristoteles und Platon, hatte Geografie und Astronomie erlernt und sich die Kunst der Musik angeeignet, war stark in Dialektik und kannte die christliche Theologie vollkommen. Mehrere Jahre studierte Johann beim Starzen Kosma. Schließlich hatte er alles erlernt und alle Wissenschaften mit solchem Erfolg studiert, dass der Starez Kosmas einmal zu Johanns Vater sagte: “Also, dein Wunsch hat sich erfüllt, dein Junge überholt mich bereits durch seine Gelehrtheit und braucht keinen Lehrer mehr. Ich bitte dich, mich jetzt in das Kloster zu entlassen, um vor meinem Tod die höchste geistliche Weisheit zur Errettung der Seele zu erlernen.“

Nach dem Weggang von Starez Kosmas vergingen ein Paar Jahre, dann starb der Vater von Johann.

Zu dieser Zeit begann in der Kaiserstadt die Verfolgung der heiligen Ikonen. Auf Befehl von Kaiser Leon dem Isaurier wurde jeder, der heilige Ikonen verehrte, der Folter unterzogen, ins Gefängnis geworfen oder mit Verbannung belegt. Die Ikonen selbst wurden, laut Verfügung, aus den Gotteshäusern getragen und vernichtet. Die kaiserlichen Soldaten gingen von Haus zu Haus, sammelten die heiligen Ikonen und verbrannten sie öffentlich. Klagerufe und Seufzer erhoben sich im gesamten Reich. Ja, und wie hätte man nicht weinen sollen, da die heiligen Antlitze des Erlösers und der Mutter Gottes, vor welchen man im Gebet zu stehen gewohnt war, gottesslästerlich und spöttisch dem Feuer übergeben wurden?!

Johann erfuhr bald von der Verfolgung der heiligen Ikonen. Mit feuriger Begeisterung kritisierte durch Predigten die ikonoklastische (ikonenfeindliche) Politik des Kaisers Leon Isaurus und schrieb einige Sendschreiben zu Ikonenverteidigung. Diese Sendschreiben stärkten und trösteten die frommen Menschen sehr, aber zur gleichen Zeit verstörten die Sektanten der Ikonenverwerfer und vor allem Kaiser Leon die Gemüter der Menschen. (Wir erinnern hier daran, dass Damaskus in den Händen des arabischen Kalifen, nicht des byzantinischen Kaisers war.)

Der Kaiser schäumte vor Wut über Johann und entschloss sich, ihn auf die gemeinste und ehrloseste Weise umzubringen. Er befahl einem sogenannten Kaligraphen, einem Kunstschreiber, die Handschrift von Johann zu kopieren und einen Brief aufzusetzen, als wäre er von dessen Hand, an ihn, Kaiser Leon, geschrieben. Dieser gefälschte Brief hatte folgenden Wortlaut: „Ich mache dir, dem Kaiser und großen christlichen Herrscher und Beschützer aller Christen bekannt, das unsere Stadt schwach bewacht wird. Wenn du, Kaiser, deine Krieger schickst, werden sie ohne Mühe Damaskus einnehmen. Ich werde dir jede Hilfe erweisen, denn ich habe hier alles im Blick.“

Einen weiteren Brief von ihm selbst, dem Kaiser, befahl Kaiser Leo dem arabischen Kalifen nach Damaskus zu übermitteln. In diesem Brief schrieb der Kaiser: „Ein gewisser Christ, der in deiner Stadt lebt, hetzt mich zum Krieg gegen dich auf und verspricht mir verräterisch seine Hilfe. Damit du an meinen Worten nicht zweifelst, schicke ich dir einen der Briefe dieses Christen. Mache ihn ausfindig und verfahre mit ihm nach deinem Gutdünken.“

Als dieser Brief dem Kalifen zugestellt wurde, erkannte er ohne Mühe die Handschrift von Johannes. Sogleich ließ er nach ihm schicken und zeigte ihm, ohne ein Wort zu sagen, den gefälschten Brief. Johann sagte: „Die Handschrift sieht aus wie meine, aber meine Hand hat diesen Brief nicht geschrieben. Man muss ein schurkischer Mensch sein, um sich zum Verrat an seinem Herrscher zu entschließen.“ Der Kalif glaubte Johannes nicht und befahl, ihm die rechte Hand abzuhauen.

Die abgehauene Hand wurde zur Abschreckung für jeden, der sich desselben Unterfanges erkühnen wollte, öffentlich auf dem Platz ausgehängt. Johannes, erschöpft von den Schmerzen, wurde in sein Haus geschickt. Am Abend, in der Hoffnung, dass sich der Zorn des Kalifen bereits beruhigt hatte, schickte Johannes einen Diener zu ihm, mit der Bitte um die abgehauene Hand. Als er sie bekommen hatte, ging er in sein Schlafzimmer, fiel auf die Knie vor der Ikone der Gottesmutter und begann heiß zu beten und für seine Heilung zu flehen. In der Nacht hatte er ein Gesicht – die Gottesmutter erschien, sah mit gütigem Blick auf ihn, und er vernahm Ihre Worte: „Schau, deine Hand ist geheilt! Gehe in Frieden und tue das, was du versprochen hast”. Er hatte nämlich versprochen, für den rechten Glauben geistig zu kämpfen. Als Johannes aus seinem Schlaf erwacht war, fühlte er keine Schmerzen mehr, und die Hand war wieder hergestellt. Grenzenlos war seine Freude. Zur Erinnerung an dieses Wunder goss er eine silberne Hand und legte sie unterhalb der rechten Hand Marias auf die Ikone. Diese silberne Hand haftete fest und war somit von der Ikone unabtrennbar, die deshalb die “Dreihändige” (gr. Tricheroussa) genannt wurde. Sein ganzes Haus erfüllte sich mit Jubelrufen. Alle sangen Gott Danklieder. Auch der Kalif erfuhr von dem Wunder mit Johannes‘ Hand, und es tat ihm Leid, dass er so entehrend und unbedacht mit ihm verfahren war; und so beschloss er, ihn zu entschädigen, und zu seinem ersten Berater zu machen. Aber in Johannes war ein anderer Gedanke gereift, nämlich die Welt mit ihren Eitelkeiten und Beunruhigungen aufzugeben und in ein Kloster zu gehen. Wie sehr ihn der Kalif auch zu überreden bemühte, Johannes blieb unbeugsam.

Sowie er vom Kalifen heimgekehrt war, rief er sogleich seine Verwandten zusammen und eröffnete ihnen seine Entscheidung. Seinen Reichtum überließ er ihnen und befahl, allen Sklaven die Freiheit zu geben und jedem so viel Geld zu geben, dass er ein neues Leben beginnen könne.

In einfachste Kleider gehüllt, im Beutel lediglich ein Paar trockene Brotfladen und in der Hand einen Wanderstab, trat Johannes am frühen Morgen als Pilger aus seinem Haus und schickte sich an, nach Jerusalem zu gehen. Nachdem er sich dort vor den Heiligen Stätten verneigt hatte, zog er sich jenseits des Jordans in die Wüste zurück, wo Mönche in der Lavra des hl. Sabbas ein bußfertiges Leben führten. Der Hegumen erkannte Johannes sofort und freute sich, dass ein solcher Mensch demütig um Aufnahme in die Reihe der Bruderschaft bat.

Aber wer konnte sich erkühnen, der Starez und Führer des hochberühmten Johannes zu sein? Alle lehnten ab. Schließlich aber fand sich doch ein schlichter, aber weiser Starez, der bereit war, Johannes in den Dienst zu sich zu nehmen. Das erste Gebot des Starzen war, nichts nach eigenem Willen zu tun, Gott anhaltende Gebete darzubringen und unablässig über die eigenen Sünden zu weinen. Lange Zeit lebte Johannes bei dem Starzen. Sorgsam beachtete er alle seine Anweisungen und hörte ihm ohne Murren und Widerspruch zu. Und der Starez freute sich, mit welcher Schnelligkeit Johannes alles durchschritt, bis zur größten und erhabensten Vollkommenheit.

Einmal wünschte der Starez den Gehorsam und die Demut von Johannes zu prüfen, sammelte alle Körbe, die sie gemeinsam geflochten hatten und schickte ihn zum Verkauf der Körbe nach Damaskus. „Pass nur auf“, sagte der Starez noch, „gib sie für keinen geringeren Preis her, als ich bestimmt habe.“ Er hatte den Preis viel höher angesetzt als den Wert. Und Johannes ging, ohne ein Wort darüber zu verlieren, dass erstens der Preis viel zu hoch sei, zweitens der Weg weit und drittens man die ware auch für einen geringeren Preis in Jerusalem verkaufen könnte, und dass es ihm endlich peinlich sei, mit Körben auf dem Buckel in die Stadt zu gehen, wo ihn alle von seinem früheren wohlhabenden Leben her kannten. Er sagte lediglich: “Segne, Vater!“, nahm die Körbe und ging los.

In Bettlerkleidung lief er über die Plätze und Straßen von Damaskus, seine Körbe feilbietend; aber niemand kaufte, sobald er den Preis erfuhr. Man lachte sogar über ihn, und einige sagten: “Bist Du recht bei Verstand, einen solchen Preis zu verlangen?“ Freilich konnte niemand ahnen, dass dieser sonnenverbrannte, verstaubte und dürre Mönch beinahe der Berater des Kalifen geworden wäre. Nur ein einziger Mensch, der früher Diener bei Johannes gewesen war, betrachtete ihn genauer und erriet, wer er war. Schmerzlich fühlte sein Herz Mitleid beim Anblick seines früheren Herrn im Bettleraufzug. Als wüsste er von nichts, trat er zu Johannes heran und kaufte ihm alle Körbe ab, zu dem Preis, den Johannes forderte. Voll Freude kehrte Johannes in das Kloster zurück und fühlte, dass er einen Sieg über seine Eigenliebe errungen hatte.

Aber wie nach dem schönen und warmen Sommer der feuchte Herbst kommt und danach der strenge Winter, so weichen oft Lachen und Freude den Tränen; und wie dem Erfolg nicht selten Missgeschicke folgen, so musste Johann, nach dem gut ausgeführten Auftrag in Damaskus, schwere Heimsuchungen erleiden. Unter den Mönchen jener Lavra, wo Johannes sich betätigte waren zwei Blutsbrüder, die sehr aneinander hingen. Einer von ihnen starb nun. Der Zurückgebliebene aber weinte bitterlich über den Entschlafenen. Johannes tröstete ihn, aber dessen Gram war so groß, dass die Worte von Johann machtlos gegen seinen Kummer waren. Da bat der betrübte Mönch den Johannes, ein Begräbnislied zu schreiben, welches seine Seele trösten sollte. Johannes erinnerte sich an die Anweisung seines Starzen, nichts von sich aus zu tun und lehnte ab; aber der Mönch flehte ihn mit solcher Beharrlichkeit an und bat ihn unter so bitteren Tränen, dass er sich nicht enthalten konnte. Der Gram über den entschlafenen Bruder war so stark, dass er sich auf Johannes übertrug, und er schrieb ein wundervolles Lied, das bis heute in der Kirche bei Beerdigungen gesungen wird:

Welches Glück in diesem Leben
Bleibt von irdischer Betrübnis unberührt?
Wessen Erwartung ist nicht vergebens?
Und wo überhaupt gibt es einen Glücklichen unter den Menschen?
Alles ist Wahn, alles trügerisch,
Was wir mit Mühe erwarben.
Und welchen irdischen Ruhm gibt es,
Der fest bestände, unerschütterlich?
Nein, alles das ist Asche, Spuk, Schatten und Rauch
Alles entschwindet wie aufgewirbelter Staub.
Ungerüstet stehen wir da, ganz kraftlos, angesichts des Todes.
Der Arm des Mächtigen erweist sich als lahm,
Der königliche Befehl als nichtig -
Nimm, oh Herr, die Seele deines entschlafenen Knechtes
Auf in die seligen Wohnungen!

Der Starez war zu dieser Zeit nicht in seiner Zelle gewesen. Als er aber nach Hause kam, hörte er die Stimme von Johannes, und als er eintrat, begann er ihn streng zurechtzuweisen: “Wie denn? Schon so bald hast du dein Gelübte vergessen?! Anstatt Weinen höre ich deine Lieder...“ Johannes versuchte, seinem Abba den Grund für das Lied zu erklären, und zeigte ihm das von ihm geschriebene Troparion; schließlich fiel er vor ihm auf die Knie und bat um Verzeihung. Aber der Abba wollte nichts mehr hören und jagte Johannes fort. Einen ganzen Tag verbrachte Johannes vor der Zelle das Abbas, weinend und klagend und um Verzeihung bittend. Der Starez aber war unerbittlich. Andere Starzen, die Johannes, wegen seiner Bescheidenheit und seiner Demut gern hatten, baten den Starzen ebenfalls für ihn und sprachen folgendes: “Lege dem Sünder eine Buße auf, aber entziehe ihm nicht deinen Umgang; jage ihn nicht von dir fort.“ Der Starez antwortete darauf:“Wenn Johannes Verzeihung erlangen möchte, dann soll er mit seinen eigenen Händen allen Unrat aus der Lavra fortschaffen.”

Als Johann diese Worte hörte, verbitterte er nicht, sondern ging mit Freude an die aufgetragene Aufgabe. O, wunderbare Demut des wahrhaftigen Novizen! Als der Abba von der Größe der Demut von Johannes erfuhr, wurde er in seiner Seele gerührt, eilte zu Johannes hinaus, umarmte ihn, küsste die Hände, welche eben noch den Unrat berührt hatten, und rief vor Freude aus: “O, welch einen Novizen hat mir Christus geschenkt!”.

Nach kurzer Zeit erschien dem Starzen in einem nächtlichen Traumgesicht die Allreine Himmelskönigin selbst und befahl ihm, Johann zu erlauben, Hymnen und Lobgesänge für den Herrgott zu verfassen. Von da an flossen tief durchgeistigte Lieder aus der Feder des Johannes. Als die beste Hymne gilt der Osterkanon:

"Auferstehungstag; lasst uns Licht werden, Menschen; Pascha, des Herrn Pascha: Vom Tode zum Leben und von der Erde zum Himmel führte uns Christus, das Siegeslied singend."

Die geistliche Atmosphäre, welche die Gläubigen während der Osternacht in Jerusalem in der Auferstehungskirche erfahren, wird aus diesem Kanon heraus spürbar. Der Hl. Johann war oft Zeuge dieser Atmosphäre gewesen, wenn er aus seinem Kloster in die Heilige Stadt kam. Einmal drückte er sie dann in den wunderbaren Versen aus, welche wir in der lichtdurchfluteten Osternacht genießen.

Der hl. Johannes von Damaskus lebte 104 Jahre und ging dann heim zum Herrn, in die andere Welt, wo weder Weinen, noch Seufzen, sondern Freude und ewiges Leben sind.


Quellen

Gebete

Troparion (8. Ton)

Den Lieddichter, den ehrwürdigen Johannes, der Kirche Lehrer und Lichtstern und der Feinde Widersacher wollen wir Gläubigen besingen; denn als Waffe erhebend das Kreuz des Herrn, wehrte er alle Verlockung der Irrlehrer ab, und als gütiger Fürsprecher bei Gott, gewährt er allen Vergebung der Sünden.